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Unterm Strich, Robert? Am Ende stehst du allein auf weiter Flur.

Ich hocke im Supermarkt, verputze versonnen mein Schlemmermenü aus Banane, Joghurt, Tee, Heidelbeeren und Schokolade.

Abschalten, an etwas Anderes denken; wenn das so einfach ginge.

Als Zeuge bin ich auf Seiten der Polizei. Um den Fall erfolgreich abzuschließen, müssen die Beamten mich und meine Aussage wertschätzen. Bis der Täter gefasst ist und sofern mich kein Erinnerungsverlust befällt. Etwa aus Angst vor der Rache des Täters.

Dann sollten die Beamten alles tun, mir solche Ängste zu nehmen. Und wenn sie weniger hochachtungsvoll über mein Eingreifen bei dem Entführungsversuch denken?

Officer Clayton hat sich mustergültig verhalten. Ein ziemliches Unheil wurde abgewendet, ein kleines Mädchen blieb unversehrt. Wir standen uns gegenüber, Auge in Auge; gezogene Waffen; Angst, Herzklopfen, wirre Gedanken zwischen Leben und Tot. Wir haben trotzdem Ruhe bewahrt, reihum richtig gehandelt.

Gute Arbeit, Mann. Er, sein Kollege und ich haben Anerkennung verdient, gehören auf die Titelseite des San Francisco Chronicle. Wenn wir später erfahren, aus wessen Familie das Mädchen stammt, ändert das überhaupt nichts an dem, was wir getan haben.

Doch das war gestern. Die Zuständigkeit wurde ordnungsgemäß weitergegeben, einschließlich denkbarer Schwierigkeiten.

Die hat Detective Contreras jetzt am Hals. Das ist heute.

Zu zahlreichen anderen ein weiterer Fall. Er liest den Namen der betroffenen Familie und ist bedient. Er tut, was er gut kann, vertraut seiner Erfahrung. Wie die Dinge laufen in einem Laden mit politischen Beamten an der Spitze. Die Sache kann schnell unappetitlich werden. Ergebnis: Dass er mein Eingreifen als eine kleine Heldentat bewertet, darf bezweifelt werden.

Habe ich den falschen Leuten geholfen?

Ohne mich wäre deren Kind entführt worden. Na und? Ein dummer, nicht wirklich überraschender Querschläger in kriminellen Kreisen. Wer weiß, wie viele Leute Yee Wong früher entführen und beseitigen ließ? Wahrscheinlich wäre die Familie im Stillen auf die Forderung der Entführer eingegangen, hätte das Ganze auf ihre Weise geregelt. Am Ende selbstverständlich mit tödlicher Rache. Tja. Solange Gangster sich gegenseitig umbringen, tun sie der Polizei einen Gefallen.

Wäre die Entführung dennoch bekannt geworden, hätte das öffentliche Aufmerksamkeit bedeutet. Für die Größen der Polizei jede Menge Möglichkeiten zur Selbstdarstellung und für amtliche Beschwörungen von Recht und Gesetz; mit gefälligen Bildern und knackigen Satzbrocken in den Medien. Schließlich muss der gute Ruf der Stadt als ein amerikanischer Touristenmagnet gewahrt bleiben.

Solange er keinen Fehler macht, lehrbuchmäßig ermittelt, ist der Fall für Contreras vor allem eine blind gezogene Trumpfkarte in einem fortwährenden Spiel um Ansehen und Macht. Wie meinte er gestern: „Willkommen im Raubtier-Zoo!“ Und eine Hand wäscht bekanntlich die andere. Kapiert, mein deutscher Freund? Wenn du nicht bei uns mitspielst, warum solltest du mir als Zeuge besonders am Herzen liegen? Du wolltest die Dame unbedingt ohne Wanze besuchen.

Meine Freundin Corinna Sandner dürfte sich hier fast wie zuhause fühlen. Machtspiele und Karrieredenken können die tägliche Polizeiarbeit zu einem kräftezehrenden Kampf in den eigenen Reihen machen – auch ohne verdeckte politische oder kriminelle Einflussnahme von außen. Das habe ich im Frankfurter Polizeipräsidium miterlebt. Nachdem mein BMW gestohlen worden war und die ermittelnde Hauptkommissarin und ich uns nähergekommen sind. Mist, ich habe sie schon wieder nicht angerufen. Was soll ’s?! Helfen könnte sie mir ohnehin nicht.

Wer bleibt da noch?

Nancy Wong? Glaubst du es? Die hat ihre Familie und damit bestimmt genug zu tun. Und Millionen Gründe, mir dankbar zu sein, hat Contreras gemeint. Die Dame ist vermögend? Blöd, ich weiß immer noch nicht, womit sie ihr Geld verdient.

Ihr Vater? Bei seiner „beruflichen“ Vergangenheit wird ihn der Angriff auf die Enkelkinder nicht aus der Fassung bringen. Aber als Großvater dürfte er gehörig in Fahrt geraten. Wenn der Mann tatsächlich – über den Bürgermeister – von oben Druck auf die Polizei macht?

Super! Das fördert deren Wertschätzung für mich zusätzlich. Paul „Picasso“ hat es mir auf seine Weise zu verstehen gegeben.

Auf diese Art Beistand kann ich gut verzichten.

Tatsächlich, am Ende stehe ich allein auf weiter Flur.

Die Chinesische Mauer

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