Читать книгу In Amerika - Gerstäcker Friedrich, Jurgen Schulze - Страница 13

„Sie werden uns frische Armeen über den Hals schicken.“

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„Gegen wen? Haben sie ein Heer, das sie bekämpfen können? Keinen einzigen Soldaten. Sie werden nirgends einen sichtbaren Feind finden, während sie wissen, welche Gesinnung jeder Bürger im Herzen trägt. Nur einig müssen wir sein, dann lass es die Nigger wagen, zur Wahlurne zu treten, oder sich um ein öffentliches Amt zu bewerben – mit Hunden hetzen wir sie in den offenen Straßen, und wer sich nicht auf unsere Seite auch von den Weißen stellt, dem wäre besser, dass er u n s e r e Staaten nie gesehen hätte.“

„Aber das ist Torheit, Ned“, sagte der Freund. „Du weißt doch und musst wissen, dass viele Pflanzer ihre Plantagen weniger zum Verkauf ausgeboten haben – denn wer kauft jetzt große Landstriche – sondern dass sie dieselben parzellieren wollen, um nordische Ansiedler zu uns herzuziehen.“

„Und w e r tut das von uns?“, rief Ned heftig. „Nur Feiglinge und Deserteure der guten Sache. Was liegt i h n e n am Land, wenn sie nur ihr eigenes Fell und Fett in Sicherheit bringen können, und auf d i e sollen wir Rücksicht nehmen? Wer von den verdammten Abolitionisten bei u n s Land kauft und die Absicht hat, es zu beziehen, der wird zeitig genug merken, dass er einen dummen Streich gemacht, und wenn wir denn die Neger nicht mehr als Eigentum behalten sollen, ei! Dann wollen wir ihnen auch hier in den Südstaaten einheizen, dass sie ihrem Gott danken werden, wenn sie mit heiler Haut hinauskommen.“

„Immer ein gefährliches Ding“, sagte der Freund kopfschüttelnd. Es k a n n gut gehen, kann aber auch einen verwünscht schiefen Verlauf nehmen, und wer dann erst recht den Kürzeren zieht, das sind wir.“

„Bah, Torheit!“ lachte der junge Mann. „Wir werden sie mürbe machen, bis sie froh sind, wenn wir uns endlich auf einen Vergleich einlassen. Gleich gestellt mit einem N i g g e r ? Verdammt, wenn ich mich dem je unterwerfe.“

Die älteren Herren fassten die Sache ruhiger auf. Sie sahen, dass sie in den Staaten in der bisherigen Weise nicht fortleben konnten; sie wussten aber auch, mit einer besseren Erkenntnis als das junge Volk, dass sie nie wieder mit Gewalt ihre verlorene Stellung erobern konnten, und da sie nicht glaubten, dass sie sich in die neugestalteten und ihnen unnatürlichen Verhältnisse finden würden, sahen sie ihr einziges Heil in einer Auswanderung nach einem benachbarten Land, von wo aus sie dann, wenn sie sich dort festsetzten und nach und nach die Oberhand gewannen, den neuen Beginn einer glücklichen Zeit für sich anzubahnen gedachten. Gelang es ihnen, dort die Sklaverei einzubürgern, so hofften sie, dass sie reichlichen Zuschuss von den Südstaaten bekommen würden, und wie bis jetzt der Druck der Abolitionisten von Norden herunterpresse, konnten sie dann einen mächtigen Gegendruck vom Süden dagegen ausüben.

* * *


Die breite, prächtige Kanalstraße hinab, die auch nach dem See Pontchartrain hinausführte und in deren Mitte ein doppeltes Schienengleis für die Straßeneisenbahn lag, rollte eben der ziemlich schwach besetzte Waggon nach außen zu. Nur vier junge Leute, den höheren Ständen angehörig, und eine ältere Dame saßen darin. Drei von diesen waren Amerikaner und Bekannte, denn sie sprachen viel miteinander und zwar mit unterdrückter Stimme, der vierte schien ein Fremder, verkehrte nicht mit ihnen und saß in der einen Ecke des Wagens allein.

Der Kutscher draußen zügelte die Pferde ein. In der Allee, neben dem Schienenweg, stand ein junges Mädchen, kaum dem Kindesalter entwachsen, aber von wunderbarer Schöne, schlank, mit blonden Haaren und blauen Augen, das von einem alten Neger begleitet einzusteigen wünschte.

Der Wagen hielt. „Alle Wetter, das ist ein wunderhübsches Mädchen“, flüsterte der eine der Amerikaner den Freunden zu.

„Aber ein Nigger65“, sagte der zweite, und zwar so laut, dass es das junge Kind fast hören musste, „ich kenne sie, sie gehörte Owen Karr und wird jetzt die Dame spielen.“

„Hallo, mein Bursch!“, rief da der eine Amerikaner, der das Mädchen hatte passieren lassen, aber dem alten Neger, der ihr eben folgen wollte, entgegentrat. „Willst Du einmal machen, dass du gleich hinauskommst, oder soll ich Dich mit dem Kopf zuerst hinausschleudern. Halt, Kutscher, hier will ein Nigger mitfahren, und verdammt, wenn das geht!“

„Aber Massa“, rief der alte Mann erschreckt, „ich gehöre zu Miss da.“

„Du magst gehören, wem Du willst, aber in keinen Waggon mit weißen Leuten zusammen“, und dabei nahm er den alten Burschen und wollte ihn ohne weiteres aus dem Wagen stoßen.

„O, lass uns wieder aussteigen, Onkel Pitt“, bat das junge Mädchen, das kaum mehr als fünfzehn, höchstens sechzehn Jahre zählen konnte, indem sie zurück nach dem Ausgang drängte.

„Bleiben Sie hier, schönes Kind“, lachten die beiden anderen jungen Amerikaner, indem sie ihre Arme vorhielten. „Lassen Sie nur den alten Nigger, wir wollen Sie schon sicher nach Hause geleiten.“

„Bitte, lassen Sie mich hinaus – oh bitte, lassen Sie mich hinaus.“

„Massa!“, schrie zugleich der alte Neger, indem er sich gegen den Griff des jungen Mannes sträubte, und die Arme, mit denen er ihn dabei hielt, schienen von Eisen zu sein. „Ich habe jetzt dasselbe Recht hier, wie Sie – ich bin ein freier Mann und kein Nigger.“

„Bestie!“, schrie der Amerikaner dagegen. „Willst Du Hand an einen Weißen legen?“ Und mit voller Gewalt warf er sich gegen ihn.

Der Alte hatte auf der Schwelle des Waggons keinen festen Stand. Wie er einen halben Schritt zurücktrat, rutschte er aus und verlor den Fußhalt, aber sein Griff hing um so fester an dem Kragen seines Angreifers, und im Fall selbst riss er ihn herum und brachte ihn unter sich, so dass er vor ihm auf die Bahn kam und seinen eigenen Sturz brach. Der junge Amerikaner traf dabei mit dem Kopf auf die eiserne Schiene, und vor Schmerz und Wut fast rasend, schnellte er sich, da ihn der Neger überdies jetzt losließ, empor, riss einen Revolver, den er unter der Weste trug, heraus, und schon im nächsten Moment – wie das Ganze überhaupt kaum Sekunden gedauert hatte – schmetterte der Schuss durch die Straße.

„Lassen Sie mich hinaus!“, rief das Mädchen in Todesangst.

„Sie können nichts dabei tun – vorwärts, Kutscher“, schrie der eine Amerikaner.

„Gentlemen, mit Ihrer Erlaubnis“, sagte da der junge Fremde, der aufgestanden und nach hinten gekommen war. „Gestatten Sie, Fräulein, dass ich Sie hinausführe“, und den Arm des jungen Mannes in ruhiger, aber sehr bestimmter Weise lösend, wobei er ihm einen Blick zuwarf, der jenem deutlich genug sagte, dass hier Ernst gemeint sei, geleitete er das Kind hinaus.

„Go ahead!“, rief aber auch jetzt der hintenaufstehende Kondukteur und gab das Zeichen zum Weiterfahren. Er hatte den Schuss gesehen, von dem der Neger in die Knie brach und auf sein Gesicht fiel, und mochte mit der Sache nichts weiter zu tun haben. Der Mörder warf sich auch, doch wohl in Furcht, zur Rechenschaft gezogen zu werden, rücksichtslos in den Waggon zurück, während der Kutscher seine Pferde schon wieder antrieb. Ehe sie aber den schweren Wagen in Gang brachten, gelang es dem jungen Fremden, seinen Schützling auf die Seitentreppe zu bringen, und abspringend, erfasste er sie und hob sie, während das Fuhrwerk gerade den ersten Ruck tat, auf die Bahn nieder. So stand er mit ihr wenige Sekunden später, während die street car schon rasch die Straße hinabrollte, neben der Leiche des alten Negers und in einer herzudrängenden Menschenmasse, die den Schuss gehört und auch wohl die Kämpfenden gesehen hatte und jetzt gern Zeuge des Ausgangs sein wollte.


In Amerika

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