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a) Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO

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An erster Stelle der besonderen Sachentscheidungsvoraussetzungen steht für die Anfechtungsklage die Klagebefugnis. Der Kläger muss gemäß § 42 Abs. 2 VwGO grundsätzlich geltend machen, durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. Der Gesetzgeber hat sich damit der Schutznormtheorie angeschlossen und zugleich weiteren Klagemöglichkeiten eine Absage erteilt[1]. Er kann aber auch Abweichendes bestimmen („Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, …“). Solche abweichenden Regelungen sind insbesondere im Umweltrecht anzutreffen: Dort können die anerkannten Umweltvereinigungen gemäß § 2 UmweltRG und § 64 BNatSchG Rechtsbehelfe erheben, ohne in ihren Rechten verletzt zu sein[2].

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Um ein subjektives öffentliches Recht bejahen zu können, ist also eine zweistufige Prüfung und eine positive Antwort auf die beiden folgenden Fragen notwendig:

Existiert eine gesetzlich bestimmte Rechtspflicht der Verwaltung?
Dient der Rechtssatz zumindest auch dem Schutz der Interessen des Einzelnen derart, dass dieser die Einhaltung des Rechtssatzes verlangen kann[3]?

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Oftmals bereitet bis zum Examen das Verhältnis des subjektiven öffentlichen Rechts zum Ermessen Probleme. Hier wird häufig fälschlicherweise angenommen, dass eine Gegensätzlichkeit zwischen dem „Anspruch“ einerseits und dem „Ermessen“ andererseits bestehe. Richtig ist vielmehr: Die Frage, ob es sich um eine gebundene Entscheidung der Verwaltung handelt oder ob sie in ihrem Ermessen steht, ist alleine eine Frage der objektiven Rechtmäßigkeit. Sowohl mit der Pflicht zum Erlass einer Maßnahme als auch mit der Pflicht zur ordnungsgemäßen Ausübung des Ermessens kann ein subjektives öffentliches Recht korrespondieren. Bei einer gebundenen Entscheidung entsteht dann ein subjektives Recht auf deren Erlass. Und bei einer Ermessensentscheidung ergibt sich ein subjektives Recht auf fehlerfreie Ausübung des Ermessens. Ist das Ermessen ausnahmsweise auf Null reduziert, so entsteht auch hier im Ergebnis ein Anspruch auf Erlass der Entscheidung[4].

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Zu den damit erfassten subjektiven Rechten gehören zunächst die Grundrechte und die grundrechtsgleichen Rechte, darüber hinaus gesetzlich normierte Rechte sowie organschaftliche Rechte. Wegen der Einzelheiten kann auf die Abschnitte über das subjektive öffentliche Recht in den Lehrbüchern zum allgemeinen Verwaltungsrecht verwiesen werden[5]. Alle drei Grundkategorien subjektiver öffentlicher Rechte werden in den zum Pflichtstoff gehörenden Materien des Besonderen Verwaltungsrechts relevant. So sind in polizeirechtlichen Klausuren im Regelfalle im Rahmen der Klagebefugnis die Grundrechte heranzuziehen. Sofern kein spezielles Grundrecht einschlägig ist, ist auf die allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG zurückzugreifen[6]. Anders verhält es sich im öffentlichen Baurecht. Die in Art. 14 GG verankerte Baufreiheit ist hier einfach-gesetzlich konkretisiert worden[7]. Daher ist dort zumindest primär im einfachen Recht nach subjektiven öffentlichen Rechten zu suchen. Schließlich ist auf die Kategorie der organschaftlichen Rechte im Rahmen des Kommunalverfassungsstreits zurückzugreifen[8]. Denn subjektive öffentliche Rechte können nicht nur im Außenverhältnis zwischen Staat und Bürger bestehen, sondern auch zwischen Organen einer juristischen Person, insbesondere einer Gemeinde.

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Der Kläger muss nach § 42 Abs. 2 VwGO „geltend machen“, in seinen Rechten verletzt zu sein. Was die Intensität der Darlegung anbelangt, hat sich die ganz überwiegende Ansicht der sog. Möglichkeitstheorie angeschlossen[9]. Sie besagt, dass – anders als die zuvor teilweise vertretene, strengere Schlüssigkeitstheorie – die Möglichkeit einer Rechtsverletzung ausreichend, aber auch erforderlich ist. Vergleichsweise einfach gerät die Prüfung der Klagebefugnis in Konstellationen, in denen der Adressat sich gegen einen ihn belastenden Verwaltungsakt wendet. Zwar muss auch er geltend machen, durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. Die Klagebefugnis ist daher nicht „automatisch“ zu bejahen[10]. Die Anforderungen sind jedoch leicht zu erfüllen, da vor dem grundrechtlichen Hintergrund der allgemeinen Handlungsfreiheit bereits die Rüge der Rechtswidrigkeit genügt[11]. Darin kommt die sog. Adressatentheorie zum Ausdruck.

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Schwieriger verhält es sich in Konstellationen, in denen sich ein Dritter gegen einen anderen begünstigenden Verwaltungsakt richtet, damit in Fällen der Drittanfechtungsklagen. Sie sind in verschiedenen Materien des Besonderen Verwaltungsrechts anzutreffen, etwa im Umweltrecht[12]. Von besonderer Klausurrelevanz ist jedoch die Nachbarklage im öffentlichen Baurecht. Hier ist im Rahmen der Klagebefugnis eingehend zu prüfen, welche Bestimmungen nachbarschützend sind und ob diese möglicherweise verletzt werden. Häufig ist dabei die nachbarschützende Wirkung des Rücksichtnahmegebots sowie die Reichweite des Gebietserhaltungsanspruchs zu erörtern. Wegen der genauen Reichweite des Drittschutzes wird auf die Lehrbücher zum öffentlichen Baurecht verwiesen[13].

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