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018 JUDENPOGROME IM MITTELALTER

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Jüdische Kaufleute zogen bereits im frühen Mittelalter durch das heutige Österreich, dauerhafte Niederlassungen gab es aber noch nicht. Erst im ausgehenden 12. Jahrhundert wurde ein gewisser Schlom mit seiner Familie in Wien ansässig. Er arbeitete in verantwortungsvoller Position, nämlich als Münzmeister Herzog Leopolds V. Schlom besaß mehrere Grundstücke und gründete eine kleine Synagoge in der Seitenstettengasse, die 1204 erstmals in den Quellen genannt wird. Er selbst lebte zu jener Zeit nicht mehr, bereits acht Jahre zuvor waren er und 15 Mitglieder seines Haushalts von durchreisenden Kreuzfahrern ermordet worden. Er war der erste namentlich bekannte Jude, der in Österreich gewaltsam starb. Viele sollten folgen.

Freilich, die Geschichte des Judentums im Mittelalter ist nicht nur eine von Verfolgung und Vertreibung, sie kannte auch friedlich florierende Gemeinden, in denen die mosaische Gelehrsamkeit blühte. Doch es war brüchiger Boden, auf dem diese Gemeinden ruhten. Die Abneigung gegen das Volk der »Christusmörder« und »Messiasleugner« war groß. Ihre geheimnisvoll anmutenden Riten verstand man nicht, nahm sie vielmehr zum Anlass, alle möglichen Schauermärchen darüber zu verbreiten, die immer dann laut wurden, wenn man einen Vorwand suchte, gegen die jüdische Bevölkerung vorzugehen. Das Gerede über vermeintliche Ritualmorde und Hostienschändungen setzte sich so tief im kollektiven Unterbewusstsein fest, dass es sogar bis in die Gegenwart nachwirkt.

Neben dem religiös begründeten Hass bestanden handfeste wirtschaftliche Gründe für Ressentiments. Da ihnen Grundbesitz und Ackerbau verwehrt waren, verlegten sich Juden auf den Handel und auf Kreditgeschäfte, die den Christen damals verboten waren. Nicht zuletzt adelige Familien liehen sich Geld aus, wenn etwa ein Feldzug finanziert werden musste oder eine teure Mitgift, und auch Bürgerliche, ja sogar Klöster zählten zu den Schuldnern. Der Landesherr achtete in der Regel darauf, dass die Kredite zurückgezahlt wurden, unterstanden ihm die Judengemeinden doch direkt – und mit ihnen deren Vermögen. In der Judenordnung von 1244 und in herzoglichen Schutzbriefen wurden ihre Rechte garantiert. Vorsicht war dennoch angebracht, konnten Landesherren doch wankelmütig sein.

Die Ablehnung durch weite Teile der Bevölkerung entlud sich oft in regional begrenzten Pogromen. Allein in Niederösterreich kam es ab dem späten 13. Jahrhundert immer wieder zu Ausschreitungen, in Krems (1293), Laa an der Thaya (1294), Korneuburg (1305), St. Pölten (1306) oder in weiten Teilen des Wein- und Waldviertels, ausgehend von Pulkau (1338).


Eines der vielen blutigen Pogrome gegen Juden im Mittelalter, hier in Krems an der Donau

In fast ganz Europa erreichten die Pogrome rund um das Pestjahr 1348/49 einen Höhepunkt. Das Gerücht, Juden hätten die Brunnen vergiftet, um die Christenheit auszulöschen, machte die Runde, und der in apokalyptischer Endzeitstimmung fanatisierte Pöbel erschlug und verbrannte Zehntausende jüdische Männer, Frauen und Kinder. Auch in Tirol, Kärnten und Salzburg kam es zu Massakern.

Im Herzogtum Österreich blieb es verhältnismäßig ruhig, übte doch Albrecht II. seine Schutzfunktion energisch aus. Nur in Krems, Stein und Mautern kam es zu blutigen Ausschreitungen (die streng geahndet wurden). Doch schon Albrechts Söhne verlegten sich eher auf das Schröpfen der Juden als auf deren Schutz, und sein Urenkel Albrecht V. hatte schließlich die Auslöschung der mittelalterlichen Judengemeinde Wiens mitzuverantworten, die berüchtigte »Gesera«* (s. Kap. 024).

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