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3.4 Symbol und Symbolisierung

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Vorstellungen und Imaginationen gibt es grundsätzlich in beiden Systemen, dem Sekundärprozess und dem Primärprozess. »Eine Imagination ist dann ein (re-präsentatives, ein wieder vor Augen stellendes) Symbol, wenn sie ein Produkt des PP ist, das heißt emotionale Bedeutung hat, wenn sie nicht für sich steht, sondern für etwas anderes und dieses andere eine geistig-emotionale Erfahrung ist« (Salvisberg, 2012, S. 54):

So lässt sich der mit goldenen Pflastersteinen belegte Weg in dem oben genannten Beispiel als Symbol für eine behütete und reiche Kindheit verstehen, während der dunkle Wald, an dessen Rand er jäh endet, auf Ungewissheit und Zukunftsängste verweisen mag.

Katathyme Imaginationen repräsentieren die vergangene, erinnerte, gegenwärtige und künftig erwartete Realität auf einem symbolischen Niveau unterschiedlicher Komplexität. Symbole unterscheiden sich von Zeichen: Ein Zeichen steht in direktem Verhältnis zu dem Bezeichneten und erschöpft sich in diesem auch. Ein Symbol verweist hingegen auf ein komplexes Bedeutungsfeld, das sich im Prinzip nicht vollständig erklären oder beschreiben lässt. Symbole verbinden und vereinen Gegensätze und sind daher grundsätzlich mehrdeutig. Das Symbol stellt eine Repräsentation dar: Es verweist auf etwas anderes, das nicht angezeigt wird, sondern abwesend ist, aber im Symbol wieder vorgestellt, also (re-)präsentiert wird (Balzer, 2006). In psychoanalytischer Sicht überwinden Symbole die Trennung (wie das Kuscheltier des Kindes die abwesende Mutter repräsentiert und dadurch trösten kann), die andererseits Voraussetzung und Anreiz zur Symbolbildung ist (das real Vorhandene braucht nicht symbolisiert zu werden). Symbole wie etwa die Sprache oder Bilder bilden das Material jeder Kultur.

Die im Entwicklungsverlauf auftauchende »Fähigkeit zur Symbolbildung und -verwendung macht das Kind unabhängig von der realen Erfahrung und dem Vorhandensein der Objekte. Damit wird Denken möglich, sich etwas vorstellen, Trost, Hoffnung, sich vorerst etwas versagen – Grundlagen für Motivation, Kommunikation, Identitäts- und Autonomieentwicklung, Gewissensbildung, Triebverzicht, Frustrationstoleranz, Arbeits- und Beziehungsfähigkeit, Gestaltungskraft und damit für die gesamte Persönlichkeitsentwicklung« (Wienand, 2016, S. 29).

Zusammenfassend ist ein Symbol im psychodynamischen Sinn durch die folgenden Aspekte gekennzeichnet: »a) Das Symbol steht für etwas dahinter Liegendes; b) es trägt Bedeutungen, die über das Phänomen selbst hinaus weisen; c) es ist in seinem Bedeutungsgehalt vielfach determiniert; d) es vermittelt sich auf sinnliche und anschauliche Weise, sei es nun mit den Augen zu sehen oder mit den Händen zu greifen; e) es kann real präsent sein oder allein in der Vorstellung existieren; f) es wurzelt tief im Empfinden der Körpervorgänge und Emotionen« (Ullmann, 2012a, S. 25.).

Ein Beispiel illustriert, wie das individuelle Symbolverständnis von Persönlichkeit, Erinnerungen, körperlichen Reaktionen und Emotionen beeinflusst wird:

Ein Paar geht den Meraner Höhenweg, einen Wanderweg mittleren Schwierigkeitsgrades, links der Abgrund, rechts die Bergwand. Einer der Partner ist relativ angstfrei, der andere ängstlicher und vorsichtiger. Der Weg wird enger und biegt nach rechts ab, sein weiterer Verlauf ist also nicht einsehbar. An der steilen Felswand ist jetzt ein Seil als Handlauf befestigt. Für den einen Partner signalisiert es Sicherheit. Für den anderen, der sich an die Jahre zurückliegende Begegnung mit einer Schafherde auf einem ähnlich schmalen Bergpfad erinnert, symbolisiert das Seil Gefahr, die ihn in Angst und Schrecken versetzt.

Die auch körperlich als physiologischer Erregungszustand gespeicherte Erinnerung beeinflusst die Interpretation der aktuellen Wahrnehmung, deren Inhalt durch die mnestische Verknüpfung zum Symbol für Gefahr wird.

Katathym Imaginative Psychotherapie mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen

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