Читать книгу Grüwig das Buch - Gabriela Beyeler - Страница 23
Martin
ОглавлениеIm Jahre 1984, befand ich mich im zweiten Lehrjahr. Ich kam von Solothurn nach Hause und wurde am Bahnhof Gossau von Dieter erwartet. Wir begrüssten uns und ich bemerkte, dass etwas nicht stimmte. Es vergingen zwei bis drei Minuten, bis er damit rausrückte, dass sich Martin letzte Nacht erschossen habe. Ich war geschockt! Silvia hörte am Freitagmorgen in der Küche einen Knall. Sie ging nach oben nachschauen und fand ihren kleinen Bruder in seinem Bett, unter der Decke tot vor. Das muss ein schlimmer Anblick gewesen sein, doch sie sprach bis heute nicht darüber. Niemand wusste, warum er das tat. Niemand kannte seine Ohnmacht. Es gab für uns keine Anzeichen dafür. Er war so ein liebenswürdiger Junge, offen und kontaktfreudig! Er hatte Monate zuvor seine Lehre als Koch abgebrochen. Ich wusste, dass er diesen Beruf nur wählte um seiner Mutter zu gefallen. Nicht lange danach, nahm er die volle Kasse von zu Hause an sich und haute ab nach Spanien, mit einem seiner Kollegen. Die Eltern fuhren mit derer Vermutung nach Spanien und haben ihn nach einer aufwendigen Suche in Alicante aufgegriffen,. Und nun, etwa ein halbes Jahr darauf sein Tod. Ich weinte an diesem Abend und auch in den kommenden Tagen. Es war einfach traurig und unbegreiflich. Man wusste, dass er Kontakt zu seltsamen Kollegen in Waldstatt pflegte und das diese vielleicht etwas mit Drogen zu tun hatten, doch das waren alles Vermutungen. Dieter knüpfte sich diesen und jenen vor, all jene, mit denen er zuletzt noch in Kontakt war, doch es brachte nichts. Meine Mutter, ich und wahrscheinlich auch Sascha, fuhren mit Dieter an die Beerdigung. Ich weiss heute noch, was für ein Lied im Auto lief. Es war von Kate Bush und hiess: „Running up the hill“. Der Sarg war geschlossen. Nach der Beerdigung wurden wir zum Leidmahl ins Restaurant Kreuz eingeladen. Ich empfand diese Zusammenkunft damals als etwas widerwärtiges. Niemand hatte von ihm gesprochen, man tat so, als ob nichts passiert wäre, so kam es mir zumindest vor. Später hatte ich ein Gespräch mit Claudia, die vor seinem Tod immer noch seine Freundin war, nebst anderen, wie ich erfuhr. Sie war am Abend zuvor noch mit ihm zusammen. Sie erzählte mir, dass er Andeutungen machte. Sie fühlte sich von ihm verletzt und hintergangen.