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1. Zur Statthaftigkeit der Anfechtungsklage

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Ergibt eine Prüfung des Begehrens, dass der Kläger eine bestimmte hoheitliche Maßnahme angreift, ist zunächst zu prüfen, ob diese Maßnahme ein Verwaltungsakt im Sinne des § 35 VwVfG ist. Jedes der dort aufgeführten Kriterien muss erfüllt sein, um zur VA-Qualität einer Handlung gelangen zu können. Für die Klausurbearbeitung ist zu beachten, dass die Einordnung einer Maßnahme als Verwaltungsakt in vielen Fällen unproblematisch ist, etwa bei einer Anordnung durch einen Polizisten oder einer Baugenehmigung. In solch eindeutigen Fällen sind die Ausführungen knapp zu halten. Lediglich problematische Fälle sind zu vertiefen. Zur Wiederholung sei auf die einschlägigen Lehrbücher zum allgemeinen Verwaltungsrecht verwiesen[1]. Zudem muss der Verwaltungsakt dem Adressaten gegenüber wirksam geworden sein durch Bekanntgabe nach § 41 VwVfG[2], und er darf nicht aufgehoben worden sein oder sich in sonstiger Weise erledigt haben (§ 43 Abs. 2 VwVfG).

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Darüber hinaus muss der Verwaltungsakt belastend sein, also eine für den Betroffene nachteilige Regelung enthalten. Dies ist einfach zu bejahen bei Verwaltungsakten im bipolaren Verwaltungsrechtsverhältnis, welche sich ausschließlich an den Adressaten richten, etwa eine Platzverweisung durch einen Polizisten oder die Abrissverfügung durch eine Bauaufsichtsbehörde. Allerdings kann auch ein den Adressaten begünstigender Verwaltungsakt für Dritte eine belastende Wirkung enthalten. Solche begünstigenden Verwaltungsakte mit belastender Drittwirkung[3] sind insbesondere im öffentlichen Baurecht anzutreffen: Die Baugenehmigung begünstigt den Bauherrn, belastet aber den Nachbarn, dessen Zufahrt zu seinem Grundstück beeinträchtigt wird. Auch in solchen Konstellationen ist eine Anfechtungsklage statthaft, die dann folgerichtig als Drittanfechtungsklage bezeichnet wird.

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Aus der Gegenüberstellung von § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO einerseits und § 43 Abs. 1, 2. Alt. VwGO andererseits ergibt sich, dass sich die Anfechtungsklage auf einen rechtswidrigen Verwaltungsakt bezieht, während bei einem nichtigen Verwaltungsakt die Nichtigkeitsfeststellungsklage statthaft ist. Wegen der oftmals diffizilen Abgrenzung zwischen schlicht rechtswidrigen und nach § 44 VwVfG nichtigen Verwaltungsakten gestattet die überwiegende Ansicht aber auch bei nichtigen Verwaltungsakten eine Anfechtungsklage[4].

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Besonderheiten gelten bei Nebenbestimmungen zu einem begünstigenden Verwaltungsakt[5]. Nach früher h.M. war hier zwischen einer Bedingung und einer Auflage zu unterscheiden: Die Bedingung war nicht selbstständig angreifbar, die Auflage als VA konnte eigenständig angefochten werden[6]. Nach inzwischen h.M., welche sich auf den Wortlaut des § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO stützt („soweit“), können nunmehr grundsätzlich alle belastenden Nebenbestimmungen angefochten werden[7]. Eine isolierte Aufhebung als Frage der Begründetheit ist jedoch nur möglich, wenn der verbleibende Verwaltungsakt für sich genommen rechtmäßig ist[8]. Anders verhält es sich indessen bei der sog. modifizierenden Auflage, die anders als eine echte Auflage keine zusätzliche Leistungspflicht begründet, sondern den Inhalt einer Genehmigung modifiziert. Wegen dieser Wirkungsweise ist hier eine Verpflichtungsklage auf Erteilung einer „unmodifizierten“ Genehmigung statthaft[9].

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