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VIERTES KAPITEL

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General Sherman.

Wildes Leben herrschte in Belleville selber, als der durch wenigstens zwanzig Sklaven vermehrte Zug dort eintraf und Hauptmann Helldorn jetzt vor dem Courthause anhielt.

Die Schwarzen, die sein Leutnant mitführte, hatten sich schon teils auf die benachbarten Plantagen, teils in dem kleinen Ort selber verteilt, und wie ein Lauffeuer zuckte der elektrische Ruf: "Frei, frei!“ durch den weiten Plan.

Wie die Neger auf Mr. Taylgroves Plantage wohl mit äußerster Strenge, aber nie mit durchdachter Grausamkeit zu ihren Arbeiten angehalten worden, so dass sie bis dahin wohl F u r c h t vor ihrem Herrn gehabt und nie Liebe zu ihm gefühlt, aber gerade auch keinen Hass, der in diesem Moment zum Ausbruch hätte kommen können, so war das hier im Ort, und mit der traurigen Szene, die sich heute Morgen erst vor ihnen abgespielt, etwas Anderes; und kaum war der erste Freudentaumel verraucht, der die ganze schwarze Bevölkerung erfasste, als ein einzelner Ruf der überdies wild aufgeregten Masse ein bestimmtes Ziel gab und sie dem, wie ein losgebrochener Katarakt, entgegentrieb.

„Die Bluthunde!“, schrie eine Frau. „Unseren frommen Prediger haben sie mit denen gehetzt und er liegt jetzt in Ketten. Macht den Mann frei und schlagt die Hunde tot!“

„Und den weißen Schuft auch!“, gellte ein alter, weißwolliger Mann dazwischen, und wie eine Lawine drängte der Schwarm dem Gefängnis zu, das auch im Nu erbrochen wurde, während man mit Jubelrufen den Gefangenen befreite. Als sie ihn aber in seiner engen, schmutzigen Zelle, zusammengeschnürt und mit Ketten fast bedeckt, auf dem nackten Boden hingestreckt fanden und wussten, dass er nicht aus der Gotteswelt gesündigt, als nur den Versuch gemacht hatte, ihnen in ihren Leiden Trost zu bringen, ja dass jedes Wort wahr gewesen, das er zu ihnen gesprochen, da brach der Grimm in ihren Herzen in helle Glut und Lohe aus.

Man hatte auch jetzt erfahren, wer der Verräter gewesen, der ihn den Weißen angegeben – einer der Negertreiber auf Urguards Plantage, Benjamin mit Namen oder Ben genannt, ebenfalls ein Mulatte, der mehr seine schwarzen Brüder und erbarmungsloser gepeitscht, als zwanzig Weiße es wohl je getan.

Es brauchte nur der Andeutung, um den Strom der Rächer gerade dorthin zu lenken, denn Urguard selber war der verhassteste und gefürchtetste von allen Weißen im ganzen Distrikt, und Grausamkeiten erzählte man sich von ihm, ja wusste viele begründet, die nur niederzuschreiben die Feder sich sträubt. Tatsache war außerdem, dass ihn selbst die Weißen als einen unverantwortlich grausamen Mann kannten und ihm oft selber Vorstellungen darüber gemacht hatten. Mehrmals hing es ja an einem Haar, dass sich seine Neger gegen ihn empörten, und ein solches Beispiel konnte dann anstecken und namenloses Elend über viele Familien bringen. Er hatte auch ein paar Mal schon, selbst auf Klagen des Staatsanwaltes hin, seiner Unmenschlichkeit wegen gegen die Schwarzen vor Gericht gestanden; da aber immer nur „Farbige“ Zeugen gewesen waren und diese, den bisherigen Gesetzen nach, nicht vor Gericht gegen einen Weißen – was er auch verübt haben mochte – aussagen durften, so musste er jedes Mal „mangelnder Beweise wegen“ entlassen werden, und doch lagen in drei Fällen zu derselben Zeit die scheußlich misshandelten Opfer auf ihrem blutigen Lager, aber – es waren eben Neger, und das Gesetz konnte sie nicht schützen, oder selbst ihre blutigen Leiber als „Beweise“ gelten lassen.25

Die Schwarzen waren einmal erregt, die bewaffneten Neger aus dem Soldatentrupp schlossen sich ihnen an, und da die Soldaten auch vollauf beschäftigt waren, für die nachrückende Hauptmacht Quartiere und Lagerplätze auszusuchen, kümmerte sich niemand um die für den Augenblick ohne Kontrolle gelassenen Neger.

Der Zug wälzte sich direkt Urguards Plantage zu, als der befreite Mulatte, der nur der qualvoll durchlebten Stunden und seiner Hetze heute Morgen gedachte, ausrief:

„Die Hunde! Wo stehen die Bestien, dass wir die erst unschädlich machen, denn sie sind nur auf Negerblut angelernt!“

„Die Hunde! Die Hunde!“, jubelte der Schwarm ihm nach, indem schon die ersten rasch in die nächste, links abführende Straße einbogen. „Die Hunde und der Schuft, der sie hält! Vorwärts! Vorwärts! Dass er uns nicht entgeht“, und wie ein Sturmwind, der die Straße räumt, fegte die Schar da hinab, um das Haus des Yankee aufzusuchen.

Jim Sherard war allerdings schon in seiner Wohnung angelangt und sich der Gefahr, in der e r sich befand, wenn das Neger-Element hier die Oberhand gewann, auch wohl ungefähr bewusst, denn dass ihn die schwarzen oder „farbigen“ Burschen nicht liebten, darüber brauchte er sich kein Hehl zu machen. Trotzdem glaubte er aber nicht, dass sie so rasch wagen würden, ihn anzugreifen, packte deshalb nur seine Wertsachen zusammen, um im Fall der Not augenblicklich bereit zu sein, und ließ dann die Hunde in seinem eingefriedeten Hofraum los. Das geschehen, wusste er auch sicher, dass kein Neger den inneren Raum betrat, denn weit mehr als die Peitsche des Aufsehers fürchteten sie das furchtbare Gebiss der Bestien – aber das sollte ihn nicht schützen.

Jim Sherard stand gerade in seinem Zimmer in der oberen Etage eines kleinen Häuschens, das er mit zwei jungen Sklavinnen, die seine Dienerschaft bildeten, bewohnte, und war beschäftigt, seine Wäsche und sonstige Gegenstände zusammenzupacken, nur das eine ging ihm dabei im Kopf herum, wohin er sich von hier aus wenden solle. Waren diese Soldaten wirklich nur eine versprengte Patrouille – wie er noch immer glaubte – so wäre es gar nicht nötig gewesen, weit fortzugehen, denn er konnte dann recht gut in der Nachbarschaft bleiben. Rückte aber wirklich Shermans ganze Macht nach, dann wäre es doch am Besten gewesen, sich so rasch als möglich dem Norden zuzuwenden, denn nachher war die Geschichte hier unten für eine Weile ausgespielt und er konnte seine Zeit viel ruhiger im Norden abwarten – Menschen seines Gelichters fand er da oben noch immer genug.

Jauchzendes Gebrüll draußen auf der Straße, das näher und näher kam, trieb ihn rasch und erschreckt ans Fenster; aber er sah nur eine dunkle Masse, die sich den Weg herunter wälzte und allem Anschein nach sein Haus zum Ziel hatte – wollten sie zu ihm?

Ein Todesschreck ergriff ihn, denn was ihm in dem Fall bevorstand, wusste er gut genug, schon seiner gefürchteten Hunde wegen – aber gerade diese konnten ihm auch Sicherheit geben. In deren Bereich wagte sich keiner der Schwarzen, denn sie wären von ihnen zerrissen worden; durch seinen Hof konnten sie aber nicht, ohne die frei darin herumlaufenden Bestien zu passieren, und hinten sein Haus war unten mit Eisengittern versehen, also ein Einbruch dort eben so wenig möglich. Außerdem befand sich seine lange Büchse mit zwei Revolvern im Haus, und Schusswaffen hatten die Nigger ja nicht und durften sie überhaupt nicht führen, verstanden auch deshalb gar nicht damit umzugehen – wie Mr. Sherard wenigstens dachte. Er wusste nicht mehr, dass auf jeder Plantage wenigstens ein Neger war, der von dem Besitzer gewöhnlich für die Jagd gehalten wurde, und in den dazu passenden Jahreszeiten Schnepfen, Enten und Kaninchen und dann und wann auch wohl einmal einen vereinzelten Hirsch für die Küche einlieferte.

Jedoch es blieb ihm nicht einmal Zeit zum Überlegen, denn wie eine Sturmflut wälzte die Masse herbei und hielt wenige Minuten später vor seiner Umzäunung, während Nigger und Bull, die beiden Bluthunde, mit noch vier anderen Bestien in gleicher Stärke in fast rasender Wut gegen die Umzäunung ansprangen und die draußen haltenden Neger zu erreichen und zu fassen suchten. Aber das dauerte nicht lange, und hätten die Bestien gewusst, welche Gefahr ihnen hier drohe, sie würden scheu genug zurückgewichen sein.

Dass die Wütenden da draußen hielten, schrieb Sherard natürlich ihrer Furcht vor den Hunden zu; im nächsten Moment aber schon knallten acht bis zehn Schüsse, und heulend und winselnd brachen die sonst so blutgierigen Hunde zusammen, während einzelne der nur verwundeten, jetzt freilich zu spät, zum Haus zurückzukriechen suchten. – Noch ein Schuss und noch einer – jetzt steckten sie alle Viere von sich und die in Jubel aufheulende Rotte wälzte sich, wie eine schwarze Lawine, über die Fenz und dem Hause zu.

Weiter sah Sherard nichts – die Gedanken flogen ihm wirr durchs Hirn – sein Pferd! Wo aber wäre ihm Zeit geblieben, das zu satteln – sein Gepäck – den Mantelsack, den er schon geschnürt, griff er auf – er wusste, das ihm nur noch Minuten gestattet waren, sich zu retten.

So floh er die Treppe hinunter, um aus der Hintertür die Straße zu gewinnen, die in das Innere und die Berge führte; kaum erreichte er aber den hinteren Garten, als er auch schon dort lauernde, dunkle Gestalten sah. Der Weg dahin war ihm abgeschnitten, und jetzt blieb ihm nur als einzige Rettung das zum Glück noch nicht geschnittene Zuckerfeld auf der linken Seite, das allerdings nur einen schmalen Streifen bildete, an das sich aber auch ein sumpfiger und noch nicht urbar gemachter Teil des Waldes anschloss.

Da entdeckten ihn in seiner hellen Kleidung die dort draußen stehenden Neger und stießen ein wildes Geheul aus, während sie zugleich versuchten, die Hoftür zu sprengen. In Todesangst warf sich Sherard gegen die nächste Fenz, um sie zu überklettern. Schon war er oben, als sein Mantelsack an einem vorragenden Splitter hängen blieb und zurückfiel. Er warf den zagenden Blick nach seinen Verfolgern; aber in demselben Augenblick brach die Hoftür zusammen, und jetzt lag seine mögliche Rettung nur noch in verzweifelter und ungesäumter Flucht. Sein Eigentum musste er zurücklassen – sein Geld führte er ja doch in der Brusttasche bei sich, und wie er sich von der Fenz in das Zuckerrohr warf, verschwand er rasch in dessen dichten Schatten.

Die Verfolger suchten ihn allerdings auch dort, aber er hatte schon vor ihnen das Dickicht erreicht, und ohne Hunde wären sie kaum imstande gewesen, ihn da aufzuspüren.

Während nun ein Teil der Neger die Wohnung des verhassten Sklavenhändlers erst plünderte und dann anzündete, hatte sich der größte Teil des Schwarms schon gegen Urguards Plantage geworfen, denn der sonst so gefürchtete „Massa“ hatte die M a c h t verloren. Seine bisherigen Sklaven, die er oft schlimmer als Tiere behandelt, waren plötzlich M e n s c h e n geworden – Menschen, die nicht mehr im Staube kriechend der Peitsche demütig ihre Rücken beugten, sondern jetzt, von Grimm und Rache erfüllt, der jahrelangen Misshandlungen wegen, die Kräfte, nach deren Wert er sie gekauft, benutzten, um sie nun gegen ihn – und Gott weiß, mit welcher Wonne – zu verwenden.

Der Weg zur Plantage hinaus mochte kaum eine halbe englische Meile lang sein, und etwas hatten sich die Meuterer ja doch auch bei dem Haus des Yankee aufgehalten. In der Zeit war aber Mr. Urguard auch schon Warnung zugekommen, und zwar durch seinen eigenen Niggerdiener Ben, der da draußen herumspionierte und sich selber, nicht allein in seiner ziemlich guten Stellung, sondern auch an seinem eigenen Leben bedroht sah, wenn die Nigger die Oberhand erhalten sollten. Mr. Urguard lachte trotzig auf, als ihm Ben seine Befürchtung mitteilte. S e i n e Leute hatte er sich, wie er meinte, „gezogen“ und wusste recht gut, dass keiner von ihnen auch nur ein freches Wort gegen ihn wagen würde. Die Truppe von fremden Reitern, die nur irgendwo versprengt sein mochte, musste doch machen, dass sie von hier wieder fortkam, und wie es nachher den rebellischen „Niggern“ ging, konnten sie sich etwa denken.

D i e Vorsicht gebrauchte er allerdings, seine sämtlichen Gewehre zu laden, und vier von seinen Negern, auf die er sich glaubte fest verlassen zu können, nahm er auch in sein Haus – wenn sie ja gebraucht werden sollten; dann aber trotzte er viel zu sehr auf sein R e c h t als Sklavenhalter, um sich noch weiteren Befürchtungen hinzugeben. Die Schwarzen waren „vor Gott und den Gesetzen“ sein Eigentum. Er konnte damit schalten und walten, wie er wollte, und hätte den sehen mögen, der da wagte, auch nur ein einziges Wort hineinzureden.

Er befahl Ben, seine Neger zusammenzurufen und sie dann, so lange die Soldaten in der Nachbarschaft waren, fest in ihren Wohnungen zu halten, dass sie mit jenen in keine Verbindung treten konnten – aber wo staken die Neger! In dem Feld, in dem sie gearbeitet hatten, war keiner von ihnen mehr zu sehen; nur die Frauen und Kinder hatten in angeborener Scheu ihre Arbeit nicht verlassen; armes, gedrücktes Volk, das keine wirkliche Freiheit für möglich hielt und immer nur die Folgen seines Ungehorsams fürchtete. War es denn auch denkbar, dass sie frei werden sollten und dass i h r Herr seine Ansprüche auf sie aufgeben sollte? Nein. Wenn die Weißen hier wieder fortzogen, kümmerte sich kein Mensch mehr um sie, und wenn sie gesündigt, büßten sie mit blutigem, grausam zerfleischtem Rücken das Vergangene.

Die Straße herunter kam der Schwarm. Die Damen saßen eben in dem unteren Salon bei ihrem Kaffee. Sie hatten gehört, dass Unionskavallerie in Belleville eingerückt sei, teilten aber vollkommen die Meinung des Mr. Urguard, dass es nur ein durch Lees Armee versprengtes Corps26 sein könne, das auf der Flucht sich genötigt gesehen hatte, hier eine kurze Rast zu suchen, um ihren Tieren die notwendige Ruhe zu gönnen. Je weniger man sie deshalb beachtete, desto besser, denn sie mussten und sollten es fühlen, dass der Süden sie hasste und nichts mit ihnen wolle zu tun haben.

„Was ist das für ein Lärm?“, sagte Mrs. Urguard, als ihr Gatte eben – seine nötigen Vorbereitungen beendet – ins Zimmer trat. „Ist das die nordische Bande? Ich begreife unsere Truppen nicht, dass sie uns hier solchen Überfällen aussetzen.“

Urguard war ans Fenster getreten, aber das Blut verließ sein Antlitz, als er die dunkle Schar erkannte, die jetzt in vollem Lauf gegen sein Wohnhaus anstürmte. Es waren Neger und Mulatten, bunt gemischt, und ehe er nur seiner Frau antworten konnte, erkannte er auch schon einen Teil seiner eigenen Leute unter der Truppe.

„Verschließt die Türen!“, rief er mit heiserer Stimme, indem er ins Zimmer zurücksprang und dem Eingang zueilte. „Türen und Läden, hört Ihr? Rasch! Es ist eine Revolte – Ben! Hierher! Wo bist Du – sind die Leute oben? – An Eure Plätze!“

„O Massa!“, rief Ben, der ihm entgegenstürzte und dessen Gesicht jetzt wahrhaft aschfahl aussah. „Der gelbe Nigger ist unter ihnen, den wir heute gehetzt haben.“

Urguard erwiderte kein Wort. In zitternder Hast stürmte er die Treppe hinauf, ergriff dort eins der Doppelgewehre und feuerte es auch schon im nächsten Augenblick auf jenen Mulatten ab, den er – vielleicht auch mit Recht – für den Rädelsführer des Ganzen hielt. Der Schuss war aber wohl zu hastig gezielt gewesen; der Mulatte knickte allerdings, so wie er die Schrote erhielt, zusammen, war aber rasch wieder auf den Füßen, und ehe Urguard einen zweiten Schuss feuern konnte, verhinderten ihn seine eigenen Leute daran. Die vier Neger nämlich, die er zu seinem Schutz mitgenommen, wussten gut genug, um was es sich hier handele, und dachten gar nicht daran, ihren grausamen Herrn jetzt, wo ihn der Lohn für seine Schandtaten erwartete, zu schützen, oder gar noch eine Anzahl ihrer Stammesgenossen durch ihn abschlachten zu lassen. Wie er nur wieder die Flinte an die Backe legte, sprangen sie auf ihn zu und griffen ihn von hinten. Der zweite Schuss ging in die Luft, und von den vier starken Burschen in die Höh’ gehoben, wie von dem Gewehr behindert, vermochte er in der ersten Überraschung und dem Entsetzen, das ihn packte, keinen Widerstand zu leisten. Es war auch schon zu spät; nach vorn geschoben, und mit einem Mark und Bein durchschneidenden Angstruf, stürzte er aus der ersten Etage nieder in den Hof, wo sich die Menge in einem wahren Jubelgebrüll auf ihn warf und ihn, im wahren Sinn des Wortes, mit den bloßen Füßen selbst, z e r t r a t.

Ben, der „Niggerdiener“, wollte seinem Herrn zu Hilfe kommen, aber er hätte besser auf seine eigene Sicherheit gedacht, denn er gerade war schon seiner Abstammung wegen, trotz der er sich dazu hergegeben hatte, seine eigenen Brüder mit durchdachter Grausamkeit zu misshandeln, der Verhassteste auf der ganzen Plantage. Der leblose Körper flog seinem Herrn nach auf den Hof, und die schwarze Schar, die erst einmal Blut gekostet, war jetzt losgebrochen und würde noch vielleicht die furchtbarsten Grausamkeiten verübt haben, wenn nicht gerade zu rechter Zeit eine Truppe Unionssoldaten mit gezogenem Säbel in den Hof eingesprengt wäre, um der, wenn auch gerechtfertigten, Rache der Sklaven Einhalt zu tun.

Man hatte in Belleville die Schüsse gehört, und da Sherman selber jetzt sein Quartier da genommen, und die Offiziere wussten, dass strenge Ordre gegeben worden, keine Negerempörungen und Metzeleien in ihrem Bereiche zu dulden, sandten sie rasch eine Patrouille dorthin ab, um die Sache womöglich noch im Keim zu ersticken, und dieser gelang es denn auch, wenigstens die Frauen vor Misshandlungen zu schützen. Den Pflanzer selber hatte freilich seine Strafe ereilt, und jauchzend strömten jetzt die rasch wieder besänftigten Neger, die ihre Wut wenigstens an ihren beiden schlimmsten Peinigern ausgelassen, nach Belleville hinein, um sich dort in der großen Mehrzahl den weißen Truppen anzuschließen.

General Sherman war wirklich in Belleville eingerückt27 und auf seinem direkten Weg nach dem Hafen Savannah, während man bis jetzt geglaubt hatte, dass er sich gegen das weit mehr nördlich gelegene Charleston in Süd-Carolina wenden würde. Angst und Schrecken zuckte vor ihm her durch die ganzen Südstaaten, denn dass er diesen kecken Zug mitten durch eine vollkommen feindliche Bevölkerung, und die ganze Süd-Armee im Rücken, nur wagen durfte, bewies schon allein, dass die Kräfte des Südens auf die Neige gingen, und sich diese furchtbare, blutige Revolution ihrem Ende nähere.

Durch die Flotte im atlantischen Meere und die Eroberung aller festen Plätze am Mississippi, auf dem jetzt die Kanonenboote der Union kreuzten, war die Armee der Rebellen schon nur auf wenige Staaten eingeengt worden; jetzt hatte dieser unternehmende nordische General, mit einer Zähigkeit und Kühnheit, die ihresgleichen suchte, auch d i e s e Staaten noch einmal von Nord nach Süd durchschnitten und die Verbindungen dort nicht allein zerstört, sondern auch sich Gewissheit verschafft, dass die Rebellion ihre letzte verzweifelte Kraft schon aufgeboten und an die Grenzen geworfen, im Inneren aber keine weiteren Hilfsmittel und Reserven zurückbehalten habe. Die vollständige Unterwerfung der halb vernichteten und auseinander geschiedenen Truppenkörper konnte deshalb nur eine Frage der Zeit sein, und jetzt zum ersten Mal fingen die Pflanzer in diesem bisher von dem Krieg vollkommen verschont gebliebenen Landstrich an zu ahnen, welchen Missgriff sie begangen hatten, als sie den Krieg begonnen, um ein einziges großes Sklavenreich zu bilden. Ihr Spiel war verloren, und wie sie das Vertrauen auf ihre Heerführer weichen sahen, ergriff auch Kleinmut die feigen Herzen.


General Shermans Marsch durch Georgia

Schon als die nordischen Offiziere das Hotel in Beschlag nahmen, zogen sich die weißen Insassen von Belleville scheu daraus zurück und suchten ihre eigenen Wohnungen auf, um dort nicht allein die eigenen Leute im Zaum zu halten, sondern auch den Sturm vorüberbrausen zu lassen. Vielleicht war es eben auch nichts weiter, und ein Verkehr mit diesen Herren hätte ja doch nur für beide Teile unangenehm sein müssen – jedenfalls für die Sklavenhalter.

Da durchlief das Gerücht von Urguards Ermordung den kleinen Platz, und jetzt trat an die übrigen Pflanzer wie weißen Insassen, die sämtlich Sklaven hielten, die Furcht heran, dass das einmal vergossene Blut nur das Signal zu weiteren Mordtaten sein könne und keiner von ihnen allen mehr seines Lebens sicher wäre. Gingen doch die einzelnen Soldaten schon jetzt überall herum, um Lebensmittel aufzutreiben, und wurden von den „Niggern“ auf das Tätigste dabei unterstützt. Hier galt es also, den Kommandierenden selber aufzusuchen und ihn auf die Gefahr, der er das ganze Land aussetze, aufmerksam zu machen. Während Dr. Simms die Sache in die Hand nahm und Boten an die verschiedenen Freunde absandte, dass sie sich in seinem Haus versammeln möchten, schickte er selber ein paar Zeilen an General Sherman, um ihn von den bisher verübten Gewalttätigkeiten in seinem und dem Namen seiner Freunde in Kenntnis zu setzen.

Er sollte auch nicht lange auf Antwort warten – Antwort aber sehr lakonischer Art, denn der General schrieb weiter nicht als:

„Kommen Sie mit Ihren Freunden zum Hotel. Ich habe mit Ihnen zu

reden.

Sherman.“

Das war jedenfalls „short and sweet“, wie die Yankees sagen, und ließ eine Missdeutung nicht zu. Der General b e f a h l den weißen Bewohnern des Landes, den bisherigen unbeschränkten H e r r e n desselben, vor ihm zu erscheinen; und wenn sie dem Befehl nicht gehorchten? – Der Doktor hatte schon im Sinne, eine trotzige Antwort zurückzuschicken, aber – die Klugheit siegte über den augenblicklichen Ingrimm, der den alten republikanischen Aristokraten im ersten Moment erfasste. Es war doch jedenfalls besser, erst einmal zu hören, was der General, der wenigstens h i e r zur Zeit die Übermacht in Händen hielt, zu sagen hatte – nachher konnte man ja noch immer tun, was man wollte, und die Ankunft seiner Freunde musste er jedenfalls abwarten.

Diese trafen auch bald genug ein, denn die Zeit erforderte rasches Handeln, und das gewöhnliche „Gehenlassen“, was eigentlich einen Charakterzug des amerikanischen Pflanzers ausmacht, war nicht mehr am Platz. Wenn hier nicht rasche Hilfe kam, konnte die begonnene Rebellion der Schwarzen sich mehr und mehr ausbreiten und m u s s t e dann furchtbare Folgen nach sich ziehen. Die Herren wussten ja gut genug, was sie gesündigt, und wie gegründete Ursache die Neger hatten, für manches Vergangene Rache zu nehmen, wenn sie nur erst einmal die G e w a l t in ihren Händen sahen. Sieben Neger kamen in dem Staat auf einen Weißen, und in den Niederungen stellte sich das Verhältnis noch viel ungünstiger heraus. Dort konnte man recht gut zwölf auf einen rechnen und – „vor dem Sklaven, wenn er die Kette bricht – vor dem freien Menschen erzittere nicht.“28

Allerdings sträubte sich Anfangs der Stolz der Baumwoll- und Zuckerbarone, der Aufforderung – man konnte nicht einmal mehr sagen Einladung – eines nordischen Offiziers – und w e n n er ein General gewesen wäre, zu folgen. Dem Rechte nach hätte er, wie sie meinten, vor i h n e n erscheinen müssen, aber das Schreiben Shermans war zu entschieden abgefasst; es duldete eben keinen Widerspruch. In seiner Macht lag es außerdem, die schon wachgerufene Leidenschaft der Sklaven noch mehr aufzustacheln, und – die Herren stimmten dem Doktor bei, der Aufforderung ungesäumt Folge zu leisten – das einzige Mittel überhaupt, um so rasch als möglich einen Überblick über die gegenwärtigen Verhältnisse zu gewinnen.


General Sherman in Atlanta

Harper, Taylgrove, der Doktor, die beiden Advokaten Lesley und Johns, der Apotheker, der Richter – sie alle hatten sich eingefunden. Die weißen Aufseher auf den verschiedenen Plantagen hätten allerdings eigentlich auch dazu gezogen werden müssen – als Weiße, natürlich, aber – sie standen in Diensten; und wie diese stolzen Sklavenzüchter selbst den weißen Ansiedler verachteten, der sich nicht schämte, selber Hand an die Arbeit zu legen, so würden sie nie ihren Dienern gestattet haben, irgendwelche Gleichberechtigung mit ihnen zu beanspruchen.

Die Straßen der Stadt lebten und wimmelten von Unionssoldaten, und mitten zwischen ihnen herum trieben sich die Nigger beiderlei Geschlechts. Aber das nicht allein – gerade wie sie den Platz vor dem Hotel erreichten, kam ein Trupp der Reiter, von Negern geführt, in die Stadt eingeritten und trieb eine ganze Herde kräftiger Stiere und guter Pferde vor sich her, deren Weideplätze augenscheinlich ihre eigenen Sklaven verraten hatten.

Taylgrove biss ingrimmig die Zähne zusammen, denn die meisten der eingebrachten Tiere gehörten ihm, und zwei von seinen eigenen Sklaven erkannte er ebenfalls unter der Schar. Aber für den Augenblick war nichts weiter zu tun; befanden sie sich doch auch gerade auf dem Weg zum General, und der musste ja Abhilfe schaffen, oder das ganze Land stand gegen ihn auf, und weder er noch einer seiner Truppen hätte je wieder den Boden der nordischen Heimat lebendig erreicht.

An dem Hotel angelangt, wollten sie natürlich in das Gastzimmer treten, fanden aber den Vorraum so mit Soldaten angefüllt, dass es kaum möglich gewesen wäre, hindurch zu dringen, hätten sie überhaupt Lust verspürt, sich zwischen diese Menschenmasse zu mischen. Taylgrove rief deshalb den Wirt heraus und frug ihn, wie sie in das Zimmer des Generals kämen, worauf Selkirk, der Wirt, jedoch achselzuckend sagte: General Sherman hätte ihm streng verboten, irgendwen – wenn es nicht einer seiner eigenen Offiziere sei – zu ihm hinaufzulassen. Verlange jemand nach ihm, so solle er es ihm melden, und er werde dann weiter darüber bestimmen.

Taylgrove nahm wieder die Unterlippe zwischen die Zähne, aber wie sich sein Stolz auch dagegen empörte, es ließ sich nicht gegen die augenblickliche Gewalt der Feinde ankämpfen, und nur ihre Zeit mussten sie abwarten, um dann wieder reichliche und volle Vergeltung zu üben.

„Gut, Selkirk“, sagte er deshalb nach kurzer Überlegung und mit zusammengezogenen Brauen, „so sagt dem Herrn General, dass die sämtliche weiße Einwohnerschaft von Belleville, aber nur die ‚besitzende’ Klasse, auf seinen Wunsch hierher gekommen wäre, um ihn zu sprechen – ihre Zeit sei aber sehr in Anspruch genommen und die Herren wünschten, dass die Sache bald erledigt würde.“

Selkirk schaute ihn, während Taylgrove sprach, ein wenig zweifelhaft von der Seite an, denn wie der General eine solche Botschaft aufnehmen würde, konnte er sich nach dem, was er hier von ihm gesehen, etwa denken. Es fiel ihm aber nicht ein, irgendwelche Einwendung dagegen zu machen. Wie er die Worte setzen wollte, war ihm ja anheim gegeben, und kaum zehn Minuten später kehrte er auch schon mit der Antwort zurück: die Herren müssten sich einen Augenblick da draußen gedulden, der General würde gleich zu ihnen herunterkommen.

„Das ist doch eine Unverschämtheit ohnegleichen“, rief Simms empört aus, „uns hier unten auf der Straße warten zu lassen, wo er da oben seine eigenen Gemächer hat. Was sagen Sie dazu, Rodgers?“

„Was ich dazu sage?“, erwiderte achselzuckend der Richter. „Dass ich mich einer derartigen Frechheit nicht füge, sondern einfach meiner Wege gehe. Hole den Yankee der Teufel!“

„Das Schlimmste ist“, brummte Lesley, der eine Advokat, „dass es gar kein Yankee ist; die besten Männer haben die Schufte doch nur aus unseren Staaten.29 Aber bleiben Sie doch lieber da, Rodgers. Er hat eben für den Augenblick die Macht, und unsere Zeit kommt auch wieder, wo wir es der verwünschten Bande heimzahlen können. Denken Sie nur an die Kostenrechnung, die wir ihnen machen werden.“

„Ja“, sagte Taylgrove düster, „wenn wir die nur nicht aus unserer eigenen Tasche bezahlen müssen.“

„Torheit“, rief Rodgers, „wenn ich mir denken sollte, dass die Buben wirklich siegreich blieben, so schösse ich mir heute noch eine Kugel durch den Kopf. Wie haben wir sie in den ersten Jahren gehauen, wo sie uns außerdem stets in der Übermacht gegenüberstanden; wie sind sie gelaufen und wie viel Tausende von Gefangenen haben wir noch jetzt in unseren Feldkerkern. General Sherman, ja, ist bis hier herunter vorgedrungen und hat uns gerade an der schwachen Seite gefasst; aber ob er oder einer seiner Trupps je den Norden wiedersieht, ist eine andere Frage, und ich meinesteils glaube es nicht.“

„Der General bleibt lange“, warf Harper ein, der indessen unablässig nach der Tür gesehen hatte.

„Und verdammt will ich sein, wenn ich länger auf ihn warte“, rief Rodgers; „sollte er nach mir fragen, so sagt ihm nur, wenn er etwas von mir wollte, solle er zu mir kommen“, und trotzig wandte er sich zum Gehen.

„Rodgers, bleibt hier“, rief ihm Taylgrove noch einmal nach, aber der alte Herr schüttelte unwillig den Kopf und verließ, ohne sich noch einmal umzudrehen, den Hof.

Die Geduld der übrigen Herren wurde allerdings noch auf die Probe gestellt, denn fast eine halbe Stunde ließ sie der General warten, bis er es für gut hielt, zu ihnen hinauszutreten. Er war gerade bei seinem Mittagessen gewesen und hatte es nicht für nötig gefunden, das zu unterbrechen – selbst ihretwegen. Jetzt trat er in die Tür, im bloßen Kopf, die Serviette noch in der Hand.

William Tecumseh Sherman (im Jahre 1820 in Ohio geboren, in der Militär-Akademie in West-Point ausgebildet) war ein durchaus militärischer, gerader und derber, aber auch offener und ehrlicher Charakter, der, was wahrlich nicht viel sagen will, keinen Feind in den Vereinigten Staaten hatte, als jetzt die Männer, die ihm mit den Waffen in der Hand gegenüber standen.30

Sherman war etwas über Mittelgröße, eine kräftige Natur, aber mehr in Knochen und Sehnen als in Fleisch – ein Körper, wie gemacht, um Strapazen und Mühseligkeiten zu ertragen, und dabei von oft und oft geprüftem Mut, der zuweilen sogar an Keckheit grenzte und Gefahren eher suchte, als dass er sie vermied.

„Die ruhelosen Arme und Beine sind lang, knöchern, greifend“, sagte Dr. Ernst Reinhold Schmidt von ihm in der Geschichte des Amerikanischen Bürgerkrieges.31 „Der Gang ist schnell, unruhig, sprungfederartig. Die nachlässige Haltung und Kleidung, die sorglose Ausdrucksweise bezeichneten den Mann, der dem Schein abhold, das Urteil der Menge nicht für sich gewinnen mochte. Man hat Sherman ein Original genannt; es wäre richtiger, wollte man in ihm einen genialen Menschen erkennen. Dieser auffallend große Kopf, mit dem unverhältnismäßig stark entwickelten Schädel und der hohen Stirn, birgt ein gewaltiges, gedankenreiches Hirn, dessen rastlose innere Tätigkeit aus den unsteten grauen und scharfen Augen hervorleuchtet. Die Züge des verwitterten Gesichts sind überaus scharf markiert, besonders um die Mundwinkel tief eingeschnitten, und geben demselben einen Ausdruck von Härte und Strenge, die nicht in dem Wesen Shermans lag. Struppiges, kurzgeschnittenes Barthaar beschattet Lippen, die fein und festgeschlossen erschienen, wenn – die Zigarre fehlte, oder der Mund schwieg, was ein seltener Fall war.“

Sherman trug seine einfache Generalsuniform, nur mit den Achselklappen als einzige Auszeichnung – kein Orden schmückte die Brust des Siegers in vielen Schlachten, ja die hohen, scharf gestärkten ,Vatermörder’, die ihm hinten weit aus der Krawatte empor standen, gaben ihm sogar etwas Philisterhaftes, was aber sein Auge rasch genug Lügen strafte.

Toilette hatte er nicht gemacht, das Haar schien wenigstens in einer Woche nicht gekämmt; aber er wäre auch ebenso dem Präsidenten oder dem Oberbefehlshaber der Armee wie hier den rebellischen Pflanzern entgegengetreten – was kümmerte ihn die Welt. Hier aber dachte er gar nicht daran, Rücksichten zu nehmen, denn er kannte die Menschenklasse, die er da vor sich hatte. Er ging nicht einmal zu ihnen hinaus. Auf der steinernen Schwelle des Hauses blieb er, die Zigarre im Munde, stehen, und eine einfache Bewegung seiner Hand sagte den Herren, dass er sie dort erwartete.

Taylgrove zögerte, einer solchen Aufforderung Folge zu leisten, Lesley aber, dem daran lag, das zu hören, was ihnen der General zu sagen hatte, trat zuerst vor, und als ihm die anderen jetzt folgten, wartete Sherman, bis auch die Letzten herangekommen waren.

„Herr General“, ergriff da Lesley das Wort, „Sie hatten den Wunsch ausgesprochen, uns hier zu sehen.“

„Gentlemen“, sagte Sherman, ohne auf die Einleitung eine Antwort für nötig zu halten, oder sie doch jetzt wenigstens im Allgemeinen zu geben. „Ich habe Sie herrufen lassen, um Ihnen in wenigen Worten den Stand der Dinge im gegenwärtigen Augenblick klar zu machen. Der Feind ist besiegt, seine Macht und sein Trotz gebrochen. Der Rest Ihrer Armee ist in drei Teile zerlegt, und wir sind eben bei der letzten Arbeit, diese vollständig aufzureiben.“

„General“, sagte Taylgrove, der sich nicht länger mäßigen konnte. „General Lees Armee steht noch ungebrochen.“

„Ich habe Sie nicht rufen lassen, um Ihre Ansichten über den Stand des Krieges zu hören“, unterbrach ihn der General scharf, „sondern Ihnen einfach Tatsachen mitzuteilen; ob Sie dieselben glauben oder nicht, kann mich nicht kümmern. Jedes Wort unserer glorreichen Konstitution ist jetzt zu einer Wahrheit geworden, alle Menschen sind frei; es gibt keine Sklaven mehr, und ehe wir den Platz wieder verlassen, wird der farbigen Bevölkerung desselben das neue Gesetz mitgeteilt, wie auch, dass jeder Neger oder Farbige seinen freien Willen hat, sich unserem Zuge anzuschließen.“

„Aber der Süden hat das Gesetz nicht anerkannt!“, rief Harper heftig aus. Sherman antwortete ihm gar nicht; nur sein graues Auge haftete einen Moment auf ihm, dann fuhr er ruhig fort:

„Treten Sie noch, nachdem wir den Platz verlassen haben, gewalttätig gegen Ihre Gegner auf, dann haben Sie sich die Folgen selber zuzuschreiben; schon heute haben Sie eine Probe davon erhalten, was dieses bisher geknechtete Volk vermag, wenn es sich erst seiner Freiheit und Macht bewusst ist. Folgen Sie m e i n e m Rat, so stellen Sie sich mit den Leuten auf einen guten Fuß. Erkennen Sie die Tatsachen an, es bleibt Ihnen doch nichts anderes übrig; und jetzt ersuche ich Sie nur noch, für den Unterhalt meiner Truppe für diese Nacht zu sorgen, denn morgen früh werden wir unseren Marsch wieder fortsetzen. Tun Sie das gutwillig, so wird es mit keinen großen Unbequemlichkeiten verbunden sein; muss ich aber meine Leute zum Fouragieren ausschicken, so kann ich eben nicht für kleine Überschreitungen einstehen. Wir sind einmal im Krieg und in Feindes Land.“

„Aber, General...“

„Ich habe Ihnen nichts weiter zu sagen und schicke Ihnen nur meinen Quartiermeister zu, mit dem Sie das Übrige besprechen und regeln können – Guten Abend, meine Herren!“ Und mit einer Bewegung der Serviette drehte er sich um und schritt wieder in das Haus zurück.


General Robert E. Lee, Oberbefehlshaber der Nord-Virgina-Armee, erst im Jahre 1865 noch zum Oberbefehlshaber aller konföderierten Truppen ernannt.

In Amerika

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