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PUNK

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Sie kannten sich erst seit zwei Tagen, und von einem Hund hatte sie ihm nichts erzählt. Wie zwei desertierte Tanks waren sie durch die Nächte gekurvt und auf frisierte Sportwagen umgestiegen, bevor sie verbrannten.

Auf einem Friedhof hatten sie einen alten Mann ausgenommen, der nicht mehr ganz da war. In einer schicken Bar warfen sie die Spende aus dem Fenster. Man betrachtete sie als durchgedrehte reiche Kinder. Sie diskutierten mit dem Kellner die Frage, ob die Clash jetzt Verräter waren, weil sie Erfolg hatten. Dann diskutierten sie, ob sie selbst Verräter waren, weil sie in dem Restaurant waren.

»Ich besuche dich heute nacht«, sagte sie zu ihm, als sie Richtung Morgengrauen liefen, »aber du musst wissen, dass ich in den letzten zwölf Monaten mit achtzig Männern im Bett war.« Er kannte keinen von ihnen, verstand aber die Gefühle jedes Einzelnen.

Die Vögel fingen zu piepen an. Sie war siebzehn, dann betrat sie den Schulhof, berührte mit der Hand das A im Kreis an der Wand, mit der anderen die, wie er sich vorstellte, feuchte Stelle zwischen den Beinen. Sie entfernten sich rückwärts gehend voneinander und winkten sich zu.

Und jetzt stand sie endlich in seinem Zimmer. Mit einem Hund auf dem Arm! Der Hund passte nicht zu ihr. Er war weiß und so groß wie eine Handtasche, die auch nicht zu ihr gepasst hätte. Sie steckte ihren großen, kräftigen Körper nur in schwarze Sachen, und die Stiefel und die Lederbänder mit den scharfen Nieten um Hals und Handgelenke verstärkten einen gewissen militanten Eindruck. Der jedoch durch ihre außergewöhnlich großen Brüste zu einem Comic abgemildert wurde.

Sie war immer laut. Sie haute bei jeder Ankunft erstmal auf den Tisch und machte eine dicke Lippe. Sie konnte was damit anfangen, dass es endlich wieder eine Gruppierung gab, in der Männer und Frauen die gleichen Zeichen benutzten. Einen Hund hatte aber niemand. Die Hunde kamen erst viel später dazu, als die anderen Zeichen schwach geworden waren.

»Mein Baby«, sagte sie.

»Gott, wie süß«, sagte er.

Zum ersten Mal waren sie allein in einem Zimmer, und auch der Hund verfolgte aufgeregt irgendwelche Spuren.

Als Tochter eines Arztehepaars fand sie seine alten verkrüppelten Möbel irgendwie nett. Als Sohn eines Arbeiters mit Hausfrau sah er sie nur noch als Ärztetochter mit Hündchen, die meinte, die Köpfe der Clash sollten von einer Guillotine abgeschlagen und für das Tier ausgekocht werden. Ganz unerwartet wollte sie jetzt plötzlich eine Platte mit sanfter Musik hören. Und das Licht musste ausgeschaltet werden. Und die Nietenbänder wurden abgeschnallt und knallten auf den Boden. Er war enttäuscht, dass sie in der Dunkelheit untertauchte. Und dass sie flüsterte, und nur so sanft wie im Halbschlaf war. Und sich dann kaum bewegte. Sie wimmerte leise – und das Hündchen winselte.

»Bleib auf deinem Platz«, sagte sie beruhigend. »Er glaubt, du tust mir was, aber er tut dir nichts.«

Als sie sich den Höhepunkt endlich erarbeitet hatten, stöhnte sie laut. Und der kleine Vierbeiner bellte. Und dann kämpften sie darum, wer seinen Kopf zwischen ihre riesigen Brüste legen durfte.

Nur die Hunde werden gewinnen, dachte er, als er zur Geisterstunde schon wieder allein war.

Aus: Letzte Stories. Blumenbar, Berlin 2010

The Boy Named Sue

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