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Die Münzprägung

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Obwohl wir den zeitlichen Abläufen vorauseilen, müssen wir als Nächstes das Konsortium betrachten, dass gegründet worden war, um ein Jahr lang in Böhmen, Mähren und Oberösterreich die Anstalten für die Münzprägung zu betreiben, beginnend mit dem 1. Februar 1622.4 Dies wurde damals sowie für die spätere Geschichtsschreibung zu einer berühmten Kontroverse, außerdem sah man darin die Ursache für die Inflation zu dieser Zeit. Der Vermutung nach hatten die Beteiligten derartig große Gewinne gemacht, dass dies eine Untersuchung der finanziellen Angelegenheiten Liechtensteins durch die kaiserliche Hofkammer auslöste, die auch mehr als 40 Jahre danach noch lief.5 Das Konzept war einfach genug, und der Urheber war vielleicht Paul von Michna, Leiter des böhmischen Schatzamts, der auch selbst Mitglied des Konsortiums wurde. Weil der Krieg weiterging, brauchte die Regierung dringend Geld, aber obwohl der Gewinn aus der Münzprägung eine traditionelle Quelle von Staatseinkünften war, lief dies damals nicht gut, denn Silber war knapp, und der Preis stieg wegen der herrschenden inflatorischen Bedingungen. Eine Reihe von Verminderungen des Silbergehalts der Münzen löste weder das Problem noch garantierte es zuverlässige Erträge. Eine Privatisierung, wie es heutzutage heißt, schien eine Antwort zu sein. Unternehmer sollten gegen garantierte wöchentliche Zahlungen an das Schatzamt Silber erhalten, die Münzen prägen und in Verkehr bringen. Finanziers zur Umsetzung des Plans wurden gefunden. An der Spitze stand Hans de Witte, Böhmens führender Bankier und Leiter des Konsortiums, dazu stieß Jakob Bassevi, Kaufmann aus Prag und Silberhändler. Es bedurfte auch beeindruckender Namen, um Ansehen, Kontakte und Einfluss beizusteuern; neben von Liechtenstein waren dies Michna und Wallenstein, der damals gerade zum Obersten von Prag berufen worden war. Hinter ihnen verborgen standen zehn andere, deren Namen nicht definitiv übermittelt sind, die höchstwahrscheinlich aber über gute Beziehungen zum kaiserlichen Hof verfügten.

Das Konsortium trug sicherlich nicht die Hauptverantwortung für die berüchtigte, schwerwiegende Inflation während der sogenannten Kipper- und Wipperzeit. Die war schon lange vor Gründung des Konsortiums im Gange. Beweis dafür sind die vorhergehenden Verringerungen des Silbergehalts der Münzen in Böhmen, eine von ihnen fiel in die kurzlebige Regierung von Friedrich, insgesamt waren es 1621 nicht weniger als drei. Dadurch stieg die Anzahl von Gulden, die aus einer Mark Silber (einer Gewichtseinheit) geprägt wurden, und zwar erst von 19 auf 27, danach auf 39, weiter auf 46 und noch einmal auf 78. Darüber hinaus verbreitete sich die Inflation auch ungebremst außerhalb und weit entfernt von Böhmen und Österreich und ist im Reich, von Sachsen nach Straßburg und überall südlich davon, gut dokumentiert.6 Als Ursache ist die wirtschaftliche Wirkung des Krieges bei weitem glaubhafter, auch haben die Handlungen der Regierungen, die den Silbergehalt der Währung verringerten, das Problem noch verschlimmert, denn damals wurde der Mechanismus der Inflation noch nicht vollständig erfasst. Das neue Konsortium übernahm in der Praxis die angegebene und bereits eingeführte Prägungsquote von 79 Gulden pro Mark Silber. Diese musste sowohl eine Zahlung von sechs Millionen Gulden an das Schatzamt für den Jahresvertrag decken, als auch den Unternehmern den nötigen Spielraum geben, um für sich selbst einen Gewinn zu erwirtschaften. Man hat behauptet, dass das Konsortium die Inflation durch eine Vermehrung der Geldmenge verschlimmerte, weil in dem Jahr 42 Millionen Gulden geprägt wurden, 30 Millionen davon in den ersten Monaten. Dem ist jedoch hinzuzufügen, dass die Hauptnachfrage für dieses Geld von der kaiserlichen Regierung selbst stammte. Natürlich musste das Konsortium die Münzen so schnell wie möglich in Umlauf bringen, denn die Verminderung ihres Silbergehalts war nicht nur eine Reaktion auf die Inflation, sondern auch eine ihrer Ursachen, ein typischer Teufelskreis. Folglich verursachte die Inflation eine Steigerung des Barpreises von Silber, der durch die hohe Nachfrage des Konsortiums noch mehr erhöht wurde. Um den Bedarf zu decken, mussten die Vertreter von de Witte Vorräte an den Finanzmärkten ganz Europas aufspüren. Lange vor Ablauf des Jahresvertrags war das Geschäft nicht mehr rentabel, und weil die Vertragsparteien sich nicht auf Bedingungen für eine Verlängerung einigen konnten, lief er im Februar 1623 aus. Im Dezember selbigen Jahres führte die Regierung eine Währungsreform durch, zog die wertgeminderten Münzen ein und gab zum Verhältnis von sechs zu einer neue aus, die ungefähr den ursprünglichen Silbergehalt hatten.7

Die amtliche Untersuchung beließ nur wenige Tabellen in den Archiven, die dubiosen Ursprungs und noch dazu widersprüchlich sind. Darum ist es nicht möglich, daraus zu festen Schlussfolgerungen über die Gewinne des Konsortiums zu kommen. Es scheint, dass die einzelnen Mitglieder Silber in unterschiedlichen Mengen lieferten, ihnen aber dafür ganz andere Durchschnittspreise gutgeschrieben wurden, denn die eindrucksvollen Namen erhielten für eine Mark Silber viel mehr als die wirklichen Herren des Geschäfts. Ihr eigener Gewinn ergab sich hauptsächlich daraus, was sie die Mark Silber gekostet hatte, und dieser Preis stieg mit der Inflation während des Jahres. Bei einer auf vernünftige Annahmen gegründeten Schätzung scheint es, dass der Vertrag auf einen erwarteten durchschnittlichen Silberpreis von ungefähr 55 Gulden pro Mark Silber ausgerichtet wurde. Am Anfang hingegen betrug dieser vielleicht 40 Gulden oder weniger, in den letzten Monaten offenbar mehr als die Prägungsquote von 79. De Witte lieferte mehr als 70 Prozent des Silbers und bekam durchschnittlich 78 Gulden pro Mark. Bassevi stellte wahrscheinlich kurz nach dem Anfang mehr als 25 Prozent und vermutlich vorwiegend Silberschrott, denn er empfing nur 46 Gulden pro Mark. Dennoch darf man als gesichert annehmen, dass sie einen ordentlichen Gewinn machten. Die anderen dreizehn Teilnehmer trugen insgesamt weniger als 3 Prozent des Silbers bei, jedoch erhielt Liechtenstein 569 Gulden pro Mark, etwa das Zehnfache seines mutmaßlichen Kaufpreises, die unbekannten zehn nur etwas weniger, durchschnittlich 440, und Michna 248 Gulden.8 Diese großzügigen Bezahlungen spiegelten selbstverständlich die politische Wichtigkeit der Zahlungsempfänger und nicht ihren praktischen Beitrag für das Konsortium wider und zeigen eine klare Hackordnung. Ganz gleich ob sie das Silber 40, 55 oder mehr als 79 Gulden pro Mark kostete, musste ein Vielfaches als Gewinn berechnet werden, beschränkt nur durch die relativ kleinen Mengen. Liechtenstein lieferte nur einen Bruchteil des Silbers, muss aber ungefähr 400.000 Gulden daran verdient haben.

Wallenstein lieferte viel mehr Silber als die anderen Nicht-Finanziers –mehr als sechsmal so viel wie Liechtenstein und mehr als die unbekannten zehn insgesamt, aber er bekam viel weniger dafür, nämlich lediglich 123 Gulden pro Mark, ein Preis, der darauf hinweist, dass er politisch noch ziemlich unbedeutend war. Eine mögliche Erklärung für seine größeren Lieferungen ist, dass er tatsächlich Silber zu verkaufen hatte. Silberne Tafelgeschirre und Bestecke waren damals bei Wohlhabenden sehr beliebt, sowohl als eine Art tragbarer Reichtum als auch, um ihn zur Schau zu stellen, und folglich wurden sie zu einer ebenso beliebten Art Kriegsbeute. Wahrscheinlich konnte Wallenstein Silber zusätzlich zu dem von ihm selbst erworbenen von anderen Offizieren kaufen. Seine 5.000 Mark Silber entsprechen einem Guthaben von 615.000 Gulden, nach Berücksichtigung des relevanten Teils der Prägekosten und der Gebühr des Schatzamts deutet dies auf einen Gewinn von etwa 290.000 Gulden hin, wenn er sein Silber zum angenommenen Durchschnittspreis von 55 Gulden pro Mark kaufte. Im Großen und Ganzen stimmt diese Zahl mit einer der Tabellen der amtlichen Untersuchung überein, die 240.000 Gulden als seinen Gewinn verzeichnet.9

Es ist vermutet worden, dass das Konsortium den Silbergehalt der Münzen sogar noch unter die vereinbarte Quote von 79 pro Mark senkte, doch das ist höchst unwahrscheinlich. Solche Betrügereien waren wohlbekannt, die Analyse des Silbergehalts einer Münze ist recht einfach durchzuführen, und die zuständigen Beamten waren sicherlich wachsam. Das Risiko wäre sowohl für die Finanziers als auch für die Personen mit klangvollem Namen zu hoch gewesen. Trotzdem ist es möglich, dass einige geringwertige Münzen weniger Silber enthielten, mutmaßlich aber dann durch einen kleineren Betrug an einer nachgeordneten Stufe in den Münzanstalten. Sonst hat das Konsortium anscheinend nichts Unredliches getan, obwohl es später sehr viel Ärger auf sich lenkte. Die Tatsachen besagen, dass die Mitglieder einen Vertrag mit dem Schatzamt abschlossen und ein Risiko mit Blick auf die Probleme eingingen, ausreichende Mengen Silber zu beschaffen und dessen Preisinflation abdecken zu können. Sie zahlten die vereinbarte Gebühr und machten anscheinend zusätzlich und ganz legal eine Menge Geld. Was Wallenstein betrifft, ist es unwahrscheinlich, dass er eine Rolle bei der Einsetzung oder der Leitung des Konsortiums spielte oder praktischen politischen Einfluss in seinem Interesse ausübte. Er hatte lediglich das Glück, zur rechten Zeit am richtigen Ort zu sein, die richtigen Kontakte zu haben – vor allem zu Liechtenstein – und die Aufforderung zu bekommen, sich am Konsortium zu beteiligen. Anders als behauptet wurde, war dies trotzdem keine bedeutende Quelle seines Reichtums. Ein Gewinn von etwa einer Viertel Million Gulden war zwar viel Geld, aber wie wir sehen werden, waren die Summen, die mit Wallensteins Grundbesitzgeschäft zu tun hatten, eine Größenklasse höher.

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