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Dharma und Karma
ОглавлениеWarum steckt ein so weiser Text wohl in einer Kriegsgeschichte? Dazu gilt es, zwei Begriffe zu erklären: Dharma und Karma.
Dharma ist das, was mich ausmacht, das, wer ich bin, was meinem Wesen entspricht. Ich muss mich selbst kennen, damit ich weiß, wer ich bin. Nur wenn ich um mein Dharma weiß, kann ich gute und richtige Handlungen setzen.
Dazu die Geschichte vom Weisen und dem Skorpion:
Ein Weiser sieht, wie ein Skorpion in den Ganges fällt. Um ihn zu retten, zieht ihn der Weise aus dem Wasser und rettet ihn. Der Skorpion sticht ihn. Einige Zeit später sieht der Weise wieder, wie der Skorpion ins Wasser fällt und vermutlich ertrinken würde. Er rettet ihn abermals und wird dafür abermals gestochen. Ein Wanderer hat diese Szene beobachtet und ruft dem Weisen zu: „Heiliger, warum machst du das ständig? Du weißt doch nun schon, dass dich der Skorpion immer wieder stechen wird?“ Und der Weise antwortet: „Es ist das Dharma eines Skorpions zu stechen. Und es ist das Dharma eines Menschen zu erretten.“
Dharma bedeutet so viel wie Bestimmung, Richtigkeit, Gerechtigkeit, Tugendhaftigkeit.
Die Idee dahinter ist in den Upanischaden verankert: Alles ist eins, die Natur, alle Lebewesen, das Weltall, die gesamte Schöpfung. Dieses Einssein funktioniert, weil alles seiner Bestimmung, seinem Dharma, folgt. Tanzt nur ein Element aus der Reihe, hat das einen Effekt auf das große Ganze. Jede Störung sendet kleine Wellen in alle Richtungen. Das Leben ist eine komplexe Verbindung von unendlichen Vernetzungen:
Die Schlussfolgerung daraus: Niemand ist alleine auf dieser Welt. Alle hängen wir zusammen, gehören zusammen, beeinflussen uns immer und überall gegenseitig.
Eine sehr alte Sanskrit-Inschrift lautet: Ahiṃsā paramo dharma. Der höchste Dharma ist Ahiṃsā, die Gewaltlosigkeit, die universale Liebe zu allen lebenden Geschöpfen. Jede Art von Gewalt ist eine Verletzung des Dharma.
Jede Handlung, jeder Gedanke hat Folgen. Das ist das Gesetz des Karmas. Karma, wörtlich aus dem Sanskrit übersetzt, bedeutet Handlung, Tat. Das Gesetz des Karmas bedeutet, dass jedes Ereignis eine Ursache und eine Wirkung hat. Jede Handlung, jedes Karma, ist selbst die Folge anderer Handlungen, vergangener Karmas.
Nehmen wir die Geschichte des Weisen und des Skorpions als Beispiel: Der Weise sitzt am Rande des Ganges und beobachtet den Skorpion, wie er fast ertrinkt, weil er sich zu nah an das Wasser gewagt hat. Der Weise rettet ihn, der Skorpion sticht ihn. Doch dann besinnt sich der Skorpion, geht nicht nochmals zum Wasser und läuft davon. Der Weise, der diese Szene beobachtet hat, lächelt und geht seiner Wege. Auf einmal stürzt ein Fels auf den Weg und verletzt den Weisen schwer. Der Bauer, der gerade in der Gegend seiner Arbeit nachkommt, sieht den Unfall und bringt den Weisen in sein Heim, wo seine Frau ihn die nächsten Wochen gesund pflegt. Während dieser Pflege unterhält sich die Frau immer angeregt mit dem weisen Alten und kommt durch die Gespräche zu dem Entschluss, ihren Sohn nicht einfach nur Bauer werden zu lassen, sondern ihn dem Weisen zum Erlernen der Schriften anzuvertrauen. Der Weise willigt ein. Als er gesundet ist, zieht er mit dem zehnjährigen Sohn zurück in sein Kloster, um ihn fortan in Wort und Schrift zu unterweisen. Dieser Bauernsohn wird später als großer Weiser durch die Lande ziehen ...
Das ist Karma. WEIL der Skorpion NICHT nochmals ins Wasser gefallen ist, ist der Weise aufgestanden, hatte seinen Unfall, wurde gerettet und hat schlussendlich einen neuen Weisen herangezogen. Diese eine Handlung hat alles verändert! Und so passiert es ständig überall auf dieser Welt. Ständig und überall werden in jedem Moment Entscheidungen getroffen, die zu einer Handlung oder dem Weglassen einer Handlung führen, und beides hat Effekte auf unendlich viele andere Wesen und unendlich viele Netze auf dieser Welt.
Alles, was wir tun, hat einen Effekt in dieser Welt und alles, was wir tun, kommt auch wieder zu uns zurück. Niemand kann den ganz großen Zusammenhang aus allen Handlungen der Welt erkennen. Das Gesetz des Karmas, das Gesetz von Ursache und Wirkung, ist ein Naturgesetz, das nichts mit Religion oder einer philosophischen Vorstellung zu tun hat. Alles, was uns widerfährt, entspringt einer vorhergehenden Handlung und vieles, was auf dieser Welt passiert, entspringt unseren Handlungen. Weil wir nicht allwissend und allsehend sind, können wir nicht abschätzen, was unsere Handlung im großen Ganzen bewirkt, aber wir können die Verantwortung für unsere Handlung übernehmen. Die christliche Religion verwendet den Begriff der Sünde für eine „böse“ Handlung und Schuld für den Effekt dieser bösen Handlung. Bereits in den Upanischaden wird immer wieder das Bemühen betont, das Richtige zu tun. Wir Menschen setzen Handlungen, machen Dinge richtig oder falsch, stiften Krieg oder Frieden, tun Gutes oder unterlassen dieses, töten oder schützen das Leben. Egal, was wir tun, unser Karma unterliegt dem Karma-Gesetz und das löst etwas aus, was schlussendlich zu uns zurückkommt.
Ursache und Wirkung. Uns bleibt das Bemühen, es das nächste Mal besser zu machen und die Verantwortung für das zu übernehmen, was wir tun und getan haben. Aus der Verantwortung entsteht eine neue Handlung, die eine Tat nicht ungeschehen machen muss, aber eine Änderung in weiteren Taten bewirken soll.
Daraus geht hervor, dass wir uns selbst ändern müssen, wenn wir wollen, dass etwas anderes in unserem Leben passiert. Wie oft hört man von Menschen, „dass die anderen schuld sind“, wenn es einem nicht gut geht, oder „dass man ja nichts dafür kann, was passiert ist“. Wie viele Menschen leiden unter ihrem Schicksal, weil sie glauben, nichts verändern zu können. Sie glauben nicht daran, dass ihre Handlungen Veränderung erschaffen, dass ihre Gedanken bereits alles verändern können, ihre persönliche Einstellung und ihr Gefühl für eine bestimmte Lebenslage. Alleine die innere und äußere Haltung kann alles verändern. Denken Sie etwa an die Situation, wenn Sie wollen, dass ein Pferd stehen bleibt. Ihre Körperhaltung macht den Unterschied:
Dabei beginnt jede Tat als Gedanke im Kopf, wie ein Samenkorn, welches sich zu einer großen Pflanze auswachsen kann, oder eben nicht. Es liegt an uns, ob wir den Gedanken nähren, ihn gießen und weiterwachsen lassen, oder ob wir uns mit unserer inneren Haltung dagegen entscheiden.
Zusammenfassend kann man sagen, dass man sein Dharma kennen muss, um ein gutes Karma zu haben. Wir wissen, wer wir sind und entscheiden uns dann für ein bestimmtes Leben, zum Beispiel ein Leben mit Frau und Kind. Die Entscheidung ist Karma und sobald ich diese treffe, übernehme ich die Verantwortung für meine Handlung! Karma und Dharma!