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2. Zulässigkeit, Voraussetzungen, Ablauf und Wirkungen eines Insolvenzverfahrens

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Die §§ 11, 12 InsO regeln die Zulässigkeit des Insolvenzverfahrens, indem sie diesem nur das Vermögen bestimmter Schuldner unterwerfen. Es muss danach zunächst geprüft werden, ob der Zugriff auf die Vermögenswerte zulässig ist. Dies ist etwa bei Bundes- oder Landesvermögen gem. § 12 Abs. 1 Nr. 1 InsO nicht der Fall.

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§ 13 Abs. 1 S. 1 InsO verlangt für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens das Vorliegen eines schriftlichen Antrags[4], der bis zur Eröffnung oder rechtskräftigen Abweisung gem. § 14 Abs. 2 InsO wieder zurückgenommen werden kann. Antragsberechtigt sind gem. § 13 Abs. 1 S. 2 InsO sowohl der Schuldner als auch seine Gläubiger. Im letzteren Fall erfordert § 14 Abs. 1 InsO ein rechtliches Interesse des Gläubigers an der Eröffnung des Verfahrens sowie die Glaubhaftmachung sowohl seiner Forderung als auch eines Eröffnungsgrundes.

Mit Stellung des Insolvenzantrages[5] wird das Eröffnungsverfahren eingeleitet. Voraussetzung dafür ist gem. § 16 InsO das Vorliegen eines Eröffnungsgrundes. Mögliche Eröffnungsgründe sind die bereits dargestellte Zahlungsunfähigkeit gem. § 17 InsO[6], die drohende Zahlungsunfähigkeit gem. § 18 InsO[7] und die Überschuldung gem. § 19 InsO[8]. In dieser Verfahrensphase prüft das Gericht die Zulässigkeit und Begründetheit des Insolvenzantrages.[9] Ist der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zulässig, so treffen den Gemeinschuldner gegenüber dem Insolvenzgericht[10] Auskunfts- und Unterstützungspflichten gem. § 20 Abs. 1 S. 1 InsO.[11]

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Das Insolvenzgericht entscheidet nun über das konkrete Vorgehen. Es hat gem. § 21 InsO Sicherungsmaßnamen zur Verhütung nachteiliger Veränderungen in der Vermögenslage des Schuldners anzuordnen, wobei ihm insbesondere die in § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 bis 5 InsO enumerativ, in abgestufter Reihenfolge entsprechend ihrer Eingriffsintensität aufgeführten Instrumentarien zur Verfügung stehen. So kann das Gericht einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellen[12] oder dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegen, wobei es stets den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren hat.[13] Im letzteren Fall trifft das Insolvenzgericht eine Pflicht zur öffentlichen Bekanntmachung seines Beschlusses gem. § 23 InsO. Verstößt ein Schuldner gegen das ihm auferlegte Verfügungsverbot, ereilt seine Verfügung gem. § 24 Abs. 1 InsO das Schicksal entsprechend der §§ 81, 82 InsO. Die Wirksamkeit von Verfügungen über Finanzsicherheiten nach § 1 Abs. 17 KreditwesenG sowie die Wirksamkeit der Verrechnung von Ansprüchen und Leistungen aus Überweisungs-, Zahlungs- oder Übertragungsverträgen, die in ein System nach § 1 Abs. 16 KreditwesenG eingebracht wurden, bleibt von solchen Sicherungsmaßnahmen gem. § 21 Abs. 2 S. 2 InsO unberührt. Bedeutung und Weite der Sicherungsinstrumentarien des Insolvenzgerichts sind in der Praxis nicht zu unterschätzen. Sie ermöglichen im Bedarfsfall nicht nur die zwangsweise Vorführung, sondern auch die Inhaftierung des Schuldners.[14]

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Im Anschluss prüft das Insolvenzgericht die Massezulänglichkeiten und weist den Antrag mangels Masse gem. § 26 Abs. 1 S. 1 InsO[15] ab, wenn das schuldnerische Vermögen aller Voraussicht nach nicht ausreichen wird, die Kosten des Verfahrens zu decken.[16] Gegen eine solche Entscheidung steht dem Antragsteller wie auch dem Schuldner gem. § 34 Abs. 1 InsO das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde zur Verfügung. Wird ein ausreichender Geldbetrag vorgeschossen oder werden die Kosten des Verfahrens gem. § 4a InsO gestundet, unterbleibt eine Abweisung mangels Masse gem. § 26 Abs. 1 S. 2 InsO. Dieser Beschluss ist gem. § 26 Abs. 1 S. 3 InsO unverzüglich – d.h. ohne schuldhaftes Verzögern – öffentlich bekanntzumachen. Im Falle der Abweisung der Eröffnung mangels Masse erfolgt gem. § 26 Abs. 2 S. 1 InsO ein Eintrag des Schuldners in das Schuldnerverzeichnis – die so genannte „schwarze Liste“[17] – bzw. eine Mitteilung von Amts wegen an das Handels-, Genossenschafts- oder Vereinsregister gem. § 31 Nr. 2 InsO, wenn der Schuldner dort als juristische Person oder Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit verzeichnet ist.

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Mit Rechtskraft des Abweisungsbeschlusses werden Gesellschaften kraft Gesetzes aufgelöst.[18] Die Abweisung mangels Masse führt in der Praxis zu der problematischen Situation, dass kein geordnetes Insolvenzverfahren mehr durchgeführt werden kann[19], auch wenn der insolvenzrechtliche Begriff der Masseunzulänglichkeit nicht mit demjenigen der Vermögenslosigkeit gleichgesetzt werden kann.[20] Eine beschränkt haftende Gesellschaft ist nach der Lehre vom „Doppeltatbestand“ erst in dem Zeitpunkt voll beendet, in dem sie nicht nur vermögenslos ist, sondern auch im Register gelöscht wurde.[21] So ist – unabhängig von der Schwierigkeit einer solchen Prüfung ohne konkrete Einblicke in die Geschäftsunterlagen der Gesellschaft[22] – stets zu kontrollieren, ob noch Vermögenswerte – etwa in Form von Ansprüchen gegen Dritte – auf Seiten der Gesellschaft vorhanden sind, da eine Gesellschaft, die zwar gelöscht wurde, aber noch über Vermögen verfügt, als Rechtsträger weiterexistiert. Der insolvenzrechtliche Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung gilt für die Liquidatoren nicht, so dass die Gläubiger regelmäßig resignieren, sobald die GmbH im Handelsregister gelöscht wurde.[23] Dies wiederum stellt eine Chance für die ehemaligen Geschäftsführer und jetzigen Liquidatoren dar, nach eigenem Ermessen das verbleibende Restvermögen zu verteilen.[24]

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Verläuft die Massevorprüfung positiv, so ergeht ein Eröffnungsbeschluss des Insolvenzgerichts.[25] Hiergegen steht dem Schuldner gem. § 34 Abs. 2 InsO das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde zu. In dem Eröffnungsbeschluss ernennt das Insolvenzgericht gem. § 27 Abs. 1 InsO einen Insolvenzverwalter und bestimmt nach § 29 InsO Termine für eine Gläubigerversammlung. Den erforderlichen Inhalt eines solchen Beschlusses gibt § 27 Abs. 2 InsO wieder. Zugleich sind die Gläubiger gem. § 28 InsO aufzufordern, ihre Forderungen innerhalb einer bestimmten Frist von mindestens zwei Wochen und höchstens drei Monaten[26] unter Beachtung von § 174 InsO beim Insolvenzverwalter anzumelden. Daneben sind die Gläubiger durch § 28 Abs. 2 InsO zur Mitteilung etwaiger Sicherungsrechte an Teilen des schuldnerischen Vermögens aufzufordern. Dieser Aufforderung sollte der Gläubiger im eigenen Interesse nachkommen. Ansonsten setzt er sich der Gefahr aus, eigene Forderungen nicht (mehr) realisieren zu können. Zudem macht er sich gegebenenfalls gem. § 28 Abs. 2 S. 3 InsO für entstehende Schäden ersatzpflichtig. Schließlich sind Drittschuldner im Rahmen des § 28 Abs. 3 InsO aufzufordern, nicht mehr an den insolventen Schuldner zu leisten, sondern nur noch an den Verwalter. Unter anderem aufgrund dieser gesetzlichen Vorgaben ist der Eröffnungsbeschluss gem. § 30 Abs. 1 S. 1 InsO sofort öffentlich bekanntzumachen und den Gläubigern, dem Schuldner und dessen Schuldnern zeitgleich gem. § 30 Abs. 2 InsO besonders zuzustellen. Schließlich ist die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach § 32 Abs. 1 InsO in das Grundbuch einzutragen. Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens beginnt nach § 155 Abs. 2 S. 1 InsO ein neues Geschäftsjahr.

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Die allgemeinen Wirkungen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ergeben sich aus den §§ 80 ff. InsO. Zunächst gehen die Rechte des Schuldners bezüglich der Verwaltung des zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens und zu entsprechenden Verfügungen gem. § 80 Abs. 1 InsO auf den Insolvenzverwalter über. Mit seiner Ernennung leitet dieser regelmäßig die Abwicklung der Insolvenz.[27] Ein gegen den Schuldner bestehendes Veräußerungsverbot hat im Verfahren jedoch keine Wirkung, wenn es nur den Schutz bestimmter Personen bezweckt.[28] Künftige Verfügungen des Schuldners über Gegenstände der Insolvenzmasse sind gem. § 81 Abs. 1 S. 1 InsO unwirksam. Die wichtigste Wirkung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird in der Insolvenzordnung nicht ausdrücklich erwähnt, ergibt sich aber aus § 80 Abs. 1 InsO: Die Beschlagnahme der Insolvenzmasse umfasst nach § 35 InsO nicht nur das vorhandene Vermögen, sondern auch Neuerwerbungen des Schuldners während des Verfahrens.[29]

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