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Die Kiste

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Im Briefkasten findet Olivia den Zettel, dass sie ihre Kiste abholen kann. Tim organisiert das Auto seines Vaters und sie fahren ins Zollfreilager am Hafen. Mit einigen Problemen verladen sie die Kiste hinten in den Kombi und fahren mit ihr zur Uni. Mit Hilfe eines Schubkarrens bringen sie die Kiste in die Werkstatt. Dort wird sie geöffnet.

Tim ist von den Steinen sofort begeistert. Auf den ersten Blick erkennt er, dass es sich um Tiefengestein handelt. Das hilft ihm bei seinem CO2-Problem wenig. Inzwischen hat er sich soweit mit Geologie beschäftigen müssen, dass er weiss, dass Tiefengesteine selten sind.

Bis jetzt wurde immer angenommen, dass die Insel aus vulkanischem Gestein besteht, es wurde jedoch nirgends ein Vulkankegel gefunden. Das Tiefengestein wird seine Geologie Kollegen sicher noch beschäftigen, so kann er ihnen etwas zurückgeben, denn für seine Arbeit mit dem CO2 einlagern, braucht er die Unterstützung von Geologen.

Olivia ist besonders an den gefundenen Tagebüchern interessiert. Vorsichtig nimmt sie das erste Heft aus der Kiste. Sie belässt es in der Plastiktüte, in das sie es eingewickelt hatte. Sie hofft, dass sie mit Unterstützung eines Antiquars eine Möglichkeit finden, das Heft soweit zu präparieren, dass es wieder lesbar wird. Für die Sammlung zu ihrem Fachgebiet findet sie momentan noch wenig Motivation.

Die Sammlung an Werkzeuge der Dorfbewohner, Pflanzen aus der näheren Umgebung des Dorfes und ihre Notizen, konnte sie nur wenig Interesse aufbringen, sie stellt sie in einen Schrank. Die Dinge müssen noch warten, bis sie besser motivieren ist, als dies in den letzten Wochen der Fall war. Noch immer hat Olivia Probleme, sich mit der Hektik des Studiums auseinander zu setzen.

Tim lädt Anna und Olivia zum Nachtessen ein. Er ist von den Steinen so begeistert, dass er die Spendierhosen anzieht. Vielleicht war es auch nur ein Vorwand, weil er sich endlich intensiver mit den beiden beschäftigen möchte. Noch kann er sich nicht entscheiden, welche der beiden seine Gefühle am stärksten bewegt.

Nach dem Essen ist er in dieser Beziehung noch nicht wesentlich weiter. Olivia ist hübsch, schön schlank und sehr nett, doch im Moment scheint sie nicht ihn bester Stimmung zu sein. Noch hat sie mit dem täglichen Leben Probleme. Anna betört ihn mit ihren schönen grünen Augen. Ihre dunkelblonden Haare passen gut zu ihr. Sie ist kleiner als Olivia und wirkt fraulicher. Zurzeit sprüht sie vor Unternehmungsgeist, da gibt es wenig Platz für einen Mann wie Tim. Bei Olivia kommt so etwas wie Beschützerinstinkt zum Tragen. Er möchte ihr helfen, damit sie aus ihrer kleinen Krise rauskommt. Doch dabei stösst er auf Granit, sie scheint überzeugt zu sein, dass er mit Anna liiert ist und will sich nicht dazwischen drängen. Eine komplizierte Angelegenheit. Soll er sich anderweitig orientieren? Bei den beiden scheint die Lage festgefahren. Auch das Nachtessen bringt ihn nicht weiter. Nach dem Essen begleitet er die beiden in ihre Studentenwohnung. Sie schauen sich gemeinsam noch einen Film an, doch Tim fühlt sich als Fremdkörper. Nach dem Film verabschiedet er sich. Der Abend wird als Fehlinvestition abgebucht. Er ist keinen Schritt weiter gekommen.

In den folgenden Tagen stürzt sich Tim in die Arbeit. Die Felsstücke welche Olivia mitgebracht hatte, finden die Geologen interessant. Steine mit einer so hohen Dichte findet man selten. Bei seinen weiteren Untersuchungen stellen er fest, dass diese Steine einen extrem hohen Schmelzpunkt aufweisen. Mit der Anlage der Uni kommt er in den Grenzbereich. Die Proben haben einen Schmelzpunkt von über eintausend achthundert Grad Celsius. Das ist wirklich überraschend. Auch mit der Altersbestimmung des Gesteins kommt er an die Grenzen, zwei Milliarden Jahren sind sehr alt. Wenn die Messung überhaupt stimmt. Wie kann man sich so etwas erklären?

Noch trauen sie den Messwerten nicht, die Angaben zu den Fundstellen sind verwirren und passen nicht in die gültige Theorie. Sie wiederholen die Messungen, diesmal genau nach der von Olivia angegebenen Reihenfolge, wie sie die Steine gefunden hatte. Zuerst die vom Fuss der Wand, dann in aufsteigender Reihenfolge die nächsten. Es gibt feine Unterschiede, doch alle Proben sind sehr alt und bestätigen die ersten Messungen.

Während Tim sich mit den Geologen wegen der Steinen wundert, hat Anna ihre Arbeit dem Professor abgeliefert. Sie hat sie persönlich vorbeigebracht und er hat die Kurzzusammenfassung gelesen.

Sein Mine wirkt skeptisch, noch sagt er kein Wort und liest sie ein zweites Mal genauer durch. Für Anna ist es schwer auszumachen, ob er ihrer Theorie zustimmt, oder ob er sie für Schwachsinn hält, wie er sich gerne Ausdrückt, wenn ihm ein Student nicht die richtige Antwort gibt.

Nachdem er die Zusammenfassung nochmals durchgelesen hat, blättert er durch den Bericht. Ab und zu bleibt er auf einer Seit etwas länger, dann blättert er ohne einen Kommentar abzugeben weiter. Anna bekommt es langsam mit der Angst zu tun. Irgendwie hat sie das Gefühl, dass der Professor nicht einverstanden ist. Doch noch hat er sich nicht richtig geäussert. Doch dann blickt er auf, bald wird das Urteil gefällt.

«Ja Frau Fuchs», beginnt er und scheint sich seinen Kommentar noch zu überlegen, «ich weiss nicht, wie Sie zu diesen Schlüssen gekommen sind, sehr gewagt, ich hoffe, dass Sie die Theorie gut begründen können.»

«Ich hoffe schon.»

«Wenigstens haben Sie sich die Mühe gemacht, etwas Eigenständiges abzuliefern und nicht nur Berichte aus dem Internet umgedichtet, das werde ich ihnen als Pluspunkt anrechnen. Nur die Theorie sollte schon auf einer guten Grundlage aufbauen. Da bin ich skeptisch, ich muss mir wohl oder übel die Zeit nehmen, alles genau zu studieren. Sie hören noch von mir.»

Damit war die Besprechung beendet. Mit einem gemischten Gefühl verlässt Anna das Büro des Professors. War sie zu weit gegangen? Ein Gefühl der Angst steigt in ihr auf und sie fühlt sich schlecht und dabei sollte sie eigentlich erleichtert sein, sie hat ihre Arbeit abgegeben, jetzt kann sie wieder mit dem zivilen Leben beginnen.

Olivia befasst sich langsam mit den eingesammelten Pflanzen. Sie legt einen Katalog an und bereitet Proben zur Bestimmung der DNA vor. Solche Versuche dauern einige Zeit, sie wird noch einige Wochen auf ein Ergebnis warten. Allzu viel erhofft sie sich von den Ergebnissen nicht. Schon vom geografischen Standpunkt aus, kann es keine bedeutende Übereinstimmung geben, die Proben wurden auf der gegenüberliegenden Seite der Erde genommen. Zudem sind die Klimabedingungen und das Alter der Proben soweit auseinander, dass man davon ausgehen muss, dass es gar keine Übereinstimmung gibt.

Dies würde die Sache wieder interessanter gestalten. Immerhin hat sie Pflanzen gefunden, die von der Art her, eine gewisse Ähnlichkeit mit Pflanzen aus der Pfahlbauerzeit aufweisen. Dies könnte unter Umständen so interpretieren werden, dass die Schöpfung unter ähnlichen Bedingungen zu ähnlichen Konstruktionen kommt. Doch um solchen Schlüsse zu ziehen, braucht sie die genauen Ergebnisse.

Heute Nachmittag hat sie noch einen Termin bei der Kollegin, welche versucht, das Tagebuch zu retten. Sie hofft, dass man wenigstens das Alter des Fundes herausfinden kann.

«Hallo, ich bin Leni», wird sie von der jungen Frau im weissen Kittel begrüsst.

«Ich weiss, - Ich bin Olivia.»

«Komm mit, ich zeige dir wie weit wir mit deinem Fund gekommen sind.»

«Kann man etwas entziffern?»

«Ich hoffe schon, nur, es ist in einer sehr kleinen Handschrift geschrieben, zudem hatte die Tinte eine schlechte Qualität, doch wir werden das Ding schon schaukeln, es ist alles eine Frage des Aufwandes.»

«Danke für die Hilfe», bedankt sich Olivia, «ich bin gar nicht sicher, ob sich ein solcher Aufwand überhaupt lohnt. Ich habe auch kein Budgets für solche Untersuchungen.»

«Das lass meine Sorge sein, es ist eine gute Übung, ich kann die Kosten unter Versuche abbuchen, das ist kein Problem.»

«Da bin ich dankbar, es interessiert mich einfach, es muss einen Grund geben, warum das Tagebuch so gut versteckt wurde.»

«Die ersten drei Seiten haben ich bereits soweit vorbereitet, dass wir sie einscannen können. Wir würden auf dem Papier nichts mehr erkennen, doch der Scanner registriert die feinsten Unterschiede, so wird der Text lesbar.»

«Und, hast du schon herausgefunden, in welcher Sprache es geschrieben ist?»

«Du wirst es nicht glauben, es ist in deutscher Sprache geschrieben, allerdings in einer verschnörkelten Handschrift, es wird nicht einfach sein, den Text zu entziffern, viele Buchstaben kann man kaum voneinander unterscheiden, aus Erfahrung weiss ich, dass man sich sehr schnell an eine Handschrift gewöhnt, sobald man deren Eigenheiten einmal erkannt hat, wird es einfacher.»

«Gut, wir werden sehen, was es zu erzählen gibt.»

«Morgen schicke ich dir ein PDF, dann kannst du beginnen, die Story zu lesen, viel Spass.»

«Danke, ich kann es kaum erwarten.»

«Erwarte nicht zu viel», beschwichtigt Leni, «manche Leute schreiben ein Tagebuch, dabei haben sie gar nichts zu erzählen.»

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