Читать книгу Geliebt, gehasst, gefürchtet … - Glenn P. Webster - Страница 6

1. Kapitel

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Der Knall eines Revolverschusses hallte dumpf aus dem steinernen Gebäude der Greenhill-Bank.

Mit einem wilden Satz sprang Sheriff Chad Harbin vom Stuhl auf, riss die Winchester 73 aus dem Gewehrrechen und hastete zur Tür.

Draußen flutete gleißendes Licht über die breite Main Street der kleinen Rinderstadt. Das Bankhaus lag dem Sheriffs-Office schräg gegenüber. Staubbedeckte struppige Pferde waren am Haltegeländer davor angeleint. Daneben stand ein breitschultriger Fremder auf dem Gehsteig und hielt ein schussbereites Gewehr im Hüftanschlag.

Die hohen Türflügel der Bank wurden nach innen aufgezerrt. Ein schmächtiger Mann mit hochgekrempelten weißen Hemdsärmeln stolperte über die Schwelle. Sein spitzes Gesicht war kreidebleich, die Augen weit aufgerissen.

»Hilfe!«, krächzte er. »Überfall! Amarillo und seine Banditen rauben den Tresor …«

Aus dem Gebäude folgte das erneute Krachen eines Schusses. Für einen Moment wurde die Dämmerung hinter der halboffenen Tür vom grellen Mündungslicht zerfetzt. Wie von einem Kolbenhieb ins Genick getroffen, stürzte der Bankclerk hart vornüber, rollte auf den Gehsteig und lag dann still.

Chad Harbin lud die Winchester durch und sprang wie ein Tiger auf die Officeveranda. Ehe er das Gewehr hochreißen und den Pferdewächter vor der Bank anrufen konnte, befahl seitlich hinter ihm eine klirrende Stimme: »Bleib so stehen, Sternträger! Keine falsche Bewegung – sie könnte deine letzte sein! In diesem netten Spielchen wirst du nicht mitmischen!« Ein Colthammer knackte unmissverständlich.

Der Sheriff von Greenhill erstarrte. Er wandte nur halb den Kopf und sah einen großen stoppelbärtigen Burschen mit angeschlagenem Colt vor der Bretterwand stehen. Zorn und Enttäuschung durchströmten Chad siedend heiß, als er begriff, wie glatt er diesem Banditen in die Falle gegangen war. Der Mann grinste ihn herausfordernd an, wies mit dem eckigen Kinn zum Bankhaus hinüber und meinte spöttisch: »Gleich ist alles vorbei. Nur nicht die Nerven verlieren, Freundchen! Wir kassieren den Zaster, und du behältst dein Leben – aber nur, wenn du vernünftig bist!«

Undeutliche Stimmen schallten aus der Bank. Glas schepperte, hartes Gepolter war zu hören. Der Pferdewächter vor dem Steingebäude schwang plötzlich sein Gewehr an die Schulter und feuerte blitzschnell ein paar Kugeln die Straße hinab. Fensterscheiben barsten, Holzsplitter wirbelten. Chad sah seinen Deputy Walt Drover gerade noch rechtzeitig in den Eingang des Lucky Cowboy Saloons zurückspringen. Die Gehsteige zu beiden Fahrbahnseiten waren wie leergefegt.

Vor dem Generalstore, nur zwei Häuserblocks von der Greenhill-Bank entfernt, stand ein hochrädriger Ranchwagen. Er gehörte Hank Jones, der auf einer kleinen Ranch draußen am Turkey Creek lebte und dessen Tochter der Sheriff in einigen Wochen zur Frau nehmen wollte. Wahrscheinlich hielt sich Jones mit Mary-Lou im Store auf. Jeden Augenblick konnten sie herauskommen – und der Verbrecher vor der Bank schien auf alles zu schießen, was sich nur bewegte.

Brennende Besorgnis erfüllte Chad. Die kalte Stimme des Desperados mit dem Colt drang in seine sich jagenden Gedanken ein. »Weg mit dem Schießprügel, Sheriff. Du kannst damit nichts mehr anfangen.«

Chad drehte sich langsam vollends zu dem Banditen herum.

»Diese Sache bricht euch das Genick. Das verspreche ich dir.«

»Bist du versessen darauf, dass wir dich als Toten zurücklassen? Sei kein Narr, Sternträger!«

Noch während sich Chad drehte, war sein Blick auf einen weiteren Mann gefallen. Er saß in der schattigen Gasseneinmündung neben dem Office unbeweglich auf einem hochbeinigen Rapphengst. Ein großer drahtiger Bursche mit dunkel gebräuntem, scharfzügigem Gesicht und schwarzem Haar, das sich unter dem ins Genick geschobenen Stetson hervorringelte. Der Colt an seiner rechten Seite war auffällig tief geschnallt. Betont lässig hielt der Mann beide Hände auf dem steilen Horn des McClellan-Sattels verschränkt.

Minutenlang vergaß Chad den Desperado, der ihn in Schach hielt.

»Santana!«, flüsterte er grimmig. »Lässt du also endlich deine Maske fallen? Du arbeitest mit Amarillo Hand in Hand?«

»Irrtum, lieber Harbin! Mit der ganzen Sache habe ich nichts zu tun. Bin nur Zaungast.« Er zuckte leicht die Achseln. »Wenn alles vorbei ist, kannst du mir nichts anhaben, Sheriff. Ich werde nur unten in Arizona und New Mexico steckbrieflich gesucht. Wenn es dir auch im Magen liegt, hier in Colorado bin ich so unbescholten wie jeder andere Bürger. Deine Sache, wenn du nicht glauben willst, dass ich ein neues Leben begonnen habe.« Er lachte spöttisch, tippte an die Krempe seines Stetsons, wendete den Rapphengst und ritt gelassen in die schattige Seitengasse zurück.

»Er hält sich ’raus, ein kluger Hombre!«, grinste der Stoppelbärtige. »Solltest seinem Beispiel folgen, Sheriff! Wirf jetzt endlich deine Knarre weg, sonst fällst du tot um!« Er machte einen drohenden Schritt auf Chad zu.

Aus den Augenwinkeln bemerkte Chad, wie sich die Storetür bewegte. Im dämmrigen Spalt wurde ein helles Sommerkleid sichtbar. Mary-Lou! dröhnte es in seinem Kopf. Es blieb keine Zeit mehr zum Überlegen. Er ließ die Winchester sinken. »Hast gewonnen!«, murmelte er dumpf. Dann schleuderte er die Waffe von sich, gab ihr dabei geschickt eine leichte Drehung, und schon zerklirrte das Fenster neben der Officetür unter dem Anprall des Gewehrs.

Instinktiv ruckte der Kopf des Banditen herum. Die Coltmündung geriet aus der Richtung. Chad Harbin ließ sich nach vorn fallen. Der Stoppelbärtige schrie vor Wut. Sein Colt dröhnte. Die Mündungsflamme strich über Chads Rücken weg. Der Sheriff schlang seine Arme um die Beine des Verbrechers und riss mit aller Kraft. Der Mann stürzte auf ihn. Wieder entlud sich der Colt. Chad rollte sich unter dem Desperado hervor und riss seinen eigenen Revolver aus dem Holster. Der Stoppelbärtige wälzte sich auf die Seite und richtete aus nur zwei Armlängen Entfernung die Waffe auf ihn. Chads Stiefel zuckte hoch und erwischte den Kerl genau am Handgelenk. Der Colt wirbelte über die Veranda in den Straßenstaub. Der Bandit brüllte vor Zorn und Schmerzen. Von den Brettern aus schnellte er sich mit krallenartig vorgereckten Händen auf Chad zu … und geriet genau in Chads hochschwingenden Revolverlauf. Wie ein schlaffes Bündel fiel der Verbrecher zurück.

Chad sprang hoch. Die Storetür stand jetzt ganz offen. Hank Jones und seine junge Tochter verharrten wie gebannt auf der Schwelle.

»Zurück ins Haus!«, schrie ihnen Chad zu.

Den rauchenden Revolver in der Faust, stürmte der Sheriff die Verandastufen hinab. Und da kam bereits Amarillo mit seinem wilden Rudel aus der Greenhill-Bank gestürzt …

Geliebt, gehasst, gefürchtet …

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