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Matthias Horx erklärt die Welt

Da er sonst nichts gelernt zu haben scheint, betreibt der Journalist Matthias Horx in Hamburg ein »Trendbüro«, das dazu dient, viel Wind zu machen und Kauderwelsch zu verbreiten: »Trendbüro ist eine Agentur für Consulting, Monitoring und Recherche«, schreibt Horx in seinem ersten »Trendbuch«; aber was ist Monitoring? »Monitoring ist ein Scanning-Prozess«, heißt es dazu dunkel brausend. Sein »Scanning der kulturellen Oberflächen« mag Horx eventuell die schnelle Mark bringen, und die sei ihm auch gegönnt – aber ist es nicht sonderbar, mit welchen Tätigkeiten sich in der postmodernen Welt der Schornstein zum Rauchen bringen lässt?

– Guten Tag, ich bin Bäcker, und was machen Sie?

– Ich scanne kulturelle Oberflächen.

– Mit oder ohne Monitoring?

Um uns in die Geheimnisse der Trendforschung einzuführen, arbeitet Horx mit ruchlosen Wortschöpfungen wie dem »Immermehrismus«, der »Transparent-Welle«, der »Singleisierung«, dem »Ökolozismus« und der »Multiperspektivik«. Für den intellektuellen Zugriff auf die Welt sind solche Löweneckerchenbegriffe ebenso hilfreich wie der Loriotsche Familienbenutzer bei der Haushaltsführung. Rasendes Blabla suggeriert analytische Tiefenschärfe: »Mit diesen vier Parametern – virtuoser Ironie, Hang zu Zynismus, Rückkehr in die Langsamkeit, melancholischer Distanz – lässt sich ein erstes, grobes Grundraster der Jugendmentalität der Mittneunziger zeichnen.«

Was nicht gar. Langsam, lustig, zynisch und melancholisch, das soll unsere Jugend sein?

– Guten Tag! Ich erforsche Jugendtrends. Wie fühlen Sie sich?

– Ich bin virtuos ironisch und melancholisch distanziert, neige zu Zynismus und kehre in die Langsamkeit zurück.

– Ach?

Das Layout des Buches ist so quirlig, dass man Kopfweh davon bekommt. Der Trend zum Aspirin wird ungebrochen bleiben; das ist meine eigene kleine Laienprognose.

Freitag, 12.11.1993

Beim Zwiebeln des Häuters

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