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Die Wurzeln

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Vor einiger Zeit besuchte ich meinen alten Freund Rudi, aus der ehemaligen Kinderclique unserer Straße. Wir saßen dann in der Küche, die inzwischen neue Möbel hatte, aber bei dem Blick auf den Hof zeigten sich noch uralte Konturen. Deshalb machten sich die Gedanken auch auf zu jener vergangenen Zeit. Rudi schaute mich nachdenklich an und sagte: »Ich weiß es noch wie heute. Du musstest von deinem Vater aus Benzinmotoren malen. Erster bis vierter Takt, jeden hattest du einzeln darzustellen und uns erklärtest du darauf die Wirkungsweise.«

Dabei kam es ganz anders, ich hatte ihn nach dem Elektromotor gefragt, der mich faszinierte. Weil er beim Einschalten des Stromes voll lossummte und so stark! Wie brachte er so eine umfassende Funktion zustande? In meinem Spielzeugschrank in unserer Küche, gleich hinter dem Stabilbaukasten, hielt ich so eine Kostbarkeit versteckt. Ich hatte ihn in einem aufgebrochenen Eisenbahnwaggon, der im Mai 45 am Bahnhof stand und nicht mehr bis zum Flughafen gekommen war, zwischen aufgebrochenen Kisten und der verstreuten Holzwolle gefunden. Überhaupt war es für uns Jungs eine tolle Zeit. Immer hatte ich einen Schraubenzieher und eine Kombizange in der Hosentasche, die nur an Taschentücher gewöhnt, bald ungewöhnliche Risse zeigte. Mit diesem Schnellwerkzeugen war ich unentwegt gewärtig – etwas Brauchbares ausbauen zu können. Wir fanden heraus wo sie die Radioröhren in den Flugzeugen untergebracht hatten und auch wo die Benzinpumpen in den Tanks steckten, die behutsam ausgebaut wurden, jedoch nie zu einer sinnvollen Funktion kamen.

Den kleinen Motor nun – etwa so groß wie die knappe Hälfte eines Brotes und somit wie für einen Jungen gemacht – ließ ich einfach mitgehen oder noch besser, er blieb in meiner Hand. An Diebstahl dachte ich dabei nicht, es erschien mir so gangbar, denn vieles war dabei sich aufzulösen. Er gehörte als ehemaliges Wehrmachtsgut, nach dem Ende des Krieges und vor allem nach meiner Version – niemand mehr, so hatten wir eine recht brauchbare Erklärung.

Und das Wunder dieses unscheinbaren Kerls, nachdem ich ihn an den Strom angeschlossen hatte, bestand in seiner Kraft; ich vermochte ihn an der Antriebswelle nicht anzuhalten. Im Gegenteil, meine Hand wurde heiß wenn ich zudrückte und Gewalt anwendete, machte er sogar einen Satz und wollte sich um die eigene Achse drehen. So eine Energie, der benahm sich ja fast unbändig.

Mein Vater hatte die Frage nach dieser Technik falsch verstanden und versucht mir die Wirkungsweise des Benzinmotors plausibel zu machen. Ich wollte noch erklären um was es mir eigentlich ging, doch wie Väter so sind, einen Ton energischer sagte er: »Jetzt setz dich mal hin und höre mir zu!«

Da begann das mit dem ersten bis vierten Takt.

Seltsamerweise hörte ich bald darauf eine Hörfunksendung des Erfinders August Otto, der Probleme hatte seinen ausgeklügelten Kolbenmotor in Gang zu bringen. Es klinkt fast komisch, dass ihm dabei der Parfümzerstäuber seiner Frau zu Hilfe kam. Worauf er einen entsprechenden Vergaser baute, damit das Benzin nun ebenfalls zerstäubt und mit Luft gemischt im Zylinder explosionsfähig wurde und Arbeit zustande kam. Da wurde es nun doch richtig interessant.

So lief das also; da fanden in jedem Auto tief drinnen unentwegt Explosionen statt, die das Fahrzeug, eigentlich knallend und krachend vorwärts bewegten. Das hörte sich richtig abenteuerlich, nahezu gefährlich an. Für mich verstand ich Explosionen als etwas ungestümes, lautes, was mit deutlicher Gewalt hervorbrach.

In der Sandgrube hatten wir unlängst Karbid und Wasser in eine Bierflasche gefüllt und sie dann verschlossen. Bald darauf, nachdem wir gerade noch in Deckung gegangen waren, flog sie mit einem lauten Knall in viele, gefährliche Stücke. Meine Mutter durfte von solchen Experimenten natürlich nichts erfahren.

Sollte es möglich sein, so eine unbändige Kraft auch maßvoll zu zügeln, um echten Nutzen zu schaffen? Es kam bei dem Auto von außen gesehen, nur ein zwar herzhaftes, doch auch gleichmäßiges Brummen hervor. Ich konnte mir die Vorgänge noch nicht so richtig vorstellen.

Dabei fiel mir die Zeit des Krieges wieder ein, wo wir Jungs oft hinausgingen zum Fliegerhorst, um dort am Zaun vor der Rollbahn dem »Flugbetrieb« zuzuschauen. Dann startete eine der großen Maschinen über uns hinweg, dabei wurde es echt laut, wir mussten uns die Ohren zuhalten, wegen des Donnerns der Motoren. Bis sie über uns raus war und langsam die Räder unter den Flügeln verschwanden, wobei die Maschine in ihren zwei Abgasstreifen immer kleiner wurde.

Dieses »Hinaus in die Wolken« sah so fantastisch aus, wir wollten alle Piloten werden. Die Faszination Motor war geboren und ich sah nun jedes Fahrzeug mit anderen Augen an. Hierbei klärten sich zwar nicht alle Fragen, aber ich versuchte mir es vorzustellen, wie dauernde Feuerblitze die Kolben bewegten. Damit begann die Sache, wie mein Vater es mir einpaukte, erster bis vierter Takt, und dieser so auch mechanisch genau eingehalten wurde, – ich hätte es irgendwann durcheinander gebracht. Dabei geschah das alles ohne Rucken und Stolpern und heute läuft es sogar »samtweich« – so ist eben Technik!

Der nächste Schub kam bei mir im zweiten Nachkriegsjahr. Onkel Arno und mein Vater, beide Schlossermeister, hatten sich jeder mit einer bescheidenen Maschinenbau- und Reparaturwerkstatt selbstständig gemacht. Mein Onkel, der immer ein Stück voraus war, verfügte indessen schon bald, trotz der durch den Krieg aufgebrauchten Fahrzeuglage, über ein Motorrad. Dass muss man sich einmal vorstellen, nachdem von der Deutschen Wehrmacht, die irgendwie abkömmlichen Privatfahrzeuge eingezogen wurden und nach dem Krieg, die freigelassenen ausländischen Kriegsgefangenen hervorzerrten, was sie entdecken konnten und letztlich die russische Besatzung einfach nahm was noch gefunden werden konnte, somit eine total ausgeplünderte Lage. Es erschien fast unglaublich, wie und wo er diesen Schatz ausgegraben hatte, der nun weiterhin in den unternehmerischen Zusammenhängen, das auch da nötige »Organisieren« spürbar beschleunigte. Überhaupt dieses Wort formte sich zu einem Schlüsselbegriff in der damaligen Zeit. All das notwendige Ausspähen, Verbindungen knüpfen und Herbeischaffen auf dem Gepäckträger oder im Rucksack heimbringen, sammelte sich zu diesem auf das Überleben hinweisenden Ausdruck »Organisieren«.

So geschah es, wenn er zu meinem Vater kam, um etwas mit ihm zu besprechen, dass dieses ungewöhnliche Gefährt, aufgebockt, bei uns auf dem Hof stand. Es war ein kleines Motorrad, jedoch nicht wie die zu jener Zeit üblichen Fichtel & Sachs, mit denen man fahrradmäßig lostreten musste, sondern es hatte schon einen richtigen Kickstarter und sogar ein Fußschaltung, wenn auch nur drei Gänge. Kein Zündschloss, kein Firmenlogo, es stand einfach namenlos und schwarz auf dem Hof – und ließ mich nicht weg.

So mal draufsetzen durfte ich mich ja. Doch dann, ohne dass ich es bewusst wollte, schuppste ich die Maschine von ihrem Mittelständer herunter. Mir erschien diese Position schon ganz anders, beweglicher, näher dem Fahren, obwohl sie noch am selben Ort stand. Darauf antwortete sie mit einem Benzinglucksen im Tank, welches eigentlich recht freundlich klang. Daran anschließend wieder Stille. Das weitere Verhängnis oder Glück, erwies sich für mich in der Abschüssigkeit des Hofes.

Wir, das Motorrad und ich, befanden uns auf der leichten Erhöhung und zum Ausgang fiel der Hof etwas ab. Es ging zu, wie man so vom »Schicksal« redet – wobei etliche gute Fakten zusammentrafen.

Dann habe ich, es ist wirklich wahr, keiner wollte mir es danach glauben, uns nur so aus Spielerei mit den Beinen rudernd ins Rollen gebracht und dabei den Fußschalthebel mit erwischt. Mit einem Ruck war sie da und knatterte mit mir vorwärts, – wir machten uns regelrecht auf und davon. Nun freilich gab ich bewusst Gas, das muss ich eingestehen, so ging es schon recht flott vorn zum Tor hinaus. Ich hätte ja, so erschrocken wie ich mich fühlte in diesem unvermittelten Fahren, eigentlich an den Onkel denken und bremsen müssen, denn ich wusste den Bremshebel auf der anderen Seite. Aber es ging nicht, – es ging einfach nicht! Dieses Gefühl, so davon getragen zu werden, war irre, wie ein geheimnisvolles Schweben, das mich auch noch verführte am rechten Handgriff zu drehen und dieses »Gasgeben« richtig zu erleben. Wahrhaftig – es ging mir durch und durch und mitten hinein und überall hin – es war sagenhaft!

Schon einmal hatte ich einen Traum, wo so etwas Ähnliches geschah. Ich saß auf unserem liegenden und gleichsam schwebenden Milchkrug, wie auf einem Pferd und hielt mich am Henkel fest.

So ein Unsinn, kein Mensch setzt sich auf einen Milchkrug, noch dazu mitten in der Nacht. Aber was will man machen, die Geschichte verlief so und ich wunderte mich auch nicht. Mit diesem Krug hatte ich sonst jeden Tag den begehrten Liter zu holen, vorn in der Milchhalle am Markt. Aber diesmal verlief es ganz anders, wie das so im Traum ist. Ich saß auf ihm, eigentlich mehr wie auf einem Zeppelin und schwebte durch die Luft, ganz sachte auf und ab, dann eine sanfte Kurve. Mit dem Griff gab ich die Richtung an und er gehorchte mir – wunderbar, dieses Gleiten. Aber mit einem Mal wachte ich auf und versuchte gleich wieder einzuschlafen, weil es so wohl tat, – aber es ging nicht.

Oh, und jetzt ging es, das Motorrad fuhr mit mir! Und dieser Rausch ließ mich den zweiten Gang reindrücken.

Nun flog ich wahrhaftig dahin, – meine Haare hingen sonst meist ins Gesicht, aus dem Grund wollte Mama mir eine Klemme aufdrängen, – entsetzlich, – eine Weiberklemme, unsere Jungs-Clique hätte mich fertig gemacht!

Jetzt lagen alle Haare ordentlich nach hinten, Mama hätte es sehen sollen – ich glaube sie flatterten sogar ein wenig. Ich fuhr am Bahnhof vorbei und musste dann an der geschlossenen Schranke warten. Erst jetzt, als der Zug vorbeiratterte und -quietschte, wurde mir bewusst, was ich hier eigentlich tat. Oh weh, der Onkel!

Ein unheimliches Erschrecken überfiel mich, wie das Aufwachen aus jenem schönen Traum. Ich stieg ab und schob das liebliche Motorrad auf die andere Seite, hatte dabei natürlich pflichtbewusst, wenn auch widerwillig gewendet und fuhr zurück. Noch einmal flammte das Glück ein wenig auf, als ich den zweiten Gang nachschob. Aber da vorn an der Ecke sah ich schon eine Gestalt stehen und ich musste unausweichlich auf sie zufahren, da gab es kein Entrinnen.

Natürlich kam das Donnerwetter entsprechend, jedoch ein kleines bisschen weniger als ich es erwartet hatte. Zudem schien mir der Gesichtsausdruck des Onkels, nicht ganz den Vorhaltungen gemäß zu sein und am Schluss glaubte ich gar noch, es wäre da ein ganz winziges Lächeln. Das hätte sicher nicht jeder bemerkt, aber ich entdeckte den kleinen Sonnenstrahl sofort.

Einige Tage später, wieder das liebliche Geknatter auf dem Hof, dann klingelte Onkel Arno. Bei der Begrüßung sah er mich ziemlich eindringlich an. »Na, geht es dir gut?«, eine seltsame Frage an einen kleinen Jungen. Natürlich ging es uns gut, der Frieden und gerade auch die Sonne hatten sich ausgebreitet.

Aber es ging uns wiederum nicht so gut, weil der Krieg überall gehaust hatte. – also wie meinte er das? Dachte der Onkel mehr an mein Gewissen, ob es dem Motorrad und ihm gegenüber wieder funktioniert? Ich blieb auch wirklich brav oben in der Wohnung und hing nur mal am Fenster und schaute hinunter. Sie musste sich doch da unten wie verlassen fühlen.

Und wirklich, da stand sie einfach an die Wand gelehnt, nicht mal ordentlich auf ihrem Ständer, – ohne sich zu mucksen. Nachdem er mit meinem Vater den Termin für die Besichtigung einer zu überholenden Maschine, in einer ausgebrannten Druckerei gefunden hatte, sagte er im Weggehen noch ziemlich barsch zu mir: »Komm einen Moment mit runter auf den Hof!« Dort angekommen, trat er das Motorrad an und setzte sich, für mich unerklärbar auf den Rücksitz, den Sozius, wie wir sagten, obwohl das etwas fremdländisch klang, wie auch die Clique, doch diese Begriffe gehörten uns. Aber, wieso saß er hinten, auf dem Sozius? Da kam schon die etwas herbe Aufforderung: »Los draufsetzen!«, die mich aus meinem Nachdenken, über den leeren Fahrersitz holte. Unfassbar, ich sah ihn an; »Ich?« »Nun mach schon.« Ich sollte vorn sitzen, am Lenker, an diesem Gasgriff? Sofort tauchte ich wieder auf aus meiner Verwunderung und folgte der unbegreiflichen Einladung und gab auch gleich ein bisschen Gas. Das Motorrad begrüßte mich mit einem kleinen »Aufheuler« und der Onkel knurrte hinter mir: »Langsam Junge! So, und jetzt machst du nur was ich sage!« »Ja«, hauchte ich aufgeregt. »Weißt du wo die Bremse ist?« »Ja«, konnte ich geradeso erwidern, »und ich weiß auch das Andere.« »Na gut, wir werden sehen, also los; die Kupplung, den Gang rein und vorsichtig Gas geben, bis sie kommt und dann mehr.« Also wirklich, das wusste ich ja. Wie oft hatte ich bei ihm zugesehen und dann abends im Bett, so für mich trainiert. Zugegeben, zuweilen beim Gasgeben, etwas zu laut, so dass meine Mutter aus der Küche kam und fragte, was los sei? Doch in diesem Augenblick, machte ich es so, wie es mir gesagt wurde, sogar ein bisschen pedantisch. Dabei hätte ich die »Kleine« bald abgewürgt, weil ja der Onkel mit drauf saß und ich diese Last nicht richtig eingeschätzt hatte. Doch es ging gerade noch so, zwar etwas schaukelnd, eben wegen der »Schwanzlastigkeit.« Den Begriff hatte ich vom Flugplatz gelernt, dort diente er im Ausgleichen der Gewichte, die für die Maschinen, eine wichtige Rolle spielte.

Wir Jungs wendeten ihn auch beim Radfahren an, wenn wir zu dritt auf meiner Vollgummikarre saßen. Da musste in so einer Schaukelei ebenso möglichst schneller in die Pedalen getreten werden, wobei allmählich die Fahrt stabiler wurde. Bei der »Kleinen« brauchte ich somit nur etwas Gas zu geben und das Schlingern hörte auf und auch hinter mir blieb es ruhig.

Inzwischen hatten wir schon den Bahnübergang hinter uns gelassen, der heute gerechterweise die Schranken oben hatte und vor uns dehnte sich die Landstraße zum Nachbarort. Eine Lust für Motorradfahrer, als der ich mich nun schon fühlte. »Los, den nächsten Gang!«, kam es von Hinten. Kommentarlos folgte ich dieser Aufforderung und die »Kleine« machte mit und »Wupp-wupp-wupp«, machten die Chausseebäume und standen wie eine Garde, auf beiden Seiten der Straße. Es war ein Fest diese Fahrt, wir ganz allein unterwegs und nun schon am Eingang des Nachbardorfes. »So, nun fahre zurück«, – was für ein Onkel!

Er ließ mich auf seinem Motorrad schon einmal fahren, weil ich doch noch so lange warten musste, bis ich groß genug sein würde, um selbst ein Fahrzeug zu haben und lenken zu dürfen. Hatte er als Kind auch solche Träume gehabt?

Die meisten Männer unserer umfangreichen Familie fuhren Motorrad. Oft dachte ich an sie und dabei trat sogar die Frage auf, ob so eine Veranlagung im Blut sein kann? Zumindest hatte sie sich bei uns in der Sippe ganz schön breit gemacht. Es musste da etwas Charakteristisches sein, wenn ich zum Beispiel an unsere Lehrer dachte, die ihre pädagogischen Vorstellungen ebenso unterschiedlich bei uns anwendeten; wobei der eine so streng mit uns umging, dass wir ihn verachteten aber zugleich auch Achtung, oder doch schon Angst, vor ihn hatten. Indessen unsere Englischlehrerin richtig Freundlichkeit verbreitete und wir sie darum mochten, – vielleicht gar liebten.

Ähnliches läuft unter unseren Zeitgenossen ab; viele Leute fahren gern mit dem Auto, doch dabei geht es in erster Linie um die bequemere Fortbewegung, um gut und schnell von A nach B zu kommen. Es ist alles wesentlich einfacher. Man muss nicht zur Haltestelle laufen oder auf dem zugigen Bahnsteig frieren und warten, gar noch bei Regen, den der Wind über den Asphalt fegt.

Mit dem Auto fährt man einfach los, von der Haustür weg, sogar mit dem schweren Koffer hinten drin, – das ist eine sehr praktische Wegbewältigung.

Dann gibt es noch die Anderen, die nicht nur einfach ein tolles Auto kaufen, sondern sie rücken näher heran. Was bedeutet, die Motorhaube ist zu öffnen, um den Antrieb kennen zu lernen; – wer ist es, der sie so vehement vorwärts bringt?

Und noch ein Stück früher in dieser Geschichte, wurden da vorn ebenso diese Teile geputzt, wie heute der Wagen von außen, mit mannigfachen Pflegemitteln geflimmert wird. Zu jener Zeit putzte man sogar die kupfernen Benzin- und Ölleitungen blank, weil eben der Motor das Herz des Automobiles ist, – von dort kommt diese Kraft.

Auf der anderen Seite gibt es wiederum Kraftfahrer, die wissen nicht einmal wie die Motorhaube aufgeht und wenn sie schon mal geöffnet werden muss, ist dort eine allgemeine Vergammelung anzutreffen, wie daheim in der aller äußersten Ecke des Dachbodens.

Ganz anders trat bei einem Mann im Fernsehen jenes Urempfinden über die Technik zu Tage, – er konnte einen rassigen Sportwagen als sein eigen vorstellen. In der Garage hatte er einen Ferrari stehen; – dunkelrot und geduckt. Schon wie er das Tor öffnete merkte man ihm an, dass er sein Refugium betrat, obwohl er dabei sachlich die Einzelheiten beschrieb. Man fühlte die Achtung vor dieser geballten Technik und natürlich auch, die Emotion, dass er sich eine solche Hochform des Automobilbaues leisten konnte. Der Reporter fragte ihn, ob er damit oft unterwegs sei? »Eigentlich nicht übermäßig oft, – aber hören sie doch, schon wenn ich nur den Motor laufen lasse. Das tue ich wirklich manchen tags nur so, ist es eine Lust hinzuhören.« Sprach es und setzte sich in sein Gefährt, startete ihn und gab ein wenig Gas. Schon im Leerlauf hörte man die Überdimension der 400 PS in der Tiefe der acht Zylinder grummeln. Zunächst noch ziemlich leise und doch spürte man, was da drinnen wartete – es mutete an wie vor einem bedrohlichen Gewitter.

Vierhundert Pferde, so eine Ballung von Kraft, für einen Menschen, das erschien auch mir zu viel – wo sollte man damit hin; – auf die allgemeine Straße etwa?

Dann kam dieses kleine Quantum »Gasgeben«, welches er demonstrierte und es ließ augenblicklich, das dumpfe Brummen, wie gereizt in eine hellere Tonlage schnellen und man wusste ohne das rollende Ergebnis gesehen zu haben, von dieser Überdimension, – die insgesamt auch sozial gesehen, kaum in unser Umfeld passen würde.

Zumindest blieb diese Faszination der Technik, vor allem wenn man selbst schon geschraubt hat, bis hin zum mühsamen Ventile einschleifen und bis zu der letzten Mutter, die angezogen wurde und dann der Spannung des ersten Startens; – wird er anspringen, – wird diese Maschine Lebenstöne von sich geben?

Wie ebenso die Mühen der vielen Tüftler, die teilweise bis zur Verzweiflung probierten, bevor ein brauchbares Ergebnis einen Schritt weiter half. Man kann heute nicht einfach das ziemlich perfekte gewordene Erbe antreten, ohne ein Dankeschön an die Väter. Und dieses mit einer gewissen Achtung ihnen gegenüber, wenigstens aufrecht zu erhalten.

Das Auto und wir

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