Читать книгу Der Index der verbotenen Bücher. Bd.2/1 - Franz Reusch - Страница 9

1. Die Römischen Bücherverbote im allgemeinen.

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1. Wie in früheren Jahrhunderten, so wurden auch nach dem J. 1600 in wichtigen oder für wichtig gehaltenen Fällen Bücher durch päpstliche Constitutionen, Bullen oder Breven, verdammt. So von Clemens VIII. 1602 die Werke des Carolus Molinaeus (I, S. 442), von Urban VIII. 1642 das Buch des Jansenius und mehrere darauf bezügliche Schriften, von Alexander VII. 1661 eine französische Uebersetzung des Missale u. s. w. — Einige Formeln sind in diesen Actenstücken stehend, namentlich folgende: Wir verdammen das Buch „aus eigenem Antriebe (motu proprio) und aus sicherer Wissenschaft und nach reiflicher Ueberlegung mit apostolischer Autorität (in Bullen: durch diese Constitution, die für immer Geltung haben soll, kraft der Autorität der seligen Apostel Petrus und Paulus und Unserer eigenen) und verbieten das Drucken, Lesen und Behalten desselben allen, wessen Standes und Ranges sie auch sein mögen und wenn auch dieselben speciell und individuell erwähnt werden müssten, bei Strafe der Excommunicatio latae sententiae (mitunter wird die Excommunication reservirt) … Wir befehlen, die Exemplare sofort wirklich (realiter et cum effectu) den Ortsbischöfen oder Inquisitoren abzuliefern, welche dieselben unverzüglich verbrennen sollen …. Dieses Schreiben soll an den Thüren der Basilica des Apostelfürsten und der apostolischen Kanzlei und in acie Campi Florae angeheftet werden und, so publicirt, alle so verpflichten, als ob es jedem einzelnen intimirt wäre.“ — Seit Alexander VII. (1665) wird gewöhnlich im Anfange angegeben: die Verdammung erfolge auf Grund der von einigen damit beauftragten Theologen abgegebenen Gutachten und der von den Cardinälen der Inquisition abgegebenen Vota (oder nach Anhörung einiger Cardinäle und anderer gelehrter Männer).

2. Die meisten Bücherverbote gingen von der Index-Congregation, manche von der Inquisition aus. Ueber das Verfahren beider Congregationen handelt ausführlich die Bulle Sollicita Benedicts XIV. vom 9. Juli 1753 (abgedruckt in den seit 1758 erschienenen Index-Ausgaben). Was der Papst vorschreibt, war, wie er wiederholt hervorhebt, im wesentlichen schon vor ihm Praxis.

§ 2. Da Wir erfahren, dass über viele Verbote von Büchern, namentlich von katholischen Verfassern, mitunter öffentlich und ungerechter Weise geklagt wird, als ob in unseren Tribunalen diese Sache unüberlegt und oberflächlich behandelt würde, so wollen Wir durch diese Constitution, die für alle Zeiten gelten soll, bestimmte und feste Regeln aufstellen, nach denen fortan die Prüfung und Beurtheilung der Bücher vorzunehmen ist, wiewohl behauptet werden darf, dass auch bisher in derselben oder in gleicher Weise verfahren worden ist.

§ 3. Wenn ein Buch als der Proscription würdig der Inquisition denuncirt wird und diese dasselbe nicht, wie gewöhnlich geschieht, der Index-Congregation überweist, sondern selbst darüber entscheiden will, so soll gemäss dem am Mittwoch 1. Juli 1750 von der Inquisition gefassten und am folgenden Donnerstag von Uns bestätigten Beschlusse so verfahren werden:

§ 4. Das Buch wird einem Qualificator oder Consultor übergeben; dieser hat einen schriftlichen Bericht abzufassen mit Angabe der Stellen, welche die Irrthümer enthalten. Das Buch wird dann mit dem Berichte dieses Revisors allen Consultoren zugesandt, und diese fassen in einer Montags-Sitzung ihren Beschluss. Dieser wird mit dem Buche den Cardinälen zugesandt, welche in einer Mittwochs-Sitzung einen definitiven Beschluss fassen (de tota re definitive pronuncient). Dann werden alle Acten von dem Assessor dem Papste vorgelegt und von diesem die Sache endgültig entschieden (cuius arbitrio iudicium omne absolvetur).

§ 5. Wenn es sich um ein Buch eines katholischen Verfassers handelt, soll es nach altem Herkommen nicht auf den Bericht Eines Revisors hin verdammt werden. Wenn der erste Censor meint, das Buch sei zu verdammen, und die Consultoren ihm zustimmen, so wird das Buch mit der Censur, ohne Nennung des Namens des ersten Censors, einem andern von der Congregation zu bestimmenden Censor übergeben. Stimmt dieser dem ersten zu, so werden beide Gutachten den Cardinälen zugesandt. Meint der zweite Censor, das Buch sei freizugeben (dimittendum), so wird ein dritter Censor bestellt, dem die beiden Censuren ohne Nennung der Verfasser zugestellt werden. Stimmt dieser dem ersten zu, so geht die Sache gleich an die Cardinäle, stimmt er dem zweiten zu, zunächst nochmals an die Consultoren und dann mit allen Censuren und dem Votum der Consultoren an die Cardinäle. Der Papst kann auch mit Rücksicht auf die Wichtigkeit der Sache oder die Verdienste des Verfassers oder andere Umstände in einer unter seinem Vorsitz zu haltenden Donnerstags-Sitzung über das Buch entscheiden lassen, wie Wir oft gethan haben und, so oft es Uns angemessen erscheint, auch in Zukunft zu thun gedenken. In diesem Falle werden dem Papste und den Cardinälen die Censuren und die Vota der Consultoren vorgelegt und braucht in der Mittwochs-Sitzung nicht über die Sache verhandelt zu werden.

§ 6. Mitglieder der Index-Congregation sind mehrere. Cardinäle (einige derselben sind gewöhnlich zugleich Mitglieder der Inquisition); einer derselben ist Präfect der Congregation. Beständiger Assistent ist der Magister Sacri Palatii, Secretär ein von dem Papste ernannter Dominicaner. Die Congregation hat eine Anzahl von Consultoren aus dem Stande der Weltgeistlichen und Ordensgeistlichen und von Berichterstattern (Relatores). Wenn einer der letzteren einen, zwei oder drei Berichte zur Zufriedenheit der Congregation erstattet hat, pflegt diese seine Ernennung zum Consultor bei dem Papste zu beantragen.

§ 7. Auf Grund eines früher von dem Präfecten der Congregation, Card. Querini, abgegebenen Gutachtens und eines zweiten, welches einige ältere Consultoren abgegeben, die in Unserm Auftrage unter dem Vorsitze des damaligen Secretärs, Joseph Augustin Orsi, darüber berathen haben, bestimmen Wir folgendes:

§ 8. Die Index-Congregation hält nicht so regelmässig Sitzungen wie die Inquisition. Darum soll der Secretär, wie bisher, die Denunciationen von Büchern entgegennehmen. Er soll den Denuncianten zur genauen Angabe der Gründe, weshalb er das Verbot des Buches verlangt, auffordern, dann das Buch selbst sorgfältig lesen und dazu zwei mit Genehmigung des Papstes oder des Präfecten auszuwählende Consultoren zuziehen. Glauben sie, das Buch sei zu censuriren, so wird ein sachkundiger Relator beauftragt, dasselbe zu prüfen und schriftlich darüber zu berichten. Dieser Bericht wird zunächst in einer Sitzung von Consultoren, welche früher Parva genannt wurde, welche Wir aber Praeparatoria nennen werden, vorgelegt. Eine solche Sitzung ist von dem Secretär wenigstens einmal im Monate, nach Bedürfniss öfter anzuberaumen, und es müssen darin der Magister Sacri Palatii und sechs von dem Secretär mit Genehmigung des Papstes oder des Präfecten mit Rücksicht auf den zu verhandelnden Gegenstand auszuwählende Consultoren zugegen sein. Der Secretär hat die Vota der Consultoren zu protocolliren und dieselben mit der Censur des Relators den Cardinälen zuzusenden. Diese verhandeln darüber in einer General-Congregation, deren Beschluss der Secretär dem Papste mit genauem Bericht zur Bestätigung vorzulegen hat.

§ 9. Folgendes ist von beiden Congregationen zu beobachten: Wenn es sich um ein Buch von einem katholischen Verfasser handelt, der unbescholten (integrae famae) ist und durch andere Bücher oder durch das fragliche Buch sich einen Namen gemacht (clari nominis), und es nöthig ist, dieses Buch zu verbieten, so soll dasselbe, wie es längst üblich ist, wenn irgend möglich, nur donec corrigatur oder donec expurgetur verboten werden. Wird dieses beschlossen, so soll das Decret nicht gleich publicirt, sondern zunächst dem Verfasser oder einem Vertreter desselben mitgetheilt und diesem angegeben werden, was zu streichen, zu ändern oder zu verbessern sei. Wenn niemand als Vertreter des Verfassers erscheint oder dieser oder sein Vertreter die Verbesserung des Buches verweigert, soll das Decret veröffentlicht werden. Wenn aber der Verfasser oder sein Procurator das von der Congregation Befohlene thut, d.h. eine neue verbesserte Ausgabe des Buches veranstaltet, so wird das Decret unterdrückt oder, wenn viele Exemplare der ersten Ausgabe verbreitet sind, so publicirt, dass man sieht, dass nur die erste Ausgabe verboten sei1).

§ 10. Man hat darüber geklagt, dass Bücher verboten würden, ohne dem Verfasser vorher Gelegenheit zu bieten, sich zu vertheidigen. Darauf ist geantwortet worden: es sei nicht nöthig, den Verfasser vorzufordern, da es sich nicht um die Verurtheilung seiner Person handle, sondern um die Abwendung der Gefahr, welche das Lesen seines Buches den Gläubigen bringen könne; und wenn aus der Verdammung eines Buches dem Namen des Verfassers eine Makel (ignominiae labes) erwachse, so sei das nicht eine directe, sondern nur eine indirecte Folge derselben. Aus diesem Grunde glauben Wir, dass die ohne Anhörung der Verfasser erlassenen Bücherverbote nicht zu missbilligen sind, zumal anzunehmen ist, dass das, was etwa der Verfasser für sich oder die Lehre des Buches hätte vorbringen können, von den Censoren und Richtern nicht ausser Acht gelassen sein werde. Indess wünschen Wir sehr, die Congregation möge, wie sie auch bisher in vielen Fällen gethan, wenn es sich um einen angesehenen und verdienstvollen Schriftsteller handelt und sein Buch mit Weglassung der bedenklichen Stellen (demptis demendis) veröffentlicht werden kann, den Verfasser, wenn er es wünscht, hören oder einen aus den Consultoren bestellen, um sein Buch ex officio zu vertheidigen.

§ 11. In wichtigen Fällen werden Wir selbst der Sitzung der Index-Congregation beiwohnen. Dieses ist aber nicht nöthig, wenn es sich um das Buch eines Ketzers, worin dem katholischen Dogma widersprechende Irrthümer vertheidigt werden, oder um ein unsittliches Buch handelt. In diesen Fällen sind nicht einmal die oben erwähnten Rücksichten zu nehmen, sondern die Bücher sofort nach der 1., 2. und 7. Trienter Regel zu verbieten.

§ 12. Die Relatoren, Consultoren und Cardinäle der Index-Congregation verpflichten Wir in derselben Weise, wie dies für die Inquisition gilt, zum Schweigen. Der Secretär darf jedoch die zu einem Buche gemachten Bemerkungen dem Verfasser oder seinem Vertreter auf Verlangen mittheilen, ohne aber den Denuncianten und den Censor zu nennen.

§ 13. Die Zahl der Revisoren und Consultoren ist nicht bestimmt. Ob sie in Zukunft bestimmt werden soll, darüber bleibt eine Entschliessung vorbehalten. Jedenfalls sollen darunter Weltgeistliche und Ordensgeistliche, Theologen, Juristen und in der heiligen und profanen Wissenschaft bewanderte Männer sein, damit je nach der Verschiedenheit der der Congregation überwiesenen Bücher geeignete Beurtheiler gewählt werden können.

§ 14. Die Referenten und Consultoren der Index-Congregation sollen folgende Regeln beobachten:

§ 15. I. Sie sollen bedenken, dass es nicht ihre Aufgabe ist, auf jede Weise auf das Verbot eines ihnen zur Prüfung überwiesenen Buches hinzuwirken und zu dringen, sondern das Buch sorgfältig und ruhig zu prüfen und der Congregation so darüber zu berichten, dass dieselbe ein richtiges Urtheil darüber fällen und je nach Verdienst das Verbot, die Verbesserung oder die Freigebung desselben beschliessen kann.

§ 16. II. Ein Buch soll einem Referenten oder Consultor zugewiesen werden, der in dem betreffenden Fache bewandert ist; sollte der Censor bei dem Lesen eines Buches erkennen, dass es ihm irrthümlich zugewiesen, dass er zur Beurtheilung desselben nicht competent ist, so soll er die Congregation oder den Secretär bitten, es einem andern zuzuweisen.

§ 17. III. Die Censoren sollen die in dem Buche vorgetragenen Meinungen vorurtheilsfrei prüfen, sich nicht von den Anschauungen einer Nation, einer Schule oder eines Ordens beeinflussen lassen und sich vor Parteilichkeit hüten; sie sollen ausschliesslich die Dogmen der Kirche und die gemeinsame Lehre der Katholiken, die in den Decreten der allgemeinen Concilien, den Constitutionen der Päpste und in dem Consensus der rechtgläubigen Väter und Lehrer enthalten ist, vor Augen haben und nicht vergessen, dass es nicht wenige Meinungen gibt, welche einer Schule, einem Orden oder einer Nation als ganz gewiss erscheinen und doch ohne irgendwelche Beeinträchtigung des Glaubens oder der Religion von anderen Katholiken verworfen und bekämpft werden, welche die entgegengesetzten Meinungen vertheidigen mit Vorwissen und Erlaubniss des heiligen Stuhles, der allen solchen Meinungen ihren Grad der Probabilität belässt.

§ 18. IV. Sie sollen bedenken, dass man über den wahren Sinn eines Autors nicht richtig urtheilen kann, wenn man nicht sein Buch vollständig liest, das, was er an verschiedenen Stellen sagt, mit einander vergleicht und seinen allgemeinen Zweck sorgfältig beachtet, und dass man darüber nicht nach einzelnen aus dem Zusammenhange gerissenen und ohne Rücksicht auf andere in demselben Buche enthaltene Sätze betrachteten Sätzen urtheilen darf, da es oft vorkommt, dass, was ein Autor an einer Stelle seines Buches kurz und etwas dunkel ausspricht, an einer andern Stelle bestimmt, ausführlich und klar entwickelt wird, so dass die Dunkelheit und das anscheinend Bedenkliche der erstern Stelle durch die zweite ganz beseitigt wird.

§ 19. V. Wenn einem katholischen Autor, der im Rufe eines frommen und gelehrten Mannes steht, Ausdrücke entschlüpft sind, die eine gute und eine schlimme Deutung zulassen, so fordert die Billigkeit, sie, so weit es möglich ist, im erstern Sinne zu nehmen.

§ 20. Ferner sind noch folgende zwei Punkte zu beachten:

§ 21. Es erscheinen mitunter Bücher, in welchen falsche und verworfene Lehren oder Systeme anderer von dem Verfasser einfach historisch referirt werden, ohne dass irgend etwas zur Widerlegung derselben gesagt wird. Auf solche für viele Leser gefährliche Bücher sollen die Revisoren sorgfältig achten. Dieselben müssen, wenn sie irgendwie nutzen können, verbessert, sonst auf den Index gesetzt werden.

§ 22. Es ist sehr verkehrt, wenn Autoren einander schmähen und beschimpfen, Meinungen anderer, die noch nicht von der Kirche verdammt sind, censuriren, ihre Gegner und deren Schule oder Orden verspotten. (Dieser Satz wird § 22—24 weitläufig begründet.)

§ 25. Die vorstehenden Bestimmungen, welche durchaus mit den Decreten Unserer Vorgänger und den Gesetzen und Gewohnheiten Unserer Congregationen übereinstimmen, verordnen Wir kraft apostolischer Autorität fortan zu beobachten.

3. Auch die anderen Congregationen verboten mitunter Bücher, welche in ihr Ressort einschlugen. So wurden ziemlich viele Schriften zunächst durch die Congregation der Ablässe, einige zunächst durch die Congregation des Trienter Concils oder durch die der Riten oder durch die Propaganda verboten. Solche Verbote wurden der Index-Congregation mitgetheilt und von dieser promulgirt.

4. Der Magister Sacri Palatii konnte von Amts wegen nur für Rom Bücherverbote erlassen. Mitunter erliess er aber solche im speciellen Auftrage des Papstes, und diese hatten natürlich allgemeine Geltung. Einige umfangreiche unter seinem Namen publicirte Edicte aus den ersten Decennien des 17. Jahrhunderts, die in der Sammlung Alexanders VII. stehen, sind augenscheinlich nur Promulgationen der von dem Papste resp. der Index-Congregation oder Inquisition ausgegangenen Bücherverbote. Einige, aber nur wenige in den Index-Ausgaben stehende Bücher werden ausdrücklich als von dem Magister S. Palatii verboten bezeichnet.

1. Verdammungen von Büchern durch Bullen oder Breven werden seit Clemens XI. (1700—21) viel zahlreicher. Er erliess in einem Jahre, 1710, fünf derartige Breven (Audoul, Entretiens, Persin, Ragioni). Clemens XII. unterzeichnete einmal drei an einem Tage, 26. Jan. 1740 (Arrêt, Courayer, Histoire). Seit Benedict XIV. enthalten diese Verdammungen mitunter ausführliche Motivirungen (Borde, Eybel). Seit Benedict XIV. finden sich auch solche Verdammungen in Allocutionen und seit Clemens XIII. in Encycliken (A. J. P. 22, 917). In einem Breve Benedicts XIV. vom 5. Sept. 1757 (Epistola) wird zum ersten Male, dann öfter ein Buch nicht überhaupt bei Strafe der Excommunicatien, sondern bei Strafe der Suspension für Geistliche, der Excomm. für Laien verboten.

Alexander VII. bestimmte 1664: die von Pius IV. der Bestätigung des Trienter Index beigefügten Strafandrohungen sollten in Kraft bleiben, von allen anderen in apostolischen Constitutionen und Decreten enthaltenen Strafbestimmungen aber nur die der Bulla Coenae. In der Vorrede zu dem Index Benedicts XIV. von 1758 wird dann aber darauf hingewiesen, dass zwar nach dieser Bestimmung nur die von Ketzern verfassten Bücher, in denen sie ex professo von der katholischen Religion handeln und Ketzereien lehren, bei Strafe der reservirten Excommunication verboten seien, dass aber fast allen in Breven oder Bullen seit 1664 ausgesprochenen Bücherverboten die nämliche Strafandrohung beigefügt sei. Demgemäss wird in der Bulle Pius’ IX. vom 12. Oct. 1869 die Strafe der reservirten Excommunicatio latae sententiae auf das Lesen, Behalten u. s. w. solcher verbotener Bücher beschränkt, welche entweder von Ketzern oder Apostaten verfasst sind und die Ketzerei nicht nur enthalten, sondern ex professo vertheidigen, oder welche durch apostolische Schreiben namentlich (unter Angabe des Titels) verboten sind2).

2. Die Inquisition hatte sich zunächst mit einem Buche zu befassen, wenn jemand angeklagt war, eine ketzerische oder sonst gegen den Glauben verstossende Ansicht vorgetragen zu haben, oder wenn es sich um die Frage handelte, ob die in einem Buche vorgetragenen Ansichten ketzerisch u. s. w. seien (so bei den Werken von Raymund Lull, I S. 30). Wurde die Anklage als begründet erkannt oder diese Frage bejaht, so wurden natürlich auch die betreffenden. Bücher verboten. So wurde 1615 die Ansicht des Copernicus von der Inquisition verdammt, und dann von der Index-Congregation das Buch des Copernicus nebst zwei anderen verboten (Alex. No. 14). Einige Male werden die Bücherverbote der Inquisition durch den Magister S. Pal. publicirt (No. 8 und vielleicht 10 und 11). In der Regel publicirte sie dieselben selbst. — In der Regel sind es einzelne Bücher oder Kategorieen von Büchern, welche von der Inquisition verboten werden. So 1601 (No. 2) die nicht approbirten Litanieen, 1606 (No. 7) Bücher, die sich auf den Streit Pauls V. mit Venedig beziehen, 1643 (No. 50) das Buch des Jesuiten Rabardeau, 1647 (No. 52) zwei Schriften (von Barcos) über Petrus und Paulus, 1650 (No. 53) der Catechisme de la grâce, 1654 (No. 59) eine lange Reihe von Schriften, die mit der Jansenistischen Sache zusammenhangen.

Indess kommen schon früh Bücherverbote vor, die ebenso gut von der Index-Congregation wie von der Inquisition hätten ausgehen können, wie No. 61, und ob die eine oder andere Congregation sich mit einem Buche befasste, wird in vielen Fällen davon abgehangen haben, bei welcher von beiden die Denunciation angebracht war und ob die betreffende Congregation für gut fand, das Buch selbst zu beurtheilen oder an die andere abzugeben. — Mitunter wurde von den Denuncianten oder von Freunden oder Gegnern der Denuncirten Werth darauf gelegt und dahin gewirkt, dass die Sache an die eine und nicht an die andere Congregation kam.

Im allgemeinen galt ein Verbot eines Buches als gewichtiger, wenn es von der Inquisition, als wenn es von der Index-Congregation ausging, zumal wenn erstere das Verbot durch Angabe der Fehler des Buches motivirte, da man annehmen durfte, dass letztere auch aus anderen Gründen als wegen Abweichungen vom Glauben Bücher verbieten könne. Donnerstags-Decrete der Inquisition waren natürlich gewichtiger als Mittwochs-Decrete (I S. 174). Jene heissen mitunter bei französischen Schriftstellern „une feria quinta“, mitunter unrichtig „Bulle“.

Die Donnerstags-Decrete der Inquisition sind grösstentheils nach folgendem Schema (Alex. No. 53) abgefasst: Feria V. 6. Oct. 1650 in der Generalcongregation der Inquisition in Gegenwart unseres allerh. Herrn P. Innocenz’ X. und der Cardinäle, die als General-Inquisitoren für die ganze Christenheit von dem apost. Stuhle bestellt sind. In diesem Jahre 1650 ist ein Büchlein in französischer Sprache unter dem Titel Catechisme de la grâce ohne Angabe des Verfassers und des Druckortes erschienen. Gegen die darin enthaltene Lehre ist ein zweites Büchlein, gleichfalls französisch gedruckt worden, unter dem Titel: Catechisme ou abrégé …, Douay 1650. Da in diesen Werkchen die Lehre von der göttlichen Gnade und dem freien Willen behandelt wird, hat besagter allerh. Herr, damit nicht die Gläubigen durch das Lesen derselben der Gefahr und dem Aergerniss ausgesetzt würden, durch dazu besonders beauftragte theologische Qualificatoren derselben h. Congregation die darin enthaltene Lehre prüfen lassen und nach Verlesung der Censur derselben und Anhörung der Vota der Cardinäle General-Inquisitoren beide Büchlein, mögen sie französisch oder in einer andern Sprache gedruckt sein, zu verbieten beschlossen, wie er sie denn durch gegenwärtiges Decret durchaus verbietet, das erste, weil darin … Darum befiehlt Se. Heiligkeit, dass niemand, welchen Ranges und Standes er auch sein mag, sollte er auch einer speciellen Erwähnung werth sein, diese Büchlein behalte oder lese oder zu drucken oder drucken zu lassen wage, bei den auf ein solches Vergehen gesetzten Censuren und Strafen; jeder soll sie vielmehr gleich nach der Publication dieses Decretes den Ortsbischöfen oder Inquisitoren abliefern. Andere Decrete sind kürzer gefasst, z.B. (Const. p. 169): Feria V. 23. Mai 1680 in der Generalcongregation …. Unser allerh. Herr Papst Innocenz XI. verbietet und verdammt durch gegenwärtiges Decret die unten verzeichneten Bücher und gebietet sie als verdammt und verboten anzusehen bei den in dem h. Trienter Concil und in dem Index der verbotenen Bücher enthaltenen und anderen nach dem Gutdünken Sr. Heiligkeit zu verhängenden Strafen.

Beispiele von Mittwochs-Decreten sind (Alex. No. 50): Feria IV. 18. März 1643. In der Generalcongregation der Inquisition, gehalten im Kloster S. Maria super Minervam in Gegenwart der Cardinäle, die als … Im 1641 ist ein Buch erschienen unter dem Titel: Michaelis Rabardaei …, und da nach dem Erscheinen des Werkes dem h. Tribunal der höchsten und allgemeinen Inquisition denuncirt worden, dass darin viele Sätze enthalten seien, welche in der Kirche Gottes ein grosses Aergerniss hervorrufen könnten …, hat die h. Congregation der Inquisition, nachdem auf Befehl unseres allerh. Herrn die in dem besagten Buche enthaltenen Sätze reiflich geprüft worden, einstimmig erklärt, dass viele derselben resp. temerär, ärgernissgebend … und offenbar ketzerisch seien. Damit also nicht durch das Lesen eines so verderblichen Buches die Gläubigen von Irrthümern und Ketzereien und schlechten Meinungen angesteckt werden, verdammen und verbieten die Cardinäle … dasselbe durch gegenwärtiges Decret, indem sie befehlen, dass niemand u. s. w.; — ferner (Const. p. 165): Feria: IV. 14. Oct. 1682. In der Generalcongregation der h. Inquisition … ist verboten worden ein Blatt Thesen … Löwen 1682, so dass es niemand erlaubt ist, dieselben zu lesen, zu behalten, zu lehren, zu drucken, öffentlich oder privatim zu vertheidigen, bei den in dem Index der verbotenen Bücher enthaltenen Strafen; — endlich (Alex. No. 51): Es sind einige Bücher erschienen, welche, wenn sie nicht ganz oder theilweise beseitigt werden, die Christgläubigen in Irrthümer führen könnten; darum haben die vorbesagten Cardinäle beschlossen, folgende Bücher respective (theils unbedingt, theils mit d. c.) zu verbieten. — Publicirt wurden die Decrete mit der Unterschrift des Notars der Inquisition. Die Bestätigung der Mittwochs-Decrete durch den Papst wird nicht ausdrücklich erwähnt.

Von den Bücherverboten der Inquisition sind zu unterscheiden, stehen aber mit denselben im Zusammenhange solche Decrete, in denen sie dogmatische oder Moralsätze (propositiones) verdammte, ohne die Bücher, aus denen sie entnommen waren, namhaft zu machen. Das erste derartige Decret stammt aus dem J. 1602 (Suarez); Decrete, in denen viele Sätze verdammt wurden, haben wir aus der Zeit Alexanders VII., Innocenz’ XI. und Alexanders VIII.3).

Das erste bei Alex. stehende Decret der Index-Congregation (vom 1. Febr. 1601), in welchem alle Cardinäle derselben an der Spitze genannt werden, bezieht sich auf die Venetianischen Missalien (I S. 438), das zweite vom J. 1606, von dem Secretär publicirt, auf die Venetianische Ausgabe des Suarez (s.u.). Erst im Jahre 1613 finden wir ein Decret der Index-Congr., welches ein Verzeichniss verbotener Bücher enthält (No. 12). Es ist wie alle folgenden von dem Präfecten unterzeichnet (von dem Secretär gegengezeichnet), aber in der Einleitung heisst es: „Wir, Paulus Sfondratus … Cardinäle der Index-Congregation, verbieten folgende Bücher, die gemäss den Regeln des Index jedes in seine Classe zu setzen sind.“ Von 1614 an werden die Decrete regelmässig ohne eine solche Einleitung von dem Präfecten und Secretär publicirt. Mitunter beginnen sie mit einer Einleitung, worin nach einigen umständlichen, aber unwesentlichen allgemeinen Phrasen alle verpflichtet werden, nachdem sie von dem Decrete Kenntniss erlangt, die betreffenden Bücher an die Ortsbischöfe oder Inquisitoren abzuliefern (No. 15); in anderen Fällen, — und das wird seit 1618 Regel, — heisst es im Eingange nur: die Index-Congregation habe z.B. am 18. Mai 1618 die unten verzeichneten Bücher verdammt und verboten (No. 17). Der Schluss lautet in der Regel: „Zur Beurkundung dessen ist gegenwärtiges Decret von dem Card. N. (dem Präfecten) unterzeichnet und untersiegelt worden.“ Unter der Unterschrift des Präfecten steht dann die des Secretärs.

Bei Alex. steht ein Verzeichniss der 77 Cardinäle, welche von 1577 bis 1664 Mitglieder der Index-Congregation waren. Es sind darunter nur wenige, die als Gelehrte einen Namen haben, und in der Regel waren nur einige fähig und geneigt, sich mit den Geschäften der Congregation zu befassen. Dasselbe gilt von den Cardinälen der Inquisition. Der Jesuit Daubenton schreibt 1711 an Fénélon: „Bei der Inquisition liegen so viele Sachen vor und gibt es so wenige Leute, die sich ernstlich damit beschäftigen oder die fähig sind, sich damit zu beschäftigen, dass man Jahre lang zu thuen hat, um die Verdammung eines Buches zu erwirken, wenn es etwas dick ist. Nur Card. Fabroni, der Assessor des h. Officiums und der P. Damascenus widmen diesen Geschäften alle ihre Zeit“ (Corr. de Fén. 3, 478), und Arnauld (3, 622) sagt: die meisten Cardinäle der Inquisition seien unwissend; wenn der Papst oft aus Rücksicht auf die weltlichen Mächte unfähige Leute zu Cardinälen ernennen müsse, so sollte er doch wenigstens nur solche, die Theologen seien, zu Mitgliedern der Inquisition machen.

Wie bei der Inquisition der Commissar (I, S. 187), so war bei der Index-Congr. der Secretär, immer ein Dominicaner, die einflussreichste Persönlichkeit. Unter den mehr als 200 Consultoren, aus der Zeit von 1577 bis 1664, welche bei Alex. verzeichnet werden, sind 95 Ordensgeistliche, darunter 16 Dominicaner, 12 Jesuiten, 10 Minoriten (bei der Inquisition waren die Dominicaner noch besser vertreten).

Nicht-Italiener finden sich in dem Verzeichniss der Cardinäle und Consultoren nur in verhältnissmässig geringer Zahl, und darunter sind noch manche, die, weil sie nicht in Rom residirten, nur geringen oder gar keinen Einfluss hatten.

Lucas Holstenius, der auch bei Alex. unter den Consultoren verzeichnet wird, schreibt 1633 an Peiresc (Epp. ed. Boissonade, 1817, p. 252): „Es gibt hier einige gelehrte Männer, die viel leisten könnten, wenn sie ihre Bestrebungen hier geschätzt sähen. Aber hier wird jetzt alles andere eher geachtet, und die gelehrten Studien werden bei der Verschwörung der unwissenden Censoren gegen die gute Literatur ihr Haupt nicht erheben. Als vor nicht langer Zeit in der Index-Congregation über die Expurgation von Gesners Bibliothek verhandelt wurde, gestand ein angesehener Cardinal, der in seinen Augen und in denen vieler anderer kein gewöhnlicher Gelehrter ist, unwillig über so viele Schriftsteller-Namen, in meiner und anderer Gegenwart: wenn er über das Bücherwesen zu sagen hätte, würde er den grössten Theil der Bücher, namentlich so gut wie alle humanistischen (qui de literis humanioribus et de liberali eruditione agunt), verbrennen und nur einige Theologen und Juristen übrig lassen. Was denkst du wohl, wie mir dabei zu Muthe war? Ich habe aber die Worte mit spartanischem Magen verdaut und nicht gewagt, die Literatur gegen dieses Vorurtheil in Schutz zu nehmen. Aber das habe ich wenigstens gethan, als ich sah, dass jene geraden Weges auf das Verderben guter Bücher losgehen: seit jenem Tage bin ich in keiner Sitzung der Congregation mehr erschienen. Du wirst gesehen haben, dass kürzlich die gelehrten Werke von Scaliger, Heinsius, Rivius, Goclenius verboten worden sind … Aber dies will ich dir ins Ohr gesagt haben, denn hier kann man ohne Gefahr über diese Dinge nicht einmal klagen.“4) — Als Mabillon 1686 in Rom war, wurde er von der Index-Congr. ersucht, ein Gutachten über Bücher von Vossius (s.u.) abzugeben, und er wurde dann zum Consultor ernannt (S. 3, § 6). Germain (Valery 1, 212) berichtet darüber 28. Jan. 1686: „Morgen wird Mabillon in Gegenwart der Cardinäle, sitzend mit bedecktem Kopfe, seinen Bericht vortragen; danach wird man ihn zum Consultor des Index ernennen. Diese Ehrenbezeugung würde es ihm möglich machen, auch gegen den Willen seiner Oberen in Rom zu bleiben, wenn er Lust dazu hätte, was Gott verhüten möge.“ Ein zum Consultor ernannter Ordensmann durfte nämlich nach einer Verordnung Alexanders VII. vom J. 1659 nicht von seinen Oberen von Rom versetzt werden (Benedict XIII. beschränkte dieses Privileg auf je einen Consultor aus jedem Orden; Catalani, Secr. Ind. p. 65). Mabillon blieb nicht in Rom, und hat, so viel wir wissen, nie wieder als Consultor fungirt. — P. Timothée de la Flèche (p. 105) berichtet vom J. 1712: der Papst habe längst gewünscht, einen Consultor der Index-Congregation zu ernennen, der französisch könne; er habe den Theatiner Dubuc, Professor an der Propaganda, dazu ausersehen; als der König von Frankreich davon gehört, habe er Dubuc, der ihm als Anti-Gallicaner nicht genehm gewesen, nach Frankreich zurückberufen wollen; nach längeren Verhandlungen habe der König nachgegeben und sei Dubuc ernannt worden, aber bald darauf gestorben.

Nach der Gerarchia cattolica vom J. 1882 waren damals 13 Cardinäle Mitglieder der Inquisition, darunter 2 Nicht-Italiener, Ledochowski und Franzelin; unter den 25 Consultoren waren 4 Dominicaner, 1 Jesuit, 8 andere Ordensgeistliche (die Patres Semenenko und Smith werden Ausländer sein); daneben werden nur 3 Qualificatoren verzeichnet. Mitglieder der Index-Congregation waren 36 Cardinäle, darunter Ledochowski und Franzelin, Pitra, Howard, de Falloux, Hergenroether und Hassun und manche, die nicht in Rom residiren, also nur Titular-Mitglieder waren, wie Schwarzenberg, Simor, Haynald, Mihalowitz, Bonnechose, Guibert, Desprez, Dechamps, Moraes, Moreno, Benavides, Paya y Rico, Manning, MacCloskey. Unter den 39 Consultoren und 5 Relatoren hatten 11 bezw. 3 nicht deutsche Namen; aber auch unter diesen waren ausser dem Bischof Laurent zu Aachen wohl auch noch andere, die nicht in Rom residirten. In früheren Zeiten sind die Nicht-Italiener in beiden Congregationen gewiss verhältnissmässig nicht zahlreicher gewesen.

Schon um 1650 galt, wie Bourgeois berichtet, bei der Index-Congregation und Inquisition als Regel, dass ein Buch nur auf Grund einer Denunciation in Untersuchung genommen wurde, und noch jetzt rühmt(!) die Civ. catt. 12, 4, 289 von ihnen: „Unter tausend Büchern jeder Art, auch solchen, die gegen die Religion und das Papstthum geschrieben sind, unterwerfen sie nur die sehr wenigen einer Prüfung, welche von angesehenen Personen (persone altamente autorevoli) denuncirt werden.“ Der Präfect oder der Secretär der Congregation braucht nun freilich nicht jede beliebige Denunciation anzunehmen. Der Bischof Baillès erzählt in seinem Buche über den Index (La congr. de l’Index p. 321) eine sehr gut erfundene Geschichte von einem französischen Abbé, der ein Buch eines Confraters denuncirt, den aber der Secretär zunächst auffordert, sich durch ein Empfehlungsschreiben seines Bischofs oder in irgend einer andern Weise zu legitimiren, dann, ein Exemplar des Buches und ein Verzeichniss der ihm verwerflich scheinenden Stellen mit genauer Angabe der Seitenzahl u. s. w. einzureichen, über dessen Persönlichkeit der Secretär unter der Hand Erkundigungen einzieht u. s. w. Auf der andern Seite kann der Präfect oder der Secretär oder irgend ein anderes Mitglied, wenn das Verbot eines Buches gewünscht wird, leicht irgend jemand zum Denunciren veranlassen. Die Regel hat wohl überhaupt nur für Bücher von katholischen Verfassern gegolten. Von den vielen Schriften deutscher Protestanten, die im Index stehen, sind sicher nicht manche einzeln denuncirt worden. Von dem Nuncius Ubaldini wissen wir, dass er über die in Frankreich erscheinenden Bücher nach Rom berichtete, und so werden auch die anderen Nuncien, vielleicht auch einzelne Bischöfe Denunciationen eingesandt haben. Die darauf bezüglichen Vorschriften Clemens’ VIII. (I S. 540) scheinen aber nur in sehr beschränktem Masse zur Ausführung gekommen zu sein.

Für die Römischen Indices des 16. Jahrhunderts sind, wie wir gesehen haben (I S. 410 u. s.), die Messcataloge sehr stark benutzt worden. Es ist sehr wahrscheinlich, dass auch die Titel mancher in den ersten Decennien des 17. Jahrh. von der Index-Congr. verbotenen Bücher aus den Messcatalogen abgeschrieben sind (die Inquisition hat allem Anschein nach immer nur Bücher verboten, die ihr vorlagen und die von ihr geprüft worden); aber so stark wie früher sind dieselben nach 1600 nicht mehr benutzt worden und nach den ersten Decennien gar nicht mehr5). Es ist aber nicht unwahrscheinlich, dass man später mitunter die Acta Eruditorum, das Journal des Savants und andere Zeitschriften benutzt hat6).

Msgr. Ciampini † 1698 wollte ein Seminar von 8—10 Gelehrten aus allen Nationen gründen, welche die neu erschiėnenen Bücher aus ihren Ländern lesen, darüber berichten und diejenigen, die auf den Index zu setzen seien, angeben sollten; er wollte dem Seminar seine Bibliothek und ein Kapital vermachen, um jedem der Gelehrten ein Jahreseinkommen von 100 Scudi zu sichern. Die Stiftung kam aber nicht zu Stande. Ciampini gründete auch mit Franc. Nazzari 1668 das Römische Giornale de’ letterati, welches aber schon 1681 wieder einging7).

Unter Benedict XIV. machte Card. Querini Vorschläge über die Verbesserung des Verfahrens der Index-Congregation (S. 3), und da diese keine Fonds hatte, um die Gutachten der Consultoren drucken zu lassen, wollte er ein Capital dazu hergeben (Zacc. p. 187).

Erst in der ersten Hälfte des 18. Jahrh. wurde es stehender Gebrauch, den Decreten der Index-Congr. die Bemerkung beizufügen: Quibus Sanctissimo Domino nostro … per me infrascriptum Secretarium relatis Sanctitas Sua decretum probavit et promulgari praecepit. Benedict XIV. schreibt ausdrücklich vor, der Secretär habe dem Papst alle Decrete zur Bestätigung vorzulegen (S. 3 § 8); aber schon 1751 erwähnt dieses Catalani (Secr. Ind. p. 52) als bestehende Praxis8). In einigen Decreten des Mag. S. Pal. und der Index-Congr. (Alex. No. 13) wird ausdrücklich gesagt, sie seien de mandato des Papstes erlassen.

Besser als diese allgemeinen und aphoristischen Bemerkungen wird die Darstellung einzelner Verhandlungen, über die Bücher von de Thou, Arnauld, Jansenius, Fénélon, das Verfahren der beiden Congregationen anschaulich machen.

3. Die erst 1669 von Clemens IX. errichtete Congregatio indulgentiarum et reliquiarum verbot in einer Reihe von Decreten 1712—50 Schriften, welche Verzeichnisse von theilweise apokryphischen Ablässen enthielten u. dgl. Ein (unter Indulgentiae citirtes) Verbot ähnlicher Schriften vom 23. Mai 1696 scheint noch, wie ältere Verbote der Art, von der Inquisition oder Index-Congr. ausgegangen zu sein. Die meisten dieser Verbote sind erst durch Ben. in den Index gekommen (unter Indulgentiae, Notizia, Sommario u. s. w.).

Die Congregatio rituum wird erwähnt in einem Decrete der Inquisition vom J. 1601. Decrete der Congregatio Cardinalium Concilii Tridentini Interpretum wurden 1621 und 1629 von der Index-Congr. promulgirt (s. § 14).

Der 1622 von Gregor XV. errichteten Congregatio de Propaganda fide steht es zu, die in orientalischen und anderen exotischen Sprachen geschriebenen Bücher zu prüfen und zu verbieten (Zacc. p. 183). In einem Breve vom 6. April 1674 verordnete Clemens X., dass niemand, auch nicht Ordensleute und Jesuiten, Schriften, worin von den Missionen und diese betreffenden Materien gehandelt werde, ohne eine schriftliche und dem betreffenden Buche beizudruckende Erlaubniss dieser Congregation drucken lassen dürfe, bei Strafe der Excomm. 1. sent. und der Unterdrückung des Buches. Diese Verordnung wurde von Benedict XIV. 1745 eingeschärft (A. J. P. 1, 1260; 2, 2647).

4. Das erste Edict des Mag. S. P. aus dem 17. Jahrh. (vom 7. Aug. 1603, bei Alex. No. 4, auch bei Bras. p. 600) ist italienisch abgefasst und hat folgende Einleitung: „Weil seit der Veröffentlichung des Index im J. 1596 von dem h. Stuhle viele andere Bücher verboten oder suspendirt worden sind und damit nicht die Unkenntniss Uebertretungen veranlasse, darum haben wir, F. Gio. Maria Guanzelli da Brisighella aus dem Predigerorden, Mag. S. P., ordentlicher Richter u. s. w., — da es uns kraft unseres Amtes obliegt, darüber zu wachen, dass in dieser hehren Stadt Rom kein verbotenes oder suspendirtes Buch gedruckt, verkauft oder irgendwie verbreitet werde, — für nöthig gehalten, allen folgende Bücher zu notificiren.“ Nach dem Verzeichnisse folgt dann: „Demgemäss wird allen Römischen Buchhändlern und allen anderen, welchen Standes sie auch sein mögen, geboten, wenn sie eines dieser Bücher haben, dasselbe sofort [in anderen Edicten: binnen 10 Tagen] in unserm Bureau abzuliefern, indem wir sie darauf aufmerksam machen, dass sie, wenn sie dem zuwiderhandeln, nicht nur sich schwer gegen Gott versündigen und den kirchlichen Censuren verfallen, sondern auch, wenn es zu unserer Kenntniss kommt, strenge werden bestraft werden mit den Strafen, welche in den heiligen Canones, den Regeln des Index und in unseren früheren Edicten angedroht sind.“ Aehnlich lauten einige Edicte aus den folgenden Jahren. Ein Edict dagegen, welches nicht bei Alex. steht, aber bei Serry, De aux. p. 277 abgedruckt ist, lautet: Nos Fr. Jo. Brisighella M. S. P. Ap., Judex ord… de expresso mandato S. D. N. Clem. VIII. prohibemus 1. cui titulus: Qua tandem rat… auct. Paulo Benio, omnibusque qui ilium forte habuerint, rubemus ut quam primum ad off. nostrum afferant. Datum 1575—1604. Romae in typogr. R. Cam. Ap. 1604. In einem gleichfalls lateinischen Edicte von 1609 (Alex. No. 8) sagt der Mag. S. Pal., er verbiete die Bücher „auf Grund eines mündlichen Befehls Pauls V. und kraft der Autorität seines Amtes bei Strafe der reservirten Excommunication, und das Edict solle in Rom drei Tage nach der Anheftung, an allen anderen Orten, sobald es irgendwie bekannt werde, verpflichten. In zwei (italienischen) Decreten vom 9. Nov. 1609 und 30. Jan. 1610 (No. 10 und 11) verordnet der Mag. S. P. „im Auftrage der Inquisition,“ die Bücher überall binnen zehn Tagen nach dem Bekanntwerden des Edictes abzuliefern, bei Strafe der Excomm. 1. s. (von Reservation ist nicht die Rede).

Nach 1610 kommen nur noch vereinzelt Edicte des Mag. S. Pal. vor, deren Verbote in den Index übergegangen sind: 1633 publicirte er zunächst für Rom ein Edict über Bücher mit Elogia haereticarum (§ 14); 1652 verbot er ein in Rom, also mit Approbation des Mag. S. Pal. gedrucktes Schriftchen von dem Jesuiten Cataneo, 1678 ein Officio della immac. conceptione, 1691 ein ascetisches Buch des Jesuiten Giuseppe Saliceti, welches 1690 in Rom mit den von den Censoren gestrichenen Stellen gedruckt war (A. J. P. 2, 2645), 1717 das Vocabolario von Gigli, — diese beiden Verbote erliess er „kraft seiner amtlichen Autorität und auch im speciellen Auftrage des Papstes“, — 1727 Franc. Maria Cabellotti, Il fulmine della presente calamità. Nur in älteren Indices, nicht mehr bei Ben. steht das gleichfalls 1727 von dem Mag. S. Pal. verbotene Buch: Di qual’ ordine de’ Minori sia il Beato Andrea Caraccioli da Spello, discorso istorico di Filalete Adiaforo.

Der Mag. S. P. publicirte beim Antritte seines Amtes ein Edict, welches folgende Bestimmungen enthielt: Wer verbotene Bücher nach Rom bringt, behält, verkauft, kauft u. s. w., verfällt den Censuren und Strafen, die in den h. Canones, dem Index, der Bulla Coenae und anderen apostolischen Constitutionen angedroht sind, und wird ausserdem mit Confiscation der Bücher, 300 Scudi und anderen körperlichen Strafen bestraft. Alle von früheren Magistri S. P. ertheilten Licenzen zum Lesen verbotener Bücher werden zurückgenommen. Alle Bücher, Büchlein, Gebete, Bilder, überhaupt alles Gedruckte, so geringfügig es auch sein mag, was nach Rom gebracht wird, ist dem Mag. S. P. oder seinem Socius vorzulegen. Die Couriere und Postillone haben alle ihnen anvertrauten Drucksachen, für wen sie auch bestimmt sein mögen, dem Mag. S. P. vorzulegen oder auf der Douane zu lassen, bei Strafe von 50 Scudi und drei Hieben mit dem Strick. Niemand darf ohne Erlaubniss Bücher verkaufen. Die Buchhändler und Verkäufer von Kupferstichen und Holzschnitten haben binnen 30 Tagen ein alphabetisches Verzeichniss der vorräthigen Bücher und Bilder einzureichen. Neu gedruckte Bücher dürfen nicht verkauft werden, bis der Druck mit dem approbirten Manuscript verglichen ist. Dieses Edict ist in allen Buchläden, Druckereien und Douanen u. s. w. anzuheften; alle Buchhändler müssen einen Index besitzen9).

Reusch. Index II. 1

1) Diese Verordnung soll Benedict erlassen haben, weil er über das Verbot des I S. 386 besprochenen Buches von Bandini unzufrieden war. Mazzuchelli 2, 223.

2) Vgl. I S. 341. K.-L. 1, 1127. Fr. Heiner, Die kirchlichen Censuren, 1884, S. 69. Als die Haeresie ex professo vertheidigende Bücher nennt Heiner beispielsweise Hase’s Polemik und Herzogs Real-Encyclopädie (beide stehen übrigens nicht im Index). S. 73 fügt er bei: „Es gibt ausser den beiden genannten Classen von Büchern keine anderen, auf deren Lesung, Aufbewahrung, Druck oder Vertheidigung heutzutage eine Censur stände. Alle anderen Bücher, auch die durch die Index-Congregation verbotenen, ziehen keine Censur mehr nach sich. Die Constitution Pius’ IX. hat also in den Wirrwarr der Meinungen, der früher bestand, Licht und Klarheit gebracht. Dass bezüglich der Sünde, welche diejenigen begehen, die verbotene Bücher, Zeitschriften u. s. w. ohne Erlaubniss lesen, nichts geändert ist, braucht nicht erwähnt zu werden.“

3) Entscheidungen über die Zulässigkeit von theologischen Meinungen gibt die Inquisition noch jetzt. Ein Beispiel bei Reusch, Galilei, S. 473, ein neueres Katholik 1879, II, 524: Humillime rogat Praepositus Gen. S. J. S. Supr. Congr. S. Off., ut declarare dignetur, utrum tolerari possit explicatio transsubstantiationis in s. eucharistiae sacramento, quae sequentibus propositionibus comprehenditur …. F. IV. die 7. Julii 1875 in congregatione gen. S. Rom. et Univ. Inq…. iidem Emin. Domini dixerunt: doctrinam … tolerari non posse.

4) Im J. 1636 (p. 279) klagt Holstenius darüber, dass man die Vaticanische Druckerei zuerst, um Geld daraus zu schlagen, für jährlich 1000 Scudi verpachtet, und dass jetzt, wo sie ganz heruntergekommen, Card. Borghese sie verkauft habe. Im J. 1644, nach der Wahl Innocenz’ X., schreibt er an G. B. Doni (p. 323): Dieses Pontificat wird in dieser Beziehung ein sehr unglückliches sein, da alle Zweige der Literatur und Gelehrsamkeit für gar nichts geachtet werden.

5) In den Nund. 1613—20 werden manche Bücher verzeichnet, die 1616—24 verboten wurden und von denen man es zweifelhaft finden kann, ob die Gelehrten des Index Exemplare derselben in Händen gehabt, so juristische und politische Schriften von Agricola, Beringer, Bortius, Cothmann, Hensler, Herdesianus, Hilliger, Lather, Monner, Paurmeister, Sixtinus, Zieritz, auch die unter Achilles und Epimetron stehenden, ferner Schriften von Budowez, Dornavius, Petraeus, Pontanus, Sagittarius, Siber, Sprecher. Aber anderseits stehen in jenen Nund. Bücher, die erst viel später verb. wurden: Berlich, Liebenthal, Nebulo, Otto, Schonborner, Trinum magicum (erst 1700 verb.). Es ist mir nicht gelungen, klar zu stellen, in welcher Ausdehnung nach dem J. 1600 die Nund. noch benutzt worden sind.

6) Im April 1866 meldete die Allg. Ztg., No. 103. 107, voraussichtlich würden demnächst der 3. Band von Bunsens Bibelwerk und Bluntschli’s Alt-Asiatische Gottes- und Weltideen auf den Index gesetzt werden. Sie fügte bei: die Index-Congregation beschäftige sich mit Erzeugnissen protestantischer Verfasser nur selten, es sei denn dass ihre Bedeutung eine Ausnahme von dieser Regel zu machen riethe. Die Bemerkung ist, wie wir sehen werden, im allgemeinen nicht richtig; in diesem Falle trifft sie nicht zu. Dass man sich im April 1866 gerade mit diesen zwei Büchern beschäftigte, ist allem Anscheine nach dadurch veranlasst worden, dass sie kurz vorher in No. 3 des Theol. Literaturblattes recensirt worden waren, welches ich damals auf den Wunsch eines in Rom weilenden Bekannten dem Card. de Luca, der sich für deutsche Literatur interessirte, — und der Präfect der Index-Congregation war, — regelmässig zusenden liess. Die beiden Bücher wurden übrigens nicht verboten und die Index-Congregation scheint damals beschlossen zu haben, überhaupt die Recensionen des Lit.-Bl. nicht als Denunciationen anzusehen.

7) Melzi 1, 452. Von 1742—60 erschien in Rom Giornale de’ letterati (Novelle letterarie) und 1785—98 Giornale ecclesiastico (13 vol. Fol.; dazu 1789—94 Supplementi, 6 vol. 8; Melzi 1, 453. 455). Diese Zeitschriften liefern, wie die jetzt noch erscheinenden A. J. P. und Civ. catt., vielfach einen Commentar zu den Bücherverboten.

8) Grisar, Galileistudien S. 157. 177. Clemens VIII. hat übrigens nicht, wie Grisar angibt, eine päpstliche Approbation der einzelnen Decrete vorgeschrieben, s. I S. 534.

9) Helyot, Hist. des ordres 3, 214. Editto del Maestro del Sacro

Der Index der verbotenen Bücher. Bd.2/1

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