Читать книгу Katathym Imaginative Psychotherapie mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen - Franz Wienand - Страница 6
Vorwort
ОглавлениеDie Katathym Imaginative Psychotherapie (KIP) ist eine im Rahmen der Psychotherapie-Richtlinien anerkannte spezielle Behandlungsmethode der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie, die gefühlsgetragene (katathyme) Imaginationen systematisch als therapeutische Parameter einsetzt. Die Entwicklung und Begründung der zunächst Katathymes Bilderleben (KB) genannten Methode geht zurück auf Hanscarl Leuner, der ab den 1950er Jahren die Wirkung therapeutisch induzierter Tagträume in einem experimentellen Setting untersuchte. Der dialogisch begleitete Tagtraum ist das zentrale Element, in dem sich unbewusste Konflikte, Bedürfnisse, Motive, Ressourcen und Übertragungsaspekte in symbolischer Form zeigen und therapeutisch beeinflusst werden können. Das Durcharbeiten findet in der KIP in der Abfolge von Vorgespräch, Tagtraum, Nachgespräch, medialer Gestaltung (zumeist in Form von Malen) und Bildbesprechung statt. Auf ihrer psychodynamischen Grundlage ist sie zutiefst integrativ und ermöglicht die Einbettung und partielle Integration von Elementen anderer Ansätze (u. a. aus der Systemischen Therapie, der Hypnotherapie, dem Psychodrama, der Verhaltenstherapie oder auch aus körpertherapeutischen Methoden). Die KIP hat einen immanent kreativen und entwicklungsorientierten Charakter und eignet sich für junge Menschen ab dem Grundschulalter.
Auch wenn die jungen Patienten in der Therapie ihren geschützten Entwicklungsraum haben und über die katathymen Imaginationen ihren eigenen Spielraum erweitern und ausdifferenzieren und Konflikte bearbeiten können, so sind diese Behandlungen nie losgelöst vom Kontext zu sehen. Dies sind zum einen die konkreten familiären Lebensbedingungen und Beziehungsstrukturen, zum anderen die gesellschaftlichen und sozialen Bedingungen und Entwicklungen.
Das Buch wurde aus den unterschiedlichen und sich ergänzenden Perspektiven einer weiblichen Therapeutin (Psychologische Psychotherapeutin und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin) und eines männlichen Therapeuten (Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychoanalytiker) und vor dem je individuellen Hintergrund unserer Kindheit und Jugend geschrieben. Es trägt eine sehr persönliche Handschrift und spiegelt unsere Erfahrungen, die wir in den Jahrzehnten unserer Tätigkeit in der Praxis, der Weiterbildung und des Austauschs mit Kolleginnen und Kollegen sammeln konnten.
In weiten Teilen des Buches verwenden wir wegen der besseren Lesbarkeit das generische Maskulinum. In Teil II (Katathym Imaginative Psychotherapie mit Kindern) und Teil III (Katathym Imaginative Psychotherapie mit Jugendlichen und Heranwachsenden) weichen wir teilweise von diesem Prinzip ab: Bei der Darstellung von Fallvignetten mit der Wiedergabe von Dialogen und der Einschätzung der Übertragungs-Gegenübertragungs-Dynamik berichten wir von unseren persönlichen Erfahrungen, verwenden die Ich-Form und meinen mit »dem Therapeuten« Franz Wienand (FW) und »der Therapeutin« Waltraut Bauer-Neustädter (WBN). Die jeweilige Autorenschaft ist durch die entsprechenden Initialen zu Beginn der jeweiligen Buchteile gekennzeichnet.
Wir danken den Herausgebern, Arne Burchartz, Hans Hopf und Christiane Lutz, und dem Kohlhammer Verlag für die Möglichkeit, die KIP vorstellen zu können. Unser besonderer Dank gebührt Günther Horn, der die KIP mit Kindern und Jugendlichen auf kreative Weise entwickelt, international verbreitet und gelehrt hat, den Weiterbildungskandidatinnen und -kandidaten in unseren Seminaren sowie all unseren Dozentenkolleginnen und -kollegen, von denen wir lernen durften und weiter lernen. Unsere größten Lehrmeister sind die jungen Patientinnen und Patienten mitsamt ihren Eltern, deren Entwicklung wir eine Wegstrecke weit begleiten durften. Jeder einzelne von ihnen hat dazu beigetragen, unseren Erfahrungsschatz zu erweitern und zu bereichern und hat uns damit ermöglicht, dieses Buch zu schreiben. Herzlichen Dank dafür! Last but not least bedanken wir uns insbesondere bei denjenigen Kindern, Jugendlichen und ihren Familien sowie bei den jungen Erwachsenen, die uns erlaubt haben, in anonymisierter Form Ausschnitte aus ihren Behandlungen einschließlich der gemalten Bilder wiederzugeben. Gerade diese authentischen Dokumente sind es, die die Methode und unser therapeutisches Handeln anschaulich und lebendig machen. Vielleicht lassen auch Sie sich von der Methode und ihren vielfältigen und kreativen Möglichkeiten begeistern.
Im letzten Teil des Buches erfahren Sie, wie katathyme Imaginationen in der Aus- und Weiterbildung von Psychotherapeuten, speziell Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten eingesetzt werden. Die Kombination von Wissensvermittlung, Üben und Selbsterfahrung schult den Therapeuten in einem fortlaufenden Prozess. Sich flexibel in unterschiedliche Lebens- und Entwicklungsalter und dem damit verbundenen Erleben einfühlen zu können und das therapeutische Handeln darauf abzustimmen, ist für den Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten unerlässlich und eine immer wieder spannende Erfahrung. Selbsterfahrung und Supervision unter Einbeziehung katathym imaginativer Techniken sind erlebnisintensiv, machen Freude, erweitern das methodenspezifische Handlungsrepertoire und stärken die Identität als KIP-Therapeut.
Calw-Saarbrücken, im November 2020
Franz Wienand und Waltraut Bauer-Neustädter