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Kapitel 7
Mittwoch, 4. Juni, 15:30 Uhr, Basilika von Curitiba

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Um halb vier standen Forte und Schuster vor der weißen neogotischen Basilica de Nossa Senora da Luz.

„Beeindruckende Fassade. Ich hätte nicht gedacht, dass die Kirche so groß ist“, meinte Schuster. „Das ist doch gotisch?“

„Neogotisch.“ Es fiel Forte schwer, freundlich zu bleiben. Lieber wäre er allein in die Kirche gegangen. Er ging zum Eingang und die drahtige Frau folgte ihm. Im Innern musste sich Forte erst an das Licht gewöhnen. Der Aufbau der Kirche war typisch neogotisch und fast europäisch zu nennen. Forte lief Richtung Altar. Dort hing ein riesiges Marienbild. Nur wenige Menschen verloren sich zu dieser Zeit in der Kirche.

„Meinen Sie das Altarbild ist auch aus dieser Zeit?“

Forte tat so, als hätte er die Frage Schusters nicht gehört. Er verspürte keine Lust den Kirchenführer zu spielen, lief einige Schritte zurück und setzte sich in die dritte Bank. Er genoss einen Augenblick die Stille in dem Gotteshaus. Nur leise drangen die Straßengeräusche in das Innere der Kathedrale. Seine Gedanken schweiften zu seiner Familie. Er hatte Samuel ein Foto vom Flughafen in Curitiba gemailt. Als er gestern mit Sabine telefonierte, war sie nicht sehr gesprächig gewesen. Hinter ihm ließ sich jemand auf die Kirchenbank fallen. Eine Hand legte sich auf seine Schulter. Unwirsch fuhr Forte herum und wollte Barbara Schuster anfahren. Überrascht blickte er auf den Mann mit dunklem Dreitagebart, der seinen Zeigefinger auf den Mund legte.

Der Fremde flüsterte auf Englisch: „Hören Sie! Nein, schauen Sie bitte nach vorne! Ich bin Journalist und werde verfolgt. Mein Leben ist bedroht. Ich bitte Sie um einen Gefallen. Bewahren Sie dies für mich auf.“

Mit seinem Fuß schob er einen Umschlag nach vorne unter die Bank. Forte stellt den Fuß auf den Umschlag. Langsam bückte er sich, hob den Umschlag auf und steckte ihn in die Jackentasche.

Leise fragte Forte ohne sich umzudrehen: „Wie heißen Sie? Wie kann ich Sie erreichen?“

Keine Antwort. Als er sich umdrehte, war die Bank hinter ihm leer. Vorsichtig sah er sich in der Kathedrale um. Nirgendwo konnte er den Fremden entdecken. Vorne im Altarbereich stand Schuster und betrachtete die Glasfenster.

Durch das Hauptportal betraten fünf Männer die Basilica de Nossa Senora. Sie trugen schwarze Uniformen der Polizei. Ein Mann blieb am Eingang stehen. Die übrigen liefen mit schnellen Schritten durch das Kirchenschiff. Sie schienen jemanden zu suchen. Einer der Uniformierten riss den Beichtstuhl auf. Forte sah das Entsetzten in den Augen des älteren Priesters. Er legte sein Brevier zur Seite und begann laut mit dem Mann zu schimpfen. Leider verstand Forte zu wenig Portugiesisch. Doch es war klar, dass der Priester von seinem Hausrecht Gebrauch machen wollte. Der Sakristan kam ihm zur Hilfe. Der Anführer der Polizisten sagte etwas. Daraufhin verstummte der Priester und setzte sich auf eine Kirchenbank. Neben ihm nahm der Sakristan Platz. Drei Männer suchten weiter im Kirchenraum. Auf ihren Uniformen stand Polícia Militar.

Unerwartet sah Forte den Fremden wieder. Er kam aus seinem Versteck in einer Seitenkapelle heraus und rannte auf einen Nebenausgang zu. Kurz bevor er die Tür erreichte, wurde er von einem der Polizisten überwältigt. Zwei weitere Uniformierte liefen dazu. Der Fremde schrie etwas auf Portugiesisch. Es klang wie Hilfe. Einige Frauen standen wie erstarrt. Kurz darauf schleppten die Polizisten ihren Gefangenen nach draußen. Alles dauerte nur wenige Minuten. Langsam kam wieder Leben in die erstarrten Gestalten in der Kathedrale. Eine Frau lief zum Priester und zum Sakristan. Sie setzte sich neben ihn auf die Bank und redete auf ihn ein. Dann telefonierte sie mit ihrem Smartphone und reichte das Gerät dem Priester weiter. Forte wachte aus seiner Schockstarre auf. Er versuchte sich das Gesicht des Mannes einzuprägen, der ihm den Umschlag gegeben hatte. Wie sah der Anführer der Uniformierten aus? Er hatte von der Brutalität der brasilianischen Polizei gelesen. Nahm man dort keine Rücksicht auf heilige Orte? Wo war Barbara Schuster? Sie sprach im Altarraum mit einer älteren Frau. Als er neben ihr stand, sah er, dass sie kreidebleich war.

„Was hat der Mann geschrien“, fragte Forte.

„Er hat um Hilfe gerufen. Hilfe, sie wollen mich umbringen oder so ähnlich.“ Sie schüttelte den Kopf. „Keine Polizei.“

Forte murmelte: „Ich hatte solche Angst. Ein brasilianischer Schriftsteller hat bei der Buchmesse vor einem Jahr gesagt, man muss in Brasilien mehr die Polizei als den Dieb fürchten. An den Satz musste ich denken.“

Die Deutsche sah ihn an. „Sind Sie sicher, dass es die staatliche Polizei war? Warum rief der Mann dann ‚keine Polizei‘?“

Forte wollte nur noch raus. „Kommen Sie, wir gehen! Wenn wir warten bis die Polizei kommt, fliegt das Flugzeug ohne uns ab.“

Schuster zögerte. Sie ging zu dem Priester, der sich aufgebracht mit dem Sakristan und zwei Frauen unterhielt und gab ihm ihre Visitenkarte. Nebeneinander verließen sie die Kirche. Auf der anderen Straßenseite sahen sie die Busstation. Als sie in den Express-Bus zum Flughafen einstiegen, fuhren zwei schwarze Fahrzeuge der Polícia Militar mit hoher Geschwindigkeit und Blaulicht auf den Vorplatz der Kathedrale. Fünf bewaffnete Polizisten in Schutzwesten liefen im Laufschritt zum Eingang der Basilika. Sie trugen die gleichen Uniformen wie die Männer, die den Fremden abgeführt hatten. In der linken Seitentasche seiner Jacke spürte Forte den Umschlag.

Gol

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