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1. Einführung: Die eine Bibel und wir verschiedenartigen Menschen
Оглавление„Gott will, dass alle Menschen gerettet werden und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen“, schreibt Paulus an seinen Mitarbeiter Timotheus (1 Tim 2,4). Dies ist die Zielsetzung der biblischen Botschaft.
Alle Menschen! Aber wie soll das geschehen? Wir sind doch alle so verschieden, so verschiedenartig, sind geprägt durch Familie, Milieu, Kultur, durch Erfolge und Niederlagen, Krankheit und Gesundheit, durch Leid und den Verlust lieber Menschen, erfreuliche und enttäuschende Beziehungen.
„Du bist ein Gott, der mich sieht!“ Dies ist die Erfahrung der schwangeren, verstoßenen Hagar mit dem Gott Israels, der ihr anders als gefürchtet in der Wüste nahe ist und zu Hilfe kommt (1 Mo 16,13f). Der skeptische Nathanael trifft durch Philippus auf Jesus, der ihn zu seiner Überraschung schon kennt. „Bevor Philippus dich rief, als du unter dem Feigenbaum warst, sah ich dich!“ (Joh 1,48). Schon (an-)gesehen, bevor wir sehen. Was für ein Gott!
Die Bibel ist voll von Geschichten, in denen unterschiedlichste Menschen auftreten, die je eigene Erfahrungen mit Gott machen, eine je eigene Geschichte mit ihm haben. Die unendlich vielen Namen in der Bibel zeigen, dass hier ein Gott bezeugt wird, der die Einzelnen kennt, sie „bei ihrem Namen“ ruft (Jes 43,1), als ein persönlicher Gott auf sie zukommt, in ihre ureigene Geschichte „einsteigt“, Wege zeigt und begleitet.
Gottes Zuwendung zu seinen Geschöpfen wird unüberbietbar konkret und sichtbar in Jesus von Nazareth. In ihm zeigt sich Gott als ‚zuvorkommend‘ und uns ‚zuvor-kommend‘. „So sehr hat Gott die Welt (uns alle!!) geliebt, dass er seinen Sohn hingibt“, damit wir wahres, ewiges Leben hätten (Joh 3,16), ihn, „Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt“ (Joh 1,29).
Wenn Gott sich der ganzen Welt zuwendet und dabei doch den Einzelnen, seine Einmaligkeit, seine Prägung, seine konkrete Situation im Blick hat, dann muss sich das auswirken, wenn wir gemeinsam biblische Texte lesen, dann zeigt sich das daran, wie sehr jeder von uns seinen je eigenen Zugang zum Wort Gottes findet. In der Offenheit füreinander würden wir dann oft staunend feststellen, dass wir trotz unterschiedlicher Persönlichkeiten und verschiedener Zugänge zur Bibel überall auf das zentrale Zeugnis des uns liebenden, bergenden, vergebenden, in Dienst nehmenden Gottes stoßen und ihn gemeinsam als den Vater Jesu Christi erkennen.
So haben wir es in Bibelgruppen und Bibelseminaren, in der Ausbildung von Mitarbeitern und im Religionsunterricht erlebt. Das war für uns eindrücklich und ermutigend. Deshalb wollen wir diese Erfahrung anregend und vertiefend weitergeben. Und: Wir wollen vor allem an Texten und Beispielen aufzeigen, dass hier die tiefe „biblische Erkenntnis“ sichtbar wird, dass der Gott der Bibel ein persönlicher Gott ist und höchst konkret in unterschiedliche Lebenssituationen und Geschichtsphasen hineinredet und hineinwirkt.
Die Leser mögen selber überprüfen, ob unsere Erfahrungen und Erkenntnisse eine Horizonterweiterung für das gemeinsame Bibelstudium in ihren Gruppen und Kreisen und eine Hilfe für das gegenseitige Wertschätzen in der Gemeinde sein können, ob die These von der „Einheit in Vielfalt“ auch hier trägt, das Gemeindewachstum fördert und zur Glaubwürdigkeit der Christen in dieser Welt beiträgt (Joh 13,35; 17,20f).
Eine neue Grundsatzdebatte um das richtige Bibelverständnis zu führen, liegt nicht in unserer Absicht, wohl aber auf eine sinnvolle Erweiterung von Aspekten im Verstehen des Alten und Neuen Testamentes hinzuweisen. Jeder möge entsprechend dem Inhaltsverzeichnis die Abschnitte auswählen bzw. anlesen, die ihm sinnvoll und hilfreich erscheinen.
Wir danken Holger Noack, Wuppertal (Bildungsreferent im CVJM-Westbund) und Christoph Wolf, Dresden (Praxisdozent an der Evangelischen Hochschule Moritzburg) für ihre Mitarbeit bei einigen Artikeln.
Friedhardt Gutsche und Werner Siegert