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ACHTES KAPITEL

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New Orleans.

Im St. Charles-Hotel, in der weiten, luftigen Restauration der unteren Säle, hatten sich heute Morgen nicht allein eine große Zahl der b e n a c h b a r t e n

Pflanzer, sondern auch viele aus den Nachbarstaaten, aus Mississippi und Alabama, wie aus Arkansas versammelt, um eine Beratung über die Schritte zu halten, die, nach ihrer Niederlage gegen den Norden, jetzt zu tun waren; und erst als mehrere f r e m d e Gäste in das Lokal traten, die sie nicht zu Zuhörern wünschten, zogen sie sich in einen der oberen Salons zurück, den ihnen der Wirt bereitwillig zur Verfügung stellte. Die Mehrzahl der Herren waren gute und alte Kunden von ihm, die früher öfter im Jahre nach New Orleans herunterkamen, ihre Hauptzeit aber beim Verkauf ihrer Baumwolle hatten, wo sie nicht allein ihr Geld für die gelieferte Baumwolle – oft in sehr bedeutenden Summen – in Empfang nahmen, sondern auch ihre Jahresbedürfnisse für sich wie die Neger, mit Provisionen und sonstigen Dingen einkauften. Dann ließen sie aber im Hotel natürlich eine sehr bedeutende Rechnung auflaufen. Der Champagner floss in der Zeit wie draußen der Schweiß ihrer Sklaven unter den glühenden Sonnenstrahlen, und die „Herren“ führten auf etwa acht bis vierzehn Tage ein vollkommen zügelloses Leben.

Heute rief sie ein ernster Zweck in die Hauptstadt des Landes, und nicht etwa um ihr jährliches Fest zu feiern, sondern um ihr Unglück, ihren Verfall zu besprechen, hatten sie sich eingefunden. Mittel wollten sie außerdem beraten, um dem unerträglichen Druck der Nordstaaten zu entgehen und sich wieder ein eigenes, freies Reich zu gründen – frei natürlich nur in i h r e m Sinn, mit der Freiheit: den Sklaven wieder in ihren Banden zu halten und allein von seiner Arbeit zu zehren.

Spekulative Köpfe hatten nämlich den Plan gefasst, der mexikanischen Regierung eine Strecke Landes in Yucatan abzukaufen, wo ihnen dann zugleich die Hoheitsrechte überlassen werden konnten. Man hoffte wenigstens, dass die mexikanische Regierung auf einen solchen Antrag eingehen würde, und es sollte eben eine Deputation gewählt werden, um das Land dort selber in Augenschein zu nehmen und einen Platz für die Kolonie zu bestimmen.

Es war eine sehr ausgewählte Versammlung, die sich heute im St. Charles versammelt hatte, aber die fast ausgelassene Heiterkeit fehlte, die sonst wohl dieser ähnliche Gesellschaften zu der Baumwollzeit kennzeichnete. Die Herren fühlten den Ernst ihrer Lage, denn mit dem Boden unter den Füßen weggezogen schienen sie mit eiserner Hand darauf angewiesen, sich gewissermaßen von vorn an eine neue Existenz zu gründen. Das Schlaraffenleben, das sie bis dahin in Macht und Überfluss geführt, hatte ein Ende mit Schrecken genommen. Sie standen da wie ein Zimmermann ohne Werkzeug, wie ein Bankier ohne Kapital, allein auf sich und das Wenige, was ihnen geblieben, angewiesen, und viele von ihnen hatten so den Kopf verloren, das sie sich schon dem Hungertod preisgegeben sahen.

Und nicht allein die älteren Pflanzer fanden sich zu dieser Versammlung ein, nein auch die Söhne fehlten nicht und schienen fast ein größeres Interesse dabei zu haben als ihre Väter. Ihnen besonders war die Zukunft, die sie sich oft schon so rosig ausgemalt, vollkommen abgeschnitten, und ein Leben harter Arbeit lag vor ihnen, wo sie nur von Lust und Überfluss geträumt. – Auswandern? Und in ein Land, wo es keine Sklaven gab? – Der Gedanke war ihnen fürchterlich. Und was sollten sie dort? Selber den Acker bestellen? Lächerlich, wo sie sich bisher selbst ihren Kammerdiener gehalten und viele von ihnen nicht einmal verstanden, ihr eigenes Pferd zu satteln. Aber sie mussten und wollten wenigstens wissen, was die „Alten“ beabsichtigten, um danach später ihre eigenen Maßregeln zu ergreifen. Sie glaubten noch nicht einmal an die Möglichkeit eines solchen Gesetzes, das ihnen mit einem Schlag ihr Eigentum, die Sklaven, raubte. Die Yankees hatten es ausgesprochen, ja, und für den Augenblick die Übermacht auf ihrer Seite, aber würden sie imstande sein, es durchzuführen? Nie! Und Gleichberechtigung der Nigger mit den Weißen – lächerlich! Welcher Richter in ganz Louisiana oder einem der anderen Südstaaten würde je einem solchen vor Gericht gestattet haben, gegen einen Weißen auszusagen.

Das Gefühl, den Waffen des Nordens unterlegen zu sein, zwang sich ihnen allen auf, aber auch das von Trotz und Starrsinn. Das junge Volk besonders war gebeugt, aber noch nicht gebrochen, und anstatt darauf zu denken, sich in die neuen Verhältnisse zu fügen, wo offener Widerstand ja doch nur Torheit gewesen wäre, grübelten sie nur zusammen auf neue Mittel und Wege, um den letztgegebenen Gesetzen entgegen zu arbeiten und wenigstens – wenn sie auch keine Gewalt über die Nigger hatten, ihnen doch auch nicht einen Zoll breit Recht einzuräumen, auf welche nur die bevorzugte Kaste der Weißen Anspruch machen durfte.

Die alten Pflanzer, die das Land besser kannten als ihre Söhne, und das Nutzlose und Verzweifelte eines weiteren Kampfes einsahen, schüttelten aber dazu mit dem Kopf und ließen das junge Volk nur gewähren, weil sie selber genug zu überdenken hatten. Darüber, d a s s sie auswandern wollten, waren sie so ziemlich einig, aber das w o h i n galt noch als offene Frage, und während einige Yucatan und andere Nordbrasilien63 vorschlugen, erklärte sich eine nicht unbedeutende Partei für Havanna, wo sie erstlich Sklaven vorfanden und dann mit einem tüchtigen Nachschub von Landsleuten die ganze Insel vielleicht für sich gewinnen konnten. Der endlich gefasste Beschluss lautete auch dahin, zwei Deputierte sowohl nach Yucatan als Havanna zu senden, denn man war in beiden Ländern den Staaten näher als in dem fernen und fast außer Verbindung stehenden Brasilien, und konnte leichter zurückkehren, wenn einmal hier wieder günstigere Verhältnisse eintreten sollten.

„Verdammt, wenn ich das Land verlasse“, flüsterte der eine der jüngeren Leute einem der Freunde zu. „Wie die Yankees lachen würden, wenn wir alle das Feld feige räumten und sie nachher mit unseren Ländereien machen könnten, was sie wollten.“

„Aber was anderes bleibt uns übrig?“

„Ihnen das Leben zu vergällen“, zischte der erste durch die Zähne, „wo sich nur irgendeine Gelegenheit dazu bietet. Wir in Tennessee sind wenigstens fest entschlossen, der Gewalt nur Schritt für Schritt zu weichen, und dass wir dabei von unseren Richtern unterstützt werden, dessen sind wir sicher.“

„Aber in welcher Weise?“

„Du kennst doch die alte Verbindung des Ku-Klux-Klan, nicht wahr?64

„Bah, der hat sich überlebt“, sagte der Freund, „wir müssen etwas Ähnliches, aber n e u ins Leben rufen.“

„Das Alte genügt, wenn es nur noch lebensfähig ist. Ich habe heute Briefe bekommen. In Mississippi, Süd-Carolina, ja selbst in Georgia gährt’s und kocht’s, und dass die Louisiana-Boys da nicht zurückstehen, versteht sich von selbst. Ich für mich habe auch schon zugesagt, und wenn unsere Alten nachher fertig sind und den Platz verlassen haben, so wollen w i r die Verhandlung in die Hand nehmen.“

„Und kennst Du die Statuten des Ku-Klux-Clans genau?“

„Ganz genau nicht, aber wir stellen eine Verbindung her, die sich eine eigene Verfassung, eigene Gesetze gibt und diese mit Leib und Leben aufrecht erhält. Vor Gericht darf keiner gegen einen Verbündeten aussagen, oder er wird für vogelfrei erklärt und fällt unter den Messern oder Revolvern der Brüder. Jeder Eid, den er schwört, ist gerechtfertigt, wenn es geschieht, unseren Bund zu schützen oder Verräter zu ereilen.“

„Und was werden wir damit ausrichten?“

„Dass sich in kurzer Zeit der ganze Süden diesem Bund anschließt, und dann lasst den Norden versuchen, seine wahnsinnigen Gesetze hier bei uns in Kraft zu halten.“


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