Читать книгу Beste Feinde - Günter Müchler - Страница 13
3 Fuggers Geld verhindert Franz I.
ОглавлениеEs fehlte nicht viel, und ein Franzose wäre Kaiser des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation geworden. Bei der Kaiserwahl des Jahres 1519 ist zunächst Franz I. der Favorit. Dass die Kurfürsten am Ende nicht dem französischen König aus dem Haus Valois, sondern dem spanischen König aus dem Haus Habsburg den Vorzug geben, geht auf eine kaufmännische Entscheidung Jakob Fuggers zurück. Der immens reiche Augsburger Bankier setzt auf die Karte des späteren Karl V. Fuggers Kredit erlaubt es der Habsburg-Partei, den Kurfürsten für ihr Wohlwollen mehr zu zahlen als die Franzosen.
Man könnte Karls Vorgänger, seinen Großvater Maximilian I., einen Sattelkaiser nennen. Mit einem Fuß steht er, der „letzte Ritter“, im Mittelalter, mit dem anderen in der neuen Zeit, die vom Buchdruck, der Kirchenspaltung und der Entdeckung fremder Welten geprägt ist. Neu ist auch, dass in der Politik nichts mehr geht ohne Geld. Maximilian kämpft gegen Türken und Franzosen. Der Zweifrontenkrieg leert die Kassen des Kaisers derart, dass 1519, als er unerwartet stirbt, das Begräbnis auf Pump bezahlt werden muss. Und weil Maximilian nicht mehr dazu gekommen ist, rechtzeitig die Weichen für seinen Enkel zu stellen, bedeutet die Geldknappheit für den absehbaren Schacher ein ernstes Problem.
Die Spannungen mit Frankreich gehen auf das Jahr 1494 zurück, als Karl VIII. von Frankreich mit einem Heer in Süditalien einfällt und damit sowohl dem Kaiser wie den Spaniern ins Gehege kommt. Die politischen Langzeitfolgen sind erheblich. Die Katholischen Könige von Kastilien/Aragon Ferdinand und Isabella auf der einen, Maximilian auf der anderen Seite bündeln ihre Kräfte gegen Frankreich und unterstreichen die Interessengemeinschaft durch eine Doppelhochzeit ihrer Kinder. Damit ist dem dynastischen Zufall Tür und Tor geöffnet. Todesfälle im spanischen Herrscherhaus führen dazu, dass Maximilians Sohn Philipp (der Schöne), Herzog von Burgund, über seine Frau Johanna (die Wahnsinnige) bald auch König von Spanien wird. Als Philipp nach einer Erkältung, die er sich beim Pelotaspiel zugezogen hat, unvermutet stirbt, ist die Reihe an seinem Sohn Karl. Der 1500 in Gent geborene Karl tritt 1516 die Herrschaft in Spanien an. Frankreich, wo inzwischen Franz I. regiert, droht in eine Zwickmühle zu geraten: Habsburger in Österreich, Habsburger in Spanien, Habsburger in Burgund. Wenn Karl jetzt auch noch die Kaiserkrone erwirbt, wird die Umklammerung Frankreichs perfekt sein.
Das ist die Ausgangslage vor der Kaiserwahl. Franz I. weiß, was auf dem Spiel steht. Er weiß auch, wie man die Kurfürsten gewinnen kann. Noch immer haben sie, wenn die Erbfolge nicht vorgeklärt war, ihren Vorteil zu nutzen verstanden. Das ist auch diesmal nicht anders. Karl hat keinen Startvorteil. Er tritt seine Bewerbung als König von Spanien an. Noch nie hat er deutschen Boden betreten. Was bedeutet, dass er auf einer Stufe mit dem französischen Anwärter steht. Also muss man herausfinden, welchem der beiden Konkurrenten die Kaiserwürde am meisten wert ist. So denkt im Kurfürstenkollegium nicht bloß Joachim von Brandenburg, der den Beinamen „Vater der Habsucht“ trägt. Die besten Chancen hat am Anfang der Franzose. Hinter Franz steht der Papst. Außerdem kann Franz tiefer in die Schatulle greifen. „Deutsche“ Bedenken versucht die französische Propaganda geschickt zu zerstreuen. Eine Flugschrift streicht französisch-deutsche Gemeinsamkeiten heraus. „Es ist kein ursach verhanden, darauß die Teutschen der Frantzosen früntschaft und gemainsame fliehen oder nit annemen sollten, diweil die Frantzosen von natur, art und gewohnhait under allen menschen die miltisten und und senfftmütigsten sein, auch sich alzeit gegen den Teutschen, so sy in kaufmans und andern hendlen zu jnen kommen sein, gästlich und am früntlichsten gehalten haben, und zum maisten die Teutschen und Frantzosen vor zeytten ain gemain wesen gehept und s jren ursprung von ainander genommen hond“.12 Erst als Jakob Fugger, zusammen mit anderen Bankhäusern, seine Investitionsentscheidung trifft, schlägt das Pendel um. Fugger garantiert, für den Fall einer Wahl Karls die Wahlkampfkosten der habsburgischen Partei zu finanzieren. Sie belaufen sich schlussendlich auf stattliche 852 189 Gulden. Die Hälfte wird für direkte Bestechung fällig.
Die Wahlschlacht bedeutet nicht das Ende der dynastischen Rivalität, obwohl der Arm der casa austria jetzt weiter reicht als je zuvor. Der Wahlsieger herrscht als Karl V. über ein Reich, von dem man bald sagen wird, dass in ihm die Sonne nicht untergehe. Dem äußeren Anschein zum Trotz kann Karl jedoch nicht schalten und walten, wie er will. Seine Machtfülle existiert nur auf dem Papier und wird beschränkt durch die anhaltende osmanische Bedrohung sowie den Religionskrieg in Deutschland, der bald ausbricht. Franz I. bleibt ein Gegner von Format, der selbst nach heftigen Rückschlägen nicht aufgibt. 1525 bereiten deutsche Landsknechte unter ihrem Hauptmann Frundsberg den Franzosen bei Pavia eine vernichtende Niederlage. Der gefangene König wird nach Madrid verschleppt, wo er sämtliche Forderungen Karls unterschreibt. Doch kaum ist er wieder in Freiheit, widerruft er alle vertraglichen Vereinbarungen. Frankreich ist im Inneren mittlerweile so gefestigt und der Kaiser an so vielen Fronten beschäftigt, dass selbst nach drei weiteren Kriegen der Konflikt noch nicht ausgekämpft ist. Die Rivalen der Kaiserwahl von 1519 geben ihn an ihre Erben weiter.