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Das Ende der Entwicklung?
ОглавлениеExistiert Wirtschaften auch jenseits des Kapitalismus? Der US-amerikanische Politikwissenschaftler Francis Fukuyama hat schon 1992 mit The end of history die bestehende als die endgültige Gesellschaft ausgerufen (Fukuyama 1992). Ernest Mandel dagegen läutete schon in der 1970ern den »Spätkapitalismus« ein (Mandel 1973). Er wollte damit sagen, dass an der Theorie des historischen Materialismus von Marx und Engels, nach der der Kapitalismus notwendigerweise von etwas anderem, nämlich dem Sozialismus abgelöst werde, doch etwas dran sei. Mittlerweile ist zumindest der real existierende Sozialismus untergegangen und wir müssten uns im Spät-Spätkapitalismus befinden. Es gab aber schon vor und immer neben der jeweils aktuellen Form des Kapitalismus ein Wirtschaften neben dem Wirtschaften. Man kann auch aus der Geschichte lernen, dass sich darüber hinausgehende, neue Aspekte des Wirtschaftens entwickeln können. Entsprechend kommt die Kritik an Francis Fukuyama etwa von Slavoj Zizek (Living in the end times, Zizek 2011), dem slowenischen Psychoanalytiker und sogar ehemaligen Präsidentschaftskandidaten in seinem Land: Wirtschaften muss nicht einseitig durch die bisherigen, im Moment wesentlich kapitalistisch geprägten Mechanismen bestimmt sein. Bei genauerem Hinsehen fällt auf, dass es das auch gar nicht ist. Nachdem Anfang der 1990er-Jahre die real existierende Planwirtschaft aufgegeben wurde und seit 2008 der Finanzkapitalismus vorerst zu Ende war, könnte sich der Aufmerksamkeitsfokus eigentlich neu orientieren und sich eine neue Wirtschaftsform etablieren.
Alternative Bezugsrahmen wie die solidarische Ökonomie, die Gemeinwohlökonomie (Felber 2010), die feministische Ökonomie (Biesecker et al. 2000) oder auch die Überflusskritik (Paesch 2011) und die Gemeingütertheorie (Ostrom 2011) zeigen neue Töne. Der österreichische Attac-Mitbegründer Christian Felber zeigt mit seinem gemeinwohlökonomischen Konzept die Breite der Wirtschaftsziele auf und wird im Folgenden an verschiedenen Stellen eine Rolle spielen. Die Bremer Wirtschaftsprofessorin Adelheid Biesecker betont den Fürsorgeaspekt, der für Menschen und Natur am Anfang der ökonomischen Überlegungen stehen sollte. Fürsorge wird traditionell als eher weibliches Prinzip gesehen, ist aber gerade als Ergänzung zum Herkömmlichen – den oft noch aus militärisch-männlichen Kulturen hervorgegangen Ideen des Wirtschaftens – sehr wertvoll. Es geht darum, aus der Ökonomie nicht alles das auszugrenzen, was in der Vorsorge und im Sozialen liegt, aber für die Gesellschaft so entscheidend ist. Biesecker kritisiert die ökonomisch einseitige Orientierung auf unendliche, eigentlich nicht zu befriedigende Bedarfe. Sie spricht – das als kleine Kritik an ihrem interessanten und sympathischen Ansatz – von Bedürfnissen, was allerdings nicht ganz korrekt ist. Bedürfnisse sind als psychologische Größe mit dem Menschen eng verbunden, aber oft nicht wirklich bewusst. Bedarf ist die wirtschaftliche Größe, das was nach außen gezeigt und geäußert wird: was man meint, was das Bedürfnis sei.
Der Volkswirtschaftler Niko Paesch zeigt deutlich auf, wie endlich die momentane Ressourcenlage auf der Welt ist. Mit dem Soziologen Harald Welzer zusammen stellt er die Fraktion derjenigen dar, die Konzepte für die Realität der Naturressourcen und den Umgang damit präsentieren. Die Konzentration auf Wesentliches und Notwendiges wird eine zentrale Aufgabe der Zukunft sein. Die Nobelpreisträgerin Elinor Ostrom beschreibt den Weg aus der »Tragödie der Gemeingüter«. Sie stellte fest, dass Gemeingüter verkommen, weil niemand die Verantwortung dafür übernimmt. Es gilt die Möglichkeiten zu nutzen, damit keine Ressourcenfriedhöfe entstehen. Dabei kann es um Autos, technische Geräte, Land und vieles mehr gehen. Dinge, die nur herumstehen und nur selten und wenn, dann ausschließlich von ihrem Eigentümer genutzt werden, obwohl sie der Allgemeinheit viel besser nutzen könnten. Die angesprochenen Alternativen versuchen die Wirtschaftsakteure anders zu orientieren. Es wäre gut, die Grundlagen des Wirtschaftens zu betrachten, um darin die spezifisch kapitalistische Variante zu erkennen und abzugrenzen. Zunächst ist es sinnvoll, die systemische Herausforderung zu beschreiben, um danach zu der Frage zu kommen: Welche Aufmerksamkeit ist angebracht, um die Welt voranzubringen?