Читать книгу Grüwig das Buch - Gabriela Beyeler - Страница 32

Dr. Weber

Оглавление

Wir bekamen von Cyrill`s Kinderarzt in Herisau eine Einladung. Er nahm sich an einem Abend Zeit für uns. Dieser Mann hiess Dr. Weber. Sein Wartezimmer war tagsüber immerzu voll. Man wartete lange, doch wenn man dann endlich an die Reihe kam, nahm er sich Zeit und das schätzte ich an diesem Mann. An diesem Abend sprachen wir über Cyrill`s Tod und unseren Gefühlen. Er klärte uns auf, über den noch nicht wirklich erforschten Krippentod. Er erzählte uns, was die Forschung bislang alles vermutete, weshalb eines von tausend Kindern jährlich auf unerklärliche Weise stirbt. Die Grundlegenden Kriterien trafen bei uns schon mal nicht zu. Ich war weder allzu jung, noch zu alt und auch war ich keine Raucherin. Mehr als 90 % der betroffenen Kinder sind Knaben. Der häufigste Monat in dem die Kinder sterben, ist nach Statistik mit vier Monaten, dann mit sechs Monaten und danach nimmt es langsam ab. Wenn das Kind seinen ersten Geburtstag feiern kann, ist die grösste Gefahr gebannt. Doch keine Regel ohne Ausnahme, denn es gab schon Babys, die starben noch mit achtzehn Monaten! Cyrill starb mit knapp vier Monaten, am 26. Juni. Eine Forschungsarbeit vermutete, dass der Atemreflex bei diesen Babys noch nicht ausgereift sei, weil es Kinder bis zu einem Jahr betraf. Wenn man einem schlafenden Erwachsenen die Nase zuhält, dann vergehen einige Sekunden und er fängt sich an zu wehren und holt tief Luft. Man vermutete nun, dass bei den Babys eben dieser Reflex nicht bestünde oder noch nicht bei allen ausgereift sei. Man weiss, dass die Atmung eines Babys bis zum ersten Geburtstag sehr unstabil ist und übrigens auch den Herzrhythmus. Man muss sich vorstellen, dass im ersten Lebensjahr der menschliche Körper am schnellsten wächst. Übrigens ist das auch der Grund, warum man einem Baby in den ersten zwei Jahren keinen Hustensaft geben darf, weil er die Atmung beeinflussen kann! In den meisten Hustensäften befindet sich nämlich Alkohol. Dann vermuteten die Forscher, dass es sein könnte, dass der Sauerstoff im Körper aus unerklärlichen Gründen einfach absinkt und das Kind dann daran stirbt. Diese Informationen waren sehr wichtig für mich, damit ich mir vorstellen konnte, warum mein Kind gestorben ist. Denn die Ungewissheit, war am schlimmsten, nebst dem Verlustschmerz. Es hilft tatsächlich, wenn man benennen kann, woran jemand gestorben ist. Der Arzt setzte uns auch ins Bewusstsein, dass man hier in Europa einfach davon ausginge, dass ein Kind gross und erwachsen werde. Er nannte den Vergleich mit Afrika, wo mehrere Kinder einer Mutter an banalem Hunger stürben. Dieses Gespräch mit diesem Mann tat mir echt gut und ich bin ihm bis heute dankbar! Es gab einige Menschen, die uns mit gut gemeinten Worten trösten wollten, doch einer dieser immer wiederkehrenden Sätze nervte mich gewaltig: „Ihr seid ja noch jung, ihr könnt wieder Kinder kriegen!“ Das war lediglich eine Tatsache, doch für mich keinerlei Trost!

Ich wünschte mir nachts im Bett, dass mir Gott ein Kind, einen Jungen schenken möge und wenn er auch noch so ein „schnöderlig“ sein mochte, Hauptsache ich konnte mich wieder an einem Kind erfreuen. Diesmal zeugten wir bewusst unser Wunschkind. Kaum gewünscht, so wuchs das kleine Wesen heran. Ich war so glücklich und zählte schon die Wochen und Tage bis wir wieder eine Familie wären. Ich arbeitete immer noch bei Waldner um dazuzuverdienen. Wir kauften ein Kinderbettchen im Secondhand „Pinoccio“ in Romanshorn, denn die Wiege kam für uns nicht mehr in Frage. Dafür leisteten wir uns einen neuen Kinderwagen in hellgrauer Farbe. In dieser Zeit wechselte Dieter seinen Job von der „Fluora Leuchten“ in Herisau zu der Firma „Knupp“ in Oberbüren. Er arbeitete dort ebenfalls im Lager. Er kam mit seinem Chef gut aus und die beiden trafen sich auch privat. Später besuchten wir ihn, seine Frau und die Kinder. Sie wohnten auch in Zihlschlacht. Luca, so der Vorname seines Chefs, übte das Hobby Lenkdrachenfliegen aus und begeisterte auch Dieter damit. Später nähte ich zwei dieser Dinger und das war nicht ganz einfach, schon wegen des rutschigen Stoffes.

Grüwig das Buch

Подняться наверх