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Kurt Kardinal Koch Die Corona-Krise mit den Augen des Glaubens betrachtet 1. Dunkle Seite des Karsamstags

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Unter sehr schwierigen, gleichsam coronaren Bedingungen haben wir Christen in diesem Jahr die Karwoche und das Osterfest begangen. Die wichtigsten Gottesdienste im Kirchenjahr mussten aufgrund staatlicher Verbote in Abwesenheit der Gläubigen bei geschlossenen Kirchentüren gefeiert werden und wurden per Stream nach Hause übertragen. Auch Papst Franziskus hat in der St. Peters-Basilika hinter ihren geschlossenen Portalen die Gottesdienste gefeiert und den großen Apostolischen Segen urbi et orbi ohne die sichtbare Anwesenheit der Stadt und des Erdkreises gespendet. Viele Menschen sind in ihren Wohnungen eingeschlossen gewesen, weil sie in der Quarantäne leben mussten, die bereits von ihrer Wortherkunft (quadraginta, lat.: »vierzig«) her an die vierzigtägige Österliche Bußzeit erinnert. Auf diesem außergewöhnlichen und düsteren Hintergrund ist mir wie selten zuvor ein Detail in der biblischen Ostergeschichte neu bewusst geworden. Der Evangelist Johannes beginnt seinen Bericht über die Erscheinung des auferstandenen Christus bei seinen Jüngern mit den Worten: »Am Abend dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger aus Furcht vor den Juden die Türen verschlossen hatten …« (Joh 20,19). Wiewohl der Herr bereits auferstanden und auf dem Weg zu den Jüngern war, lebten sie noch ganz am Karsamstag, wie die Angst und die verschlossenen Türen dies anschaulich zum Ausdruck bringen.

Die Zeit der Corona-Krise, die in unseren Breitengraden kurz nach dem Beginn der Fastenzeit virulent geworden ist, hat auf viele Menschen wie ein verlängerter und ausgedehnter Karsamstag gewirkt. Der Karsamstag ist in der christlichen Liturgie der Tag des Begräbnisses Gottes, seiner Verborgenheit und seines Schweigens in der Geschichte der Menschen und damit der Tag, an dem die großen Hoffnungen infrage gestellt worden sind. Für viele Menschen heute ist der Karsamstag zum Symbol für ihre Lebenssituation in der Corona-Krise geworden, genauer zum Symbol für die vielen Ängste, die im Blick auf das eigene Leben und dasjenige von vielen lieben Mitmenschen wach geworden sind, und für die große Ungewissheit im Blick auf die Zukunft, vor allem im Blick auf die Frage, ob und wann die Krise zu Ende gehen und wie das Leben nach der Krise sein werde.

Angesichts dieser existenziellen Herausforderung stellt sich die Frage, wie man auf diese Krise antworten soll und reagieren darf. Soll man die Corona-Krise einfach als eine Erscheinung der Natur nehmen, die ungefähr alle hundert Jahre in solchem Exzess stattfindet, die gewiss auch diesmal vorübergehen wird und die man so gut wie möglich überstehen soll? Soll man alle Hoffnung auf die Erkenntnisse der Naturwissenschaftler, vor allem der Virologen setzen, auf die Erfindung eines wirksamen Impfstoffes warten und in der Zwischenzeit jene Verhaltensweisen praktizieren, die uns von den Experten nahegelegt werden? Oder soll man die Corona-Krise auch religiös deuten und spirituell zu leben und überwinden versuchen?

Christsein und die Corona-Krise

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