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Stadt, Land, Klima

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Klimaschmutz entsteht zwar überall – in Suburbs entstehen jedoch doppelt so viele CO2-Emissionen wie in Städten oder am Land.6 Klimaschutz liegt in der Stadt.

Die Logik ist einfach: Die entscheidenden Faktoren heißen Reichtum und Dichte. Reichtum bedeutet mehr CO2-Emissionen, Dichte weniger. Das Land ist relativ arm und dünn besiedelt. Städte sind relativ reich und dicht besiedelt. Suburbs liegen genau dazwischen: Sie haben zwar relativen Reichtum, aber kaum Dichte. Das bedeutet: größere Häuser, mehr Autos, mehr materieller Konsum – und daher auch deutlich mehr CO2-Emissionen.

Stadt selbst ist noch kein Garant für ein CO2-armes Leben. Reichtum und Dichte eröffnen allerdings echte Möglichkeiten. Ich als New Yorker blicke etwa wehmütig nach Barcelona und dessen autofreie „Superblocks“: Der Verkehr fließt auf den großen Adern, während die kleineren Straßen dazwischen für die Menschen reserviert sind. Auch Berlin, Wien und Zürich sind beim Nahverkehr und der Verkehrsplanung trotz aller Probleme globale Vorbilder: Das in Österreich geplante „1-2-3-Ticket“ – 1 Euro pro Tag, um alle öffentlichen Verkehrsmittel im eigenen Bundesland nutzen zu können, 2 Euro für zwei Bundesländer und 3 Euro für das ganze Land – ist dabei ebenso lobend zu erwähnen wie der Dreißig- oder gar 15-Minuten-Takt der Schweizer Bahn und sämtliche weiteren Maßnahmen, die Menschen gegenüber Autos bevorzugen.

Doch Verkehr ist nicht alles: Die Reduktion von CO2-Emissionen muss viel weiter gehen, als Radwege auszubauen. Möglichkeiten gibt es genug: von intelligenten Flächennutzungsplänen und Bauordnungen bis zu gänzlich neuen Geschäftsmodellen, in denen Vermieter finanzielle Vorteile genießen, wenn sie ihren Mietern effizientere Haushaltsgeräte zur Verfügung stellen. Wie immer hängt vieles von der Politik ab: Neben Wohnbauförderung plus Pendler- oder Kilometerpauschale gibt es auch Wohnungsförderung plus subventionierten städtischen Nahverkehr.

Vieles andere ist aber von Politik relativ unabhängig: Es geht ebenso um die persönliche Einstellung, um Umstellung, um Umdenken, um Potenziale. Es geht um Familie, um Zeit. Es geht um den Sonntagnachmittag genauso wie um den Montagmorgen. Es geht vor allem um die Zukunft: jene von Stadt, von Land und von Klima.

Dieses Buch ist mein persönlicher Versuch, das Thema aus den verschiedensten Perspektiven zu beleuchten. Ich begann daran zu arbeiten, als ich mit meiner Frau und unseren beiden kleinen Kindern per Fahrrad, Bahn und Schiff von Cambridge, Massachusetts, nach New York City zog. Die Frage, die dabei für mich im Mittelpunkt stand, lautete: Warum? Nicht bezogen auf den Umzug selbst, denn den hatten wir wie einen Urlaub geplant. Das „Warum?“ bezog sich auf unser Ziel: Wir hatten soeben unser erstes Family Home gekauft – ein neues Zuhause für unsere Familie. Allerdings war es kein „Einfamilienhaus“. Die Größe: 70 Quadratmeter.

Das ist klein, selbst für New York. Für eine vierköpfige amerikanische Familie ist es winzig. Das gab uns fast jeder auf seine Weise zu verstehen: der Blick der auf Stadtwohnungen spezialisierten Wohnungsmaklerin, die sichtlich noch nie mit Kindern zu tun hatte; der Kommentar der Bankangestellten, die unsere Wohnung wiederholt als Starter Home beschrieb, als „Einsteiger-Eigentum“. (Beiden schien unsere Wahl freilich mehr als gelegen zu kommen: Sie empfahlen sich sofort für unsere vermeintlich unausweichliche Wohnungssuche drei Jahre später, wenn es dann „weiterginge“. Das machen Jungfamilien mit ihren Einsteiger-Eigentümern doch so.)

Dass unsere eigene Wohnungssuche nicht der Norm entsprach, bestätigte uns auch die neue Lokalzeitung. Die New York Times verewigte unsere Wohnungssuche in einem Artikel nach dem Motto: „Effiziente vierköpfige Familie sucht Wohnung mit wenigen Wänden mitten in Manhattan.“7 Tatsächlich: Unsere Wohnung hat keine Innenwände, vom Badezimmer mal abgesehen. Das Wort „effizient“ kam in dem Artikel ganze drei Mal vor – nicht zwingend als Kompliment gemeint.

Wir haben freilich keinen Grund, uns zu beschweren. Ganz im Gegenteil: Wir halten die Größe unserer Wohnung für nahezu perfekt. Verbunden mit der Lage könnten die 70 Quadratmeter nicht idealer sein. Gleichzeitig fragen wir uns: Warum sehen das im Allgemeinen die wenigsten so?

Weder amerikanische noch europäische Durchschnittsfamilien wohnen so, wo und wie wir es tun. Familien gibt es in unserer unmittelbaren Nachbarschaft kaum: Ich kann die Nachbarskinder an zwei Händen abzählen – zumindest jene, die so wie wir leben. Denn Millionärs- oder gar Milliardärsfamilien gibt es hier ebenso, in New York City mehr als in jeder anderen Stadt. Die logieren im dreistöckigen Penthouse und schweben gleichsam über dem Rest der Stadt, mit der sie kaum jemals persönlich in Kontakt kommen.

Die ärmsten New Yorker – jene, die sich nicht unbedingt aussuchen können, was sie ihr Zuhause nennen – wohnen auch in Kleinstwohnungen, aus denen viele gerne entkommen würden. Viele leben in Schlafstädten innerhalb der Stadt. Jemand, der die Wahl hat, entscheidet sich anders.

Viele kleinere und größere Familien auf allen Kontinenten – von Shanghai bis Tokio, von São Paulo bis hin zur kleinen Stadtwohnung im niederösterreichischen Amstetten – können von 70 Quadratmetern nur träumen. Von jener Milliarde Menschen, die in den urbanen Slums wohnen, ganz abgesehen. Doch genau darum geht es: um den Traum von „mehr“.

Es gibt immer wieder irgendwo auf der Welt das Beispiel eines höchst effizient lebenden Designerpärchens mit Kleinstwohnung, das seine treue Anhängerschaft auf Instagram an seinem Alltag teilhaben lässt – hypermodernes skandinavisches Design inklusive. Designbücher, die das „einfache Leben“ im „kompakten Zuhause“, die „Sehnsucht nach weniger“ und den „Minimalismus“ preisen, gibt es zur Genüge. Und es gibt den Internetmillionär, dessen neues Statussymbol das Mikrohaus ist – die Trendikone in der kargen Wohnung. Exzentriker leben so, Familien kaum.

Bei Familien ist allzu oft von „Kompromiss“ die Rede: vom Leben auf eng(st)em Raum als notwendigem Ausgleich, um andere Prioritäten setzen zu können. „Effizienz“ ist dabei oft nur der Versuch, einen schöneren Begriff für „Kompromiss“ zu finden. Das eigentliche Ziel ist Effizienz dabei selten. Vielleicht wird sie das am Lebensabend, in der Pension, wenn die Kinder groß geworden sind und das Haus verlassen haben. Doch warum so lange warten?

Warum sich nicht bewusst für das effiziente Stadtleben entscheiden: als ideal für das tägliche Leben, für die persönliche Balance, für die Familie, für das eigene Wohnklima – und, ja, auch für das Weltklima?

Stadt, Land, Klima

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