Читать книгу Zeuge und Aussagepsychologie - Gabriele Jansen - Страница 44

cc) Mitbeschuldigter

Оглавление

73

Besondere Aufmerksamkeit verdient die Entscheidung des 5. Strafsenats aus dem Jahr 1999, BGH [5 StR 252/99][154] in der die Prüfung der Aussageentstehungsgeschichte – soweit hier erkennbar – erstmalig in einem Schwurgerichtsverfahren bei einem Mitbeschuldigten für erforderlich erachtet wurde. Es ging um die Beurteilung eines Wechsels der Inhalte in den Angaben eines Mitbeschuldigten. Dabei kam der Prüfung der Alternativhypothese, ob die Aussage des Mitbeschuldigten auch anders als durch tatsächliches eigenes Erleben erklärbar ist, besondere Bedeutung zu.

Geständnis des Mitbeschuldigten. Spätestens mit der 2002 ergangenen Entscheidung des 1. Strafsenats [1 StR 464/02][155] hat die Prüfung der Aussageentstehung auch in Wirtschaftsstrafverfahren Einzug gehalten.

Solche zeichnen sich vielfach – vor allem im Korruptionsbereich – vor allem dadurch aus, dass meist keine (neutralen) Zeugen als Beweismittel zur Verfügung stehen, sondern sich die Ermittlungen wesentlich bzw. ausschließlich auf Angaben von Mitbeschuldigten stützen. Häufig werden derlei Verfahren mit Geständnissen im Deal-Wege beendet.

Maßgeblich für die Glaubhaftigkeitsprüfung des Geständnisses ist seine Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte, also „das Zustandekommen, der Inhalt und ggf. das Scheitern einer verfahrensbeendenden Absprache“.

Der BGH [1 StR 370/07][156] hat die Bedeutung der Entstehungsgeschichte in einer Nachfolgeentscheidung noch einmal bekräftigt.

74

Prüfung der Entstehungsgeschichte des Deals

Zustandekommen
Inhalt
Scheitern

Das führt zu vielerlei prozessual interessanten Fragestellungen. In der Konsequenz müssen alle an der Absprache Beteiligten als Zeugen gehört werden. Waren in dem Verfahren gegen den ehemaligen Mitbeschuldigten und jetzigen Belastungszeugen dieselben Richter beteiligt, so stellt sich im Rahmen der Rekonstruktion das Problem der Vernehmung der erkennenden Richter als Zeugen. Diese müssten ihre eigenen Angaben über das Zustandekommen der Absprache würdigen. Das ist nach § 22 Nr. 5 StPO unzulässig. Ihre Vernehmung kann zu Recht nicht durch dienstliche Erklärungen „ersetzt“ werden – das hat der BGH[157] klargestellt.

Nach wie vor finden sich z. B. keine aussagepsychologischen Entscheidungen zur Qualität der Aussagen Mitbeschuldigter in Wirtschafts-/Korruptionsverfahren, in denen typischerweise[158] Beschuldigte die Entlassung aus der Untersuchungshaft nicht nur mit der Selbstbezichtigung, sondern erst mit der Beschuldigung eines anderen erzielen können.

Zeuge und Aussagepsychologie

Подняться наверх