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KAPITEL 8
ОглавлениеEMILY
Der Morgen war etwas kühler als in den vergangenen Tagen. Der Sand war nicht so warm wie sonst und das Wasser des Meeres ließ eine Kälte durch mich ziehen, als es meine Füße berührte. Hinter mir ging die Sonne auf und ließ nur ein paar Lichtstrahlen irgendwo durch den Königspalast erscheinen, sodass ich den ganzen Schatten des Palastes über mir hatte. Aber es machte mir nichts aus, denn ich genoß den Anblick des Meeres. Mein Blick wanderte nach links und ich dachte darüber nach, dass dort das Königreich meines Vaters lag.
Anders als bei der Herfahrt vor drei Jahren würden wir nicht den Petschora Fluss mit dem Schiff überqueren, sondern übers Meer reisen. Somit mussten wir nicht das ganze Königreich durchqueren. Aber würde ich mit König Elijah gehen?
Ich hatte die ganze Nacht hindurch gefiebert, um eine Entscheidung zu treffen, dennoch war ich nun hier und wusste nicht, ob es die richtige sei.
In wenigen Stunden würde ich König Elijah meine Wahl mitteilen müssen. Ich setzte mich auf den nasskalten Sand und es war mir egal, ob mein Hintern dabei abfrieren würde. Ich musste endlich zur Ruhe kommen und mir bewusst werden, was ich für meine Zukunft wollte und auch für die Zukunft des Volkes im Königreich meines Vaters.
Während ich dasaß und auf das Meer blickte, entdeckten meine Finger eine Muschel, die im Sand vergraben war. Ich nahm sie in meine Hand und betrachtete sie gedankenverloren. Plötzlich merkte ich eine Rosafärbung in der Innenseite, die ein wenig einer Rose glich.
Sofort kam mir die Erinnerung an den Namen, den Lucian mir gegeben hatte. Rosenschwan. Mein Herz schlug schneller, als ich daran dachte, wie er dieses Wort immer gesagt hatte. Wie es über seine Lippen kam. Auch die Worte, die er mir zum Abschied sagte, durchflogen meinen Kopf.
„Du bist eine Kämpferin. Eine tapfere junge Frau. Du wirst so vieles in deinem Leben erreichen. Ohne mich.“ Die Worte stachen wie Pfeile in mein Herz. Ich wollte nicht vieles erreichen und schon gar nicht ohne ihn. Doch es waren drei Jahre vergangen und er hatte sich nie wieder blicken lassen. Bestimmt hatte er bereits eine Frau und ein Kind. Und ich? Nun, ich war ein dummes, naives Kind in ihrem 20. Lebensjahr, das einem Mann hinterhertrauerte, den es nicht haben konnte. Ich sollte selbst schon vermählt sein, denn mit jedem Jahr wurde ich zu alt, um jemanden zu treffen, der mich wollte. Doch ich hatte mir immer geschworen, nur die wahre Liebe zu heiraten. Als ich dachte, ich hätte sie gefunden, da glitt sie mir förmlich aus der Hand.
Tränen rollten über meine Wangen. Tränen der Trauer, des Verlustes, der Sehnsucht und der Wut. Alles, was ich nach all den Jahren immer noch für Lucian empfand.
Ich warf die Muschel ins Meer und sah, wie sie im Meer versank. Da schoß mir ein Gedanke durch den Kopf, dass ich eines Tages ganz genau wie diese Muschel in meinen Gefühlen versinken würde. Ich musste etwas ändern und mich nicht mehr von dem Trübsal und meinem eigenen Mitleid hinunterreißen lassen. Ich floh damals, um meine Freiheit zu erlangen und den Mann meiner Wahl zu heiraten. Wenn dies nicht Lucian war, dann würde ich den richtigen eines Tages begegnen. Als Königin hatte ich immerhin die Freiheit, den Mann zu heiraten, den ich wollte. Auch wenn dieser Gedanke egoistisch war, aber ich wollte niemanden heiraten, der nicht meine Liebe erwiderte.
Mit einem Ruck stand ich auf und klopfte den nasskalten Sand von meinem Hintern.
„Ich werde es tun. Auch wenn es vielleicht in wenigen Tagen mein Leben kosten wird, so hätte ich mich zumindest meiner größten Angst gestellt: meinem Vater“, sagte ich in einem starken Ton zu mir selbst, damit ich dieses Resultat meiner Gedanken nicht wieder versuchen würde zu verdrängen.
Ich eilte zum Königspalast und direkt in König Elijahs Thronsaal, ohne mich vorher anzukünden. Ich musste ihm diese Entscheidung jetzt sofort mitteilen, denn ich befürchtete, dass ich sie jede Sekunde wieder zurücknehmen könnte.
Als König Elijah sich gerade mit Königin Gerda unterhielt und niemand sonst im Saal, bis auf zwei Wachen, zu sehen war, platzte es aus mir heraus.
„Ich tu es. Ich, Prinzessin Emilianda, Tochter des Königs Friedrich von Grafenburg, mache meinen Anspruch auf den Thron geltend, der mir durch mein Geburtsrecht zusteht. Mögen die Götter Erbarmen mit mir haben und meinem Vater ein reines Herz schenken, dass er mich nicht für meine Taten hängen lässt.“ Ich holte tief Luft, denn eine bitterliche Angst überkam mich. So vieles würde sich nun ändern.
Gerda sah mich beinahe schockiert an und König Elijah starrte mich kurz an, als hätte er Angst, ich würde meine Entscheidung umgehend zurücknehmen. Dann aber klatschte er in die Hände und lächelte überaus zufrieden.
„Herzlichen Glückwunsch. Deine Entscheidung hätte nicht besser sein können, Prinzessin Emilianda von Grafenburg. Deine Worte waren die einer Königin. Wache! Lasst die Bediensteten einen Wein bringen! Darauf müssen wir anstoßen. Auf eine neue Königin, die lange regieren wird.“ Er kam auf mich zu und umarmte mich. Auch Gerda eilte an meine Seite und beglückwünschte mich.
Ob ich nun tatsächlich eine weise Entscheidung getroffen hatte oder in wenigen Tagen mit dem Tod dafür bezahlen würde, das wussten nur die Götter.