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Charackter einer mir bekannten Person2

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Ihr Körper ist so beschaffen, daß ihn auch ein schlechter Zeichner im dunckeln besser zeichnen würde, und stünde es in ihrem Vermögen, ihn zu ändern, so würde sie manchen Theilen weniger relief geben. Mit seiner Gesundheit ist dieser Mensch, ohnerachtet sie nicht die beste ist, doch noch immer so ziemlich zufrieden gewesen, er hat die Gabe, sich gesunde Tage zu Nutze zu machen, in einem hohen Grade. Seine Einbildungskrafft, seine treuste Gefährtin verläßt ihn alsdann nie, er steht hinter dem Fenster den Kopf zwischen die zwo Hände gestüzt, und wenn der vorbeygehende nichts als den melancholischen Kopfhencker sieht, so thut er sich offt das stille Bekenntniß, daß er im Vergnügen wieder ausgeschweift hat. Er hat nur wenige Freunde, eigentlich ist sein Hertz nur immer für einen gegenwärtigen, aber für mehrere Abwesende offen, seine Gefälligkeit macht daß viele glauben er sey ihr Freund, er dient ihnen auch aus Ehrgeitz, Menschenliebe, aber nicht aus dem Trieb der ihn zum Dienst seiner eigentlichen Freunde treibt. Geliebt hat er nur ein oder zweymal, das einemal nicht unglücklich, das anderemal aber glücklich, er gewann blos durch Munterkeit und Leichtsinn ein gutes Hertz, worüber er nun offt beyde vergißt, wird aber Munterkeit und Leichtsinn beständig als Eigenschafften seiner Seele verehren, die ihm die vergnügtesten Stunden seines Lebens verschafft haben, und könte er sich noch ein Leben und noch eine Seele wählen, so wüste ich nicht ob er andere wählen würde, wenn er die seinigen noch einmal wieder haben könte. Von der Religion hat er als Knabe schon sehr frey gedacht, nie aber eine Ehre darinn gesucht ein Freygeist zu seyn, aber auch keine darinn, alles ohne Ausnahme zu glauben. Er kan mit Inbrunst beten und hat nie den 90ten Psalm ohne ein erhabenes, unbeschreibliches Gefühl lesen können. Ehe denn die Berge worden pp ist für ihn unendlich mehr als: Sing unsterbliche Seele pp. Er weiß nicht was er mehr haßt, junge Officiers oder junge Prediger, mit keinen von beyden könte er lange leben. Für Assembleen sind sein Cörper und seine Kleider selten gut, und seine Gesinnungen selten….3 genug gewesen. Höher als drey Gerichte des Mittags und zwey des Abends mit etwas Wein, und niedriger als täglich Kartuffeln, Aepfel, Brod und auch etwas Wein, hofft er nie zu kommen, in beyden Fällen würde er unglücklich seyn, er ist noch allzeit kranck geworden, wenn er einige Tage ausser diesen Gräntzen gelebt hat. Lesen und schreiben ist für ihn so nöthig als Essen und Trincken, er hofft es wird ihm nie an Büchern fehlen. An den Tod denckt er sehr offt und nie mit Abscheu, er wünscht daß er an alles mit so vieler Gelassenheit dencken könte, und hofft sein Schöpfer wird dereinst sanfft ein Leben von ihm abfordern, von dem er zwar kein allzu ökonomischer, aber doch kein ruchloser Besitzer war.

Aphorismen – Sudeleien – Stichelreden

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