Читать книгу Isegrim - G.A. HARDER - Страница 9
KAPITEL 4
ОглавлениеLUCIAN
Seit zwei Tagen war ich nun schon hinter Sir Ludwig her. Gestern Nacht hatte ich ihn dann in einem Wirtshaus im kleinen Dorf Tüchersfeld ausfindig gemacht.
Um jedoch nicht zu großes Aufsehen zu erregen, wartete ich am anderen Ende des Dorfes, bis er am darauffolgenden Morgen seinen Weg weiterführte. Im Wald würde es kaum bemerkbar für andere sein, dass ich ihn töte.
Obwohl ihn zwei seiner persönlichen Wachen begleiteten, würde es wohl kaum ein großer Kampf werden.
Aus der Ferne sah ich drei Reiter, die auf der Straße in den Wald Richtung des Königreichs von König Adelbrecht ritten.
Ich stand hinter einen Baum im Wald, sodass sie mich von weitem nicht sehen konnten. Meine schwarze Kleidung tarnte mich gut in den Nadelwäldern, denn die Sonne kam kaum durch die hohen Tannen bis auf den moosbedeckten Boden des Waldes.
Als ich erkannte, dass es sich tatsächlich um Sir Ludwig und seine Wachen handelte, trat ich zu meinem Hengst und stieg in den Sattel.
Ich beeilte mich, um ihnen inmitten des Waldes den Weg zu versperren. Hoffentlich kamen keine Wanderer. Aber selbst wenn, sie würden sich nicht einmischen, da war ich mir sicher.
Als ich eine passende Stelle gleich nach einer leichten Kurve fand, lenkte ich meinen Hengst auf die Straße und stieg ab. Ich stellte sicher, dass mein Ersatzmesser in meinem Stiefel steckte und zog dann mein Schwert. Mein Hengst schnaufte kurz und scharrte mit seinem rechten Vorderhuf. Er wusste bereits, was geschah, wenn ich mein Schwert zog. Hier würde nur ein Mensch lebend die Straße verlassen. Und das war ich.
Es war eine Überraschung für Sir Ludwig, als er um die Kurve kam und mich erblickte. Seine Wachen ritten sofort einige Schritte vor ihm.
Erst, als er mich kurz anstarrte, erkannte er das Abzeichen an meinem Hengst.
„Er ist der Königliche Occisor! Tötet ihn!“, schrie er und die Wachen zögerten keinen Augenblick, bevor sie auf mich zustürmten.
Der erste zog sein Schwert und richtete es auf mich, jedoch war ich schnell genug einen Schritt zur Seite zu springen, sodass er mich verfehlte und an mir vorbeischoß. Der zweite Ritter war etwas überrascht über die Verfehlung des ersten und somit hatte er sein Schwert nicht konzentriert genug auf mich gerichtet. Ich schwang mein Schwert in die Höhe seiner Hüften und fühlte, wie die Klinge durch seinen Stoff schnitt. Da er ein Kettenhemd trug, wurde er nicht verletzt, fiel jedoch von seinem Pferd und versuchte sich mühselig aufzurappeln. Zwecklos. Denn bevor sein Körper aufrecht stand, durchbohrte meine Klinge seine Brust und zwei aufgerissene Augen starrten mich fassungslos an.
Hinter mir hörte ich die Hufschläge des anderen Ritters, der nun wieder auf mich zukam. Er sprang von seinem Pferd, bevor er mich erreichte und grinste mich schief an, als hätte er eine bessere Chance, wenn er mich in Augenhöhe bekämpfte.
Aus meinem Augenwinkel sah ich Sir Ludwig ungeduldig in seinem Sattel hin und her rutschen, jedoch nicht fliehen.
Ich stellte mich aufrecht hin, denn ich fürchtete mich nicht vor dem Mann, der mich immer noch blöd angrinste und sein Schwert auf mich richtete. Sein Körper war angespannt, im Gegensatz zu mir, denn ich wusste, er war keine Bedrohung für mich.
Ich wartete einfach ab, bis er seinen ersten Schritt machte und auf mich zukam. Als sein Schwert nur eine Handbreit von meiner Brust entfernt war, schlug ich mein Schwert als Abwehr gegen seines und somit stolperte er an mir vorbei, während ich mich umdrehte und meine Klinge quer über seinen Rücken zog. Er schrie auf vor Schmerzen und Blut tränkte sein Hemd.
Gut. Ich hatte sein Kettenhemd durchtrennt. Mit einer schwungvollen Bewegung drehte ich mich in einem Halbkreis zu dem Ritter, der sich nun hinter mir befand, und rammte mein Schwert mit voller Kraft in seinen Rücken, sodass es seinen Oberkörper durchbohrte.
Einige Meter entfernt sah ich Sir Ludwig, der es nun mit der Angst zu tun bekommen hatte. Anstatt dass er versuchte mich anzugreifen und zu töten, zwang er sein Pferd umzukehren und gab ihm die Sporen, damit er vor mir fliehen konnte.
„So ein Feigling“, brummte ich, nahm das Messer aus meinem Stiefel und machte mich wurfbereit. Als das Messer durch die Luft flog und es in das linke Schulterblatt von Sir Ludwig drang, schrie er auf vor Schmerzen. Sein Pferd wurde so unruhig, dass es ihn daraufhin abwarf und er unsanft auf den Boden knallte.
Zufrieden lächelte ich. Schon zu lange hatte ich keine Messerwurf-Übungen mehr gemacht. Wie es jedoch schien, hatte ich in der Zwischenzeit nichts verlernt.
Ich stapfte auf ihn zu und er versuchte vergeblich sich in Sicherheit zu bringen.
Ich trat mit meinem rechten Fuß auf seine linke Schulter, sodass sich das Messer nur noch tiefer in ihn bohrte. Qualvolle Schmerzen zeichneten sein Gesicht. Im Gegensatz zu mir. Denn dieser Anblick brachte das Blut in mir auf eine zufriedenstellende Art und Weise zum Kochen. Es war eines der wenigen Dinge, die mich in den letzten drei Jahren meine Gedanken an Emily löschen ließen. Deshalb genoss ich jede Sekunde und berauschte mich an dem Kampf.
„Ich schätze, König Adelbrecht wird noch sehr lange auf eine Nachricht von Ihnen warten“, sagte ich in einem abwertenden Ton. Ich verabscheute nämlich Leute wie ihn. Verräter.
„Er ist ein König, der auch dieses Königreich besitzen sollte“, röchelte er und verzog sein Gesicht vor Schmerzen. „Was glaubst du denn, was geschehen wird, wenn der König ohne Nachfolger stirbt? König Adelbrecht wird der rechtmäßige König werden und dich ...“, er verzog erneut sein Gesicht, als ich die Spitze meines Schwertes an seine Kehle drückte. „... dich wird er persönlich hinrichten. Es sei denn ...“
„Es sei denn, was? Hm? Na, sagt schon! Ihr seid der Meinung, ich soll mich Eurem herzlosen, egoistischen und arroganten König hingeben? Ich soll ihm dienen und ihm die Treue schwören?“ Ich drückte das Schwert fester an seine Kehle, sodass sich ein Blutstropfen bildete.
Er versuchte spöttisch zu lachen.
„Du bist doch selbst dafür verantwortlich, dass dieses Königreich keinen Nachkommen hat. Du bist es ja, der die Königstochter auf seine Anweisung hin getötet hat. Tja, Pech für dich! Denn es gibt kein Nachkomme mehr für dieses Königreich und König Adelbrecht wird es einnehmen.“
Ich lächelte ihn an, ging auf die Knie, während ich das Schwert immer noch an seine Kehle drückte und beugte mich vor zu seinem Ohr. Ganz leise und mit vollem Spott flüsterte ich: „Ich erzähle Euch ein Geheimnis, das nur ich alleine aus diesem ganzen Königreich weiß. Nämlich, dass ich die Prinzessin gar nicht getötet habe, sondern ihr zur Flucht verhalf. Möglicherweise ist das Königreich mir eines Tages dankbar dafür.“
Es tat gut, es endlich jemandem zu sagen, auch wenn es mein Feind war. Aber endlich die Wahrheit auszusprechen, löste ein wenig Freiheit in mir aus. Sir Ludwig starrte mich mit aufgerissenen Augen an.
„Dafür wird selbst dein König dich hinrichten lassen!“, erbebte seine Stimme und ich wusste, dass seinen Worten in Stück Wahrheit lag.
„Mag sein. Aber das werdet Ihr leider nicht mehr erleben.“ Ich stand auf und stach das Schwert in seine Brust, knapp neben dem Herzen. Er hatte keinen schnellen Tod verdient, sondern ich wollte ihn leiden lassen. Ich trat einen Schritt zurück und setzte mich in die Hocke, um ihm beim Verbluten zuzusehen. Ein paar Male versuchte er noch, etwas zu sagen, doch das Blut füllte seinen Rachen und irgendwann verschwand der Glanz in seinen Augen.
Zufriedenstellend überprüfte ich, ob er tot war. Um sicher zu gehen, stach ich dennoch mit meinem Schwert in sein Herz.
Ich weiß nicht, ob es das aufgekochte Blut in mir war, das mich dies machen ließ, oder die Befürchtung, dass ich ihm ein so großes Geheimnis anvertraut hatte, was nicht nur mir, sondern auch Emily das Leben kosten könnte, wenn er es überleben würde.
Danach riss ich sein Adels-Abzeichen von seinem Umhang, als Beweis für den König und machte mich auf den Rückweg zum Schloss.