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12. Kapitel

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1924 Pfingsten Presseclub Falkennest

Die Journalisten hatten sich wie üblich um den großen Tisch versammelt, jeder ein Bier vor sich und eine Decke aus Zigarrenqualm über den Köpfen als Beweis für rege Diskussion.

»Jetzt greifen die Bürger auf der ›Insel‹ schon zur Selbsthilfe! Ist doch wirklich nicht zu fassen, dass die Polizei so träge reagiert. Kommt ja gar nicht recht in Schwung!« Der Pirat schlug mit der Faust auf den Tisch, und die anderen umklammerten schnell ihre Biergläser. Zur Sicherheit. »Am 17. Mai der erste und nun? Immer mehr Schädel! Ein ganzer Sack voller Knochen. Schulterblätter und anderes! Und jetzt fischen die Leute sogar mit Netzen Knochen aus dem Fluss! Von offizieller Seite – kein Einsatz!«

»Wenn man mit den einfachen Netzen und Rechen schon viele Knochen herausfischen kann, möchte ich gar nicht wissen, was man ans Licht beförderte, könnte man sich dazu entschließen, den Pegel der Leine abzusenken!«, murmelte Richard bedrückt, sah blass und krank aus. »Ich glaube, die Leute haben recht. In der Stadt haust das Böse. In irgendeiner Ecke hat es sich verkrochen und sieht uns zu, wie wir immer deutlichere Spuren von ihm finden und ihm doch keinen Schritt näherkommen. Womöglich lauert es schon auf sein nächstes Opfer. Grässlich!«

»Bisher ist nicht klar, wie all die Knochen in die Leine gelangt sind. Gibt ja mehrere Erklärungsansätze.«

»Keiner bewiesen! Keiner auch nur annähernd stichhaltig!«, maulte Ahab.

»Mörder? Ist auch nicht bewiesen.«

»Und erst heißt es, wenn überhaupt Mord, dann sind die Schädel sicher von weiblichen Opfern, dann stellt sich raus: Schädel junger Männer! Männerköppe. Und sogar einer von einem Knaben!« Richard sprach eindringlich. »Es ist die Pflicht der Presse – und daher auch des Journalisten – die Menschen umfassend zu informieren und zu warnen!«

»Lass mal gut sein. Zu viel der Warnung ist schlecht, das macht die Leute bloß wuschig und hysterisch. Sind doch eh schon viele durch den Wind.« Ahab nahm einen kräftigen Schluck, stellte den Bierkrug hart ab. »Und Polizeischelte hat noch nie was anderes gebracht als Ärger. Am Ende sind bloß alle beleidigt, und unsere Quellen sprudeln nicht mehr. Jeder meidet den Kontakt mit der Presse, die Informanten verdrücken sich um die nächste Ecke, kaum dass sie uns kommen sehen. Ne, das ist keine gute Idee. Wirklich nicht.«

»Verantwortung? Schon mal gehört?«

»Die hast du auch für die Reaktion auf deinen ›Aufklärungsartikel‹, oder nicht? Wenn dann alle kopflos durch die Stadt rennen, jeder jeden verdächtigt, geht das auf deine Kappe! Das nenne ich nicht verantwortungsbewusst.«

»Ach was! Die Wahrheit muss ans Licht! Denk nur an die vielen Familien, die nach ihren Kindern suchen! Die wollen wissen, warum alle untätig geblieben sind.« Richards gramvolles Gesicht bekam einen entschlossenen Zug. »Ich hoffe, mein Artikel kommt auf die Titelseite. Vielleicht drucken wir sogar ein Extrablatt!«

»Nur Männerköppe. Könnte ja bedeuten, dass man den Mörder unter den Homosexuellen suchen muss. Damit wären die meisten Männer in der Stadt außer Verdacht – oder?«, meinte der Pirat und guckte in die Runde. »Ich mein ja nur. Die Szene ist nun wirklich nicht unüberschaubar. Sicher, in der letzten Zeit sammeln sich immer mehr hinter dem ›Kröpke‹, aber dort könnte die Polizei eigentlich ganz gut ansetzen. Wenn wir das schreiben, dann fangen sie vielleicht endlich mit ernsthaften Ermittlungen an!«

Der Werwolf von Hannover - Fritz Haarmann

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