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Kapitel 8
Donnerstag, 5. Juni, nachmittags, Rua Brigadeiro Tobias

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Gil teilte sich ein kleines Büro mit Komirowski. Die Schreibtische standen nur ein Meter voneinander entfernt. Sie konnte das Parfüm ihrer Kollegin riechen. In ihrer Schreibtischschublade hatte Gil noch ein Lutschbonbon gefunden. Sie fuhr ihren Computer hoch und blätterte zerstreut durch die Papiere, die auf ihrem Tisch lagen. Ein Briefumschlag erregte ihre Aufmerksamkeit. Als sie den Umschlag öffnete, hielt sie den Obduktionsbericht der Toten aus dem Fußballstadion in den Händen. Für den Fall war Duarte zuständig, doch João Russo hatte aus alter Gewohnheit ihr die Ergebnisse der Pathologie zugeleitet. Zunächst wollte sie den Bericht ungelesen in einen neuen Umschlag stecken und an ihren alten Chef adressieren. Dann siegte ihre Neugierde.

Die Frau war mit einer Walther P 22 aus einem Abstand von 150 cm erschossen worden. Das zeigten die Hautveränderungen auf der Einschussstelle. Die Waffe war auf der ganzen Welt bei Gangstern beliebt. Der Pathologe vermutete den Todeszeitpunkt am 29. Mai zwischen 20 und 1 Uhr am 30. Mai. Der Fundort der Leiche war nicht der Ort ihrer Ermordung. Die Frau war 168 cm groß und Anfang 20. Ungewöhnlich war, dass sie schon dreimal schwanger war. Ein Kind war auf dem normalen Weg zur Welt gekommen, zwei Kinder per Kaiserschnitt. Auch in Brasilien kam es nicht häufig vor, dass eine Frau mit vielleicht 22 Jahren drei Kinder austrug. Das kleine Tattoo mit den kelchförmigen Händen und dem Kreuz war etwa 5 cm groß und schon mehrere Jahre auf dem Körper der jungen Frau. Die Tote war sorgfältig gesäubert worden. Auf ihrer Hose hatte die Spurensicherung drei kleine Blutspritzer gefunden. Das Blut stammte nicht von der Toten. Das konnte ein erster Hinweis auf den Täter sein. Die Fußballer der beiden Erwachsenenmannschaften waren befragt worden. Niemand kannte die Tote.

Bei den Papieren fand sie das Vernehmungsprotokoll mit dem Präsidenten von Juventus São Paulo. Es handelte sich um den Geschäftsmann Walter Buda, der auch im Präsidium des brasilianischen Fußballverbandes saß. Seine Firma war am Bau zweier WM-Stadien beteiligt.

Vernehmung mit Walter Buda, am 4. Juni in seinem Büro durch Capitão Duarte.

Duarte: „Sie haben gehört, dass auf dem Rasen des Estadio Conde eine tote junge Frau lag. Hier ist ein Foto von der Toten.“

Buda: „Ja, der Platzwart des Vereins hat mich über diesen tragischen Fall informiert. Haben Sie schon den Täter?“

Duarte: „Leider nein, deshalb will ich Sie als Zeugen vernehmen. Bitte schauen Sie sich das Foto an. Kennen Sie die Tote?“

Buda schüttelt den Kopf. „Ich habe diese Frau noch nie gesehen.“

Duarte: „Haben Sie eine Idee, weshalb sie auf den Rasen Ihres Stadions gelegt wurde?“

Buda: „Da kann ich leider nichts sagen. Ich denke, es ist Sache der Polizei das herauszufinden.“

Duarte: „Natürlich. Haben Sie mit irgendjemand Ärger?“

Buda lachte. „Ach so, Sie meinen eine Rache oder so etwas. Haben Sie schon die Spieler gefragt, ob jemand das Mädchen kannte? Das halte ich für eher wahrscheinlich...“

Duarte: „Haben Sie einen bestimmten Spieler in Verdacht? Hatte ein Fußballer private Probleme?“

Buda: „Ich möchte nicht falsch verstanden werden. Ich will niemanden verdächtigen. Nur so eine blonde hübsche junge Frau. Das könnte wirklich etwas mit einem Fußballer zu tun haben.“

Duarte: Nochmals, haben Sie eine Vermutung, warum die Frau im Stadion lag?“

Buda schüttelte den Kopf.

Das Gespräch endete nach 15 Minuten.

Gil schob die Vernehmung und die übrigen Berichte in den Umschlag zurück. Sie schrieb die Adresse ihrer alten Polizeistation mit einem Kugelschreiber darauf. Vielleicht wäre es besser, diesen Mordfall aufzuklären als gestohlene Fußball-Pokale zu jagen. Sie beschloss João Russo in einer Woche anzurufen und sich beiläufig nach dem Stand der Ermittlungen zu erkundigen.

Gol

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