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a) Das besondere Feststellungsinteresse

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Für ein berechtigtes Interesses i.S.d. § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO genügt – ebenso wie im Rahmen der allgemeinen Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO (s.o. Rn. 121 f.) – jedes schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art[1]. Zur Konkretisierung sind in der Rechtsprechung vier Fallgruppen entwickelt worden: die Wiederholungsgefahr, die Vorbereitung eines Amtshaftungs- oder Entschädigungsprozesses, das Rehabilitationsinteresse sowie ein gewichtiger Grundrechtseingriff. Diese Fallgruppen sind nicht abschließend[2], erfassen jedoch die in der Praxis bedeutsamsten Fälle.

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Besonders relevant ist die Wiederholungsgefahr. Allerdings genügt hier keine abstrakte Wiederholungsgefahr, da eine solche praktisch immer vorläge und daher keine Eingrenzung bewirken würde. Erforderlich ist vielmehr eine konkrete Wiederholungsgefahr. Dazu müssen (in einer Anfechtungsklagesituation) konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass in absehbarer Zeit der Erlass einer ähnlichen Entscheidung bei im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen ergehen wird[3].

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Darüber hinaus kann ein berechtigtes Interesse auch bei der Vorbereitung eines Amtshaftungs- oder Entschädigungsprozesses liegen. Der tiefere Grund für diese oftmals auch als Präjudiz bezeichnete Fallgruppe liegt in der Prozessökonomie: Die dem Verwaltungsrecht typischerweise näherstehenden Verwaltungsgerichte sollen abschließend über die Rechtswidrigkeit befinden; und die mit dem nachfolgenden Amtshaftungsprozess befassten ordentlichen Gerichte sind sodann an die Feststellungen zur Rechtswidrigkeit gebunden[4]. Der Anwendungsbereich dieser Fallgruppe ist jedoch in zweierlei Hinsicht begrenzt: Zunächst darf der Amtshaftungsprozess nicht offensichtlich aussichtslos sein[5]. Damit wird jedoch – auch in der Klausur – regelmäßig keine vollständige Prüfung der Erfolgsaussichten erwartet. Vielmehr sollen diejenigen Konstellationen ausgeschlossen werden, in denen ein Anspruch unter keinem denkbaren Gesichtspunkt bestehen kann. Zudem greift das als Begründung für diese Fallgruppe eingangs herangezogene Argument der Prozessökonomie lediglich dann ein, wenn ein Prozess bereits bei den Verwaltungsgerichten anhängig ist und damit in den Fällen einer nachträglichen Erledigung. Tritt die Erledigung hingegen bereits vor Klageerhebung ein, so wird dem Kläger zugemutet, sogleich die ordentlichen Gerichte anzurufen[6].

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Die dritte allgemein anerkannte Fallgruppe bildet das Rehabilitationsinteresse. Hiervon werden solche Situationen erfasst, die bei objektiver Betrachtung eine diskriminierende Wirkung entfalten. Eine solche Wirkung ist etwa dann anzunehmen, wenn eine Person als Störer während einer Demonstration in Anspruch genommen wird[7].

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Darüber hinaus wird oftmals auch im Falle eines gewichtigen Grundrechtseingriffs ein berechtigtes Interesse gesehen[8]. Diese Fallgruppe wird jedoch zunehmend in Zweifel gezogen[9]. Denn zunächst bildet der Grundrechtseingriff als solcher in der Eingriffsverwaltung kein taugliches Differenzierungskriterium. Das daher unerlässliche Kriterium der „Gewichtigkeit“ bedarf zudem einer einzelfallbezogenen Quantifizierung. Darüber hinaus können die in der Rechtsprechung anerkannten „gewichtigen Grundrechtseingriffe“ oftmals auch den anderen Fallgruppen zugeordnet werden, insbesondere dem Rehabilitationsinteresse.

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Schließlich findet in jüngerer Zeit eine weitere Fallgruppe zunehmend Verbreitung: Vor dem Hintergrund des Art. 19 Abs. 4 GG wird teilweise ein berechtigtes Interesse anerkannt, wenn sich eine Maßnahme so kurzfristig erledigt hat, dass ohne Annahme eines berechtigten Interesses keine gerichtliche Überprüfung möglich wäre[10]. Auch diese Fallgruppe begegnet jedoch Bedenken. Denn gerade auf dem Gebiet des Polizeirechts ist eine kurzfristige Erledigung der praktische Regelfall. Die Kurzfristigkeit bildet daher ebenfalls kein taugliches Differenzierungskriterium.

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