Читать книгу Erhoffte Hoffnungslosigkeit - Philipp Felsch, Frank Witzel - Страница 13

16.12.2018

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Noch einmal: Ich kann nur deshalb allein um Glauben beten und nicht um Wissen, weil die Prämisse des Betens dem Wissen bereits widerspricht. Wissen baut auf Erfahrung, auf geistige Durchdringung, auf Ordnung und Systematik auf, auf der Arbeit am Begriff, kurz, auf einer Herrschaft der Sprache. Genau diesen Bereich verlasse ich im Vorgang des Betens, durch den ich das Andere des Wissens, Gott, mithilfe scheinbar sinnloser, sprachlicher Äußerungen erschaffe. Gerade weil das Beten in früheren Zeiten vielleicht einmal eine List des Verstandes war, ihn heute aber nur noch demütigt, weshalb er sich nach außen hin längst säkularisiert hat, obwohl er schon immer nur einen Gott kannte, nämlich sich selbst in seiner sprachlichen Darstellung, sollte ich das Gebet wieder nutzen, wie man überhaupt alles nutzen sollte, was das Ich demütigt und verunsichert.

Es wird gemeinhin als Erfolg angesehen, wenn »die Wissenschaft« (der Singular, mit dem sie sich oft selbst schmückt, weist sie bereits als unwissenschaftliche Scharlatanerie aus) mit einem Mal »objektiv feststellt«, dass Rituale, Meditation, Beten, etc. etwas »bewirken«, sei es eine Veränderung der Hirntätigkeit oder des Metabolismus o. ä., eben das, was man bislang so messen kann. Wird daran nicht deutlich, dass »die Wissenschaft« wie ein Moloch ist, der alles verschlingen, alles vereinnahmen will, weil er kein Außerhalb seiner selbst zulassen, nichts »Anderes« anerkennen, keinen Gott neben sich dulden kann, weil allein die Existenz des Anderen die Wissenschaften narzisstisch und bis ins Mark kränkt? Ist es dabei nicht ungemein naiv und hochgradig peinlich, dass die Wissenschaften jetzt erst feststellen, dass etwas »wirkt«, was außerhalb von ihnen bereits seit vielen Jahrhunderten bekannt ist? Schon daran kann man erkennen, dass der Wissenschaftsdiskurs ein Machtdiskurs ist. Erst wenn die Wissenschaft es auch begriffen und mit ihrem Gütesiegel versehen hat, ist es »gültig«.

Letztlich ist die Wissenschaft natürlich auch ideologisiert, sind ihre »Erkenntnisse«, spätestens, wenn sie als solche präsentiert werden, Kampfbegriffe. Das Haus ihres Seins ist die Sprachkaserne.

Erhoffte Hoffnungslosigkeit

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