Читать книгу Der Werwolf von Hannover - Fritz Haarmann - Franziska Steinhauer - Страница 11
5. Kapitel
Оглавление1918 Anfang Oktober / Fritz Haarmann
Damit er nicht bei dem zusehen musste, was ich nun seinem toten Körper antun würde, legte ich ein Tuch über seine inzwischen milchig trüben Augen.
Ehrlich gesagt, auch wegen des Gewürms, das sich schon munter tummelte.
Aus der Küche holte ich ein weiteres Tuch, damit ich das Blut aufnehmen konnte, überprüfte auch die Schärfe der Messer und des Beils, um eine unnötige Unterbrechung der Arbeit ausschließen zu können.
Die Sache duldete nun keinen Aufschub mehr, wollte ich vermeiden, dass jedermann ihn riechen konnte.
Der Tote womöglich aufkam.
Die Jungs hinter dem Café »Kröpke« erzählten gestern, ein Mann habe sich nach dem Verbleib seines Sohnes erkundigt. Friedel heiße der, und der Vater zeigte sogar ein Foto herum. Die Jungs sind bei diesen Nachfragen von Natur aus immer wortkarg, sind doch viele von ihnen entlaufene Fürsorgezöglinge – und man wusste ja nie, wer da tatsächlich fragte. Konnte ja jeder behaupten, er sei der Vater.
Eile war also geboten.
Aufschieben ging nicht mehr.
Ich begann mit den Beinen.
Schnell gelang es mir, die Unterschenkel aus den Kniegelenken zu lösen.
Ich legte sie zur Seite.
Begann dann sofort mit dem Trennen der Oberschenkel aus der Hüftpfanne.
Mein kleines Messer war willig, und wo es nicht weiterkam, half das Hackebeilchen.
Natürlich tat ich all das mit Grausen und Entsetzen.
Es war eine widerliche Aufgabe, die Stunden dauern mochte, vielleicht Tage.
Einfach eklig.
Wenn ich mich zurückerinnere glaube ich, ich habe mich mehrfach in einen kleinen Eimer übergeben, weil es so schrecklich war.
In den Eimer habe ich später auch das zerschnittene Gekröse geworfen. Schließlich sollte das ja durch den Abort …
Die Arbeit war aber nicht nur abstoßend, sie strengte mich sehr an. Derartig, dass ich mich immer wieder hinlegen und ausruhen musste.
Sobald es mir besser ging, machte ich weiter. Beeilen musste ich mich damit. Nicht auszudenken, wenn jemand gekommen wäre und ihn dort am Boden entdeckt hätte.
Die Schnitte über die gesamte Körperlänge führte ich mit dem Messer aus – ich wusste ziemlich genau, wie sie zu setzen waren.
Die Rippen – kein Problem.
Die Arme drückte ich weit nach oben, löste sie aus den Schultergelenken.
So wanderte Stück für Stück …
Es ging gut, wenn ich erst mal alle Knochen herausgelöst hatte.
Was blieb war nicht mehr als seine Hülle, die sich gut zerteilen ließ. In schmale Streifen und dann quer in winzige Quadrate.
Die Größe der Stücke richtete sich nach ihrer Schwimmfähigkeit. Waren sie schwer genug, versanken sie sofort, das Leichte, das oben schwamm, durfte nur in geringer Menge in den Fluss gelangen. Das musste besser in den Eimer.
Der Kopf. Wenn ihn jemand fand, konnte er erkennen, wem er zu Lebzeiten gehört hatte? Dem zuvorkommenden und willigen Freund meines Hübschen, dem fiele womöglich ein, wo man manchen Nachmittag und Abend in den letzten Wochen zubrachte. Dieses Risiko! Zu hoch!
Erst die Haare – das erledigte sich nach Art der Indianer.
Ich schabte alles Weiche ab, warf es ebenfalls in den Eimer.
So verfuhr ich auch bei den Knochen.
Die passten in eine Tasche aus Wachstuch.
Den Eimer kippte ich, wie geplant, in den Abort. Damit niemand eine Blick auf seinen Inhalt werfen konnte, deckte ich einen Lappen drüber, als ich damit über den Hof ging.
Die Knochen landeten in der Leine.
Blieb noch immer der Schädel.
Nach dem Lüften, Putzen und Aufräumen wickelte ich ihn in Zeitungspapier ein, stopfte das Päckchen in die Tasche, die mir schon zuvor gute Dienste geleistet hatte, und schob sie hinter den Ofen.
Insgesamt war ich viel unterwegs an jenem Tag und nun rechtschaffen müde.
Und das Zimmer gehörte wieder mir allein!
Glück im Unglück: Die Polizei, die mein Zimmer später durchsuchte, fand nur einen Freund des vermissten Jungen in meinem Bett. Der war ja quicklebendig.
Wegen der Unzucht gab es ein peinliches Verhör.
Den Schädel hinter dem Ofen entdeckten die Beamten aber nicht.
Hat eben keiner in die Tasche geguckt.
Wie sollten sie auch wissen, dass sie den Hübschen nie mehr lebendig finden konnten!