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2. Normen des einfachen und administrativen Rechts

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Die Beantwortung der Frage, ob ein subjektives öffentliches Recht vorhanden ist, gestaltet sich einfach, wenn die Norm selbst zum Ausdruck bringt, dass sie ein Recht der Bürger enthält. Subjektive öffentliche Rechte finden sich zB im Sozialgesetzbuch.

Beispiel:

Nach § 4 Abs. 2 SGB-I (Sa. Ergänzungsband Nr 401) hat derjenige, der in der Sozialversicherung versichert ist, im Rahmen der gesetzlichen Kranken-, Unfall- und Rentenversicherung einschließlich der Altershilfe für Landwirte ein Recht auf 1. die notwendigen Maßnahmen zum Schutz, zur Erhaltung, zur Besserung und zur Wiederherstellung der Gesundheit und der Leistungsfähigkeit und 2. wirtschaftliche Sicherung bei Krankheit, Mutterschaft, Minderung der Erwerbsfähigkeit und Alter.

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Umgekehrt kann in einer Norm aber auch explizit zum Ausdruck kommen, dass kein subjektives öffentliches Recht besteht.

Beispiel:

Nach § 1 Abs. 3 S. 1 BauGB haben die Gemeinden Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Mit dieser objektiven Pflicht korrespondiert jedoch kein subjektives Recht. Denn nach der ausdrücklichen Regelung des S. 2 der Bestimmung besteht kein Anspruch auf Aufstellung der Bauleitpläne, und ein solcher kann auch nicht durch Vertrag begründet werden[17].

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Schwieriger ist es, im Wege der Interpretation festzustellen, ob eine Norm ein subjektives öffentliches Recht enthält. Insbes. die Reichweite der nachbarschützenden Bestimmungen im öffentlichen Baurecht ist in einer langen Rechtsprechungslinie fortentwickelt worden. Sie werden im Rahmen der Vorlesungen zum Besonderen Verwaltungsrecht behandelt und sollen daher in dieser Stelle nicht vertieft werden[18].

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Nicht nur materielle Rechte kommen als subjektive Rechte in Betracht, sondern auch Verfahrensrechte[19]. Dies gilt etwa für das in § 28 Abs. 1 geregelte Anhörungsrecht. Zugleich kommt darin die bereits angesprochene Aufwertung des Verfahrensgedankens zum Ausdruck (s.o. Rn 170). Allerdings liegt vielen Normen noch der Gedanke der rein dienenden Funktion des Verfahrens zugrunde. Daher können Verfahrensfehler unter gewissen Voraussetzungen unbeachtlich sein oder werden (§§ 45 f; dazu ausf. Rn 571 ff).

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Oftmals bis zum Examen Probleme bereitet das Verhältnis des subjektiven öffentlichen Rechts zum Ermessen. Hier wird häufig fälschlicherweise angenommen, dass eine Gegensätzlichkeit zwischen dem „Anspruch“ einerseits und dem „Ermessen“ andererseits bestehe. Richtig ist vielmehr: Die Frage, ob es sich um eine gebundene Entscheidung der Verwaltung handelt oder ob sie in ihrem Ermessen steht, ist alleine eine Frage der objektiven Rechtsordnung. Sowohl mit der Pflicht zum Erlass einer Entscheidung als auch mit der Pflicht zur ordnungsgemäßen Ausübung des Ermessens kann ein subjektives öffentliches Recht korrespondieren. Bei einer gebundenen Entscheidung entsteht ein subjektives Recht auf deren Erlass. Und bei einer Ermessensentscheidung ergibt sich dann ein subjektives Recht auf fehlerfreie Ausübung des Ermessens. Ist das Ermessen ausnahmsweise auf Null reduziert (s.o. Rn 218), so entsteht auch hier im Ergebnis ein Anspruch auf Erlass der Entscheidung.

Beispiele:

Mit der objektiven Verpflichtung einer Bauaufsichtsbehörde, bei Vorliegen der Genehmigungsvoraussetzungen die Baugenehmigung zu erteilen (vgl. etwa § 71 Abs. 1 S. 1 BauO Bln), korrespondiert nach einhelliger Ansicht ein subjektives öffentliches Recht des Bauherrn auf Genehmigungserteilung[20].
Maßnahmen nach der polizeilichen Generalklausel (etwa nach § 17 Abs. 1 ASOG Bln) dienen im Ausgangspunkt dem öffentlichen Interesse der Gefahrenabwehr und ergehen nach Ermessen der zuständigen Behörden. Sollen jedoch auch Rechtsgüter des Bürgers geschützt werden (etwa bei einer Schlägerei), so dient die Gefahrenabwehr zugleich dem Schutz subjektiver Rechte (der körperlichen Unversehrtheit). Der betroffene Bürger hat dann zunächst ein subjektives Recht auf fehlerfreie Ausübung des Ermessens, das sich im Einzelfall auf Null reduzieren kann[21].
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