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Das merkwürdige Versprechen

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Der maßgebliche Faktor für die Verteilung der Güter ist zunächst nicht die Politik, sondern die Wirtschaft. Dort entstehen Werte, die unser Leben bestimmen. Dabei ist das Wirtschaftsgeschehen auf allen Ebenen ganz wesentlich durch Psychologie bestimmt. Selten wurde das deutlicher als am 5. Oktober 2008, als Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihr Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) im Fernsehen mit einem Versprechen auftraten: »Die Spareinlagen sind sicher.« Ein Versprechen, das sie eigentlich niemals hätten einhalten können. Wenn nämlich am nächsten Tag Hunderttausende Deutsche vor den Banken Schlange gestanden und ihre Sparguthaben zurückverlangt hätten, wäre die deutsche Wirtschaft zusammengebrochen. Merkel und Steinbrück beruhigten mit diesem psychologischen Trick die Öffentlichkeit.

Ängste, Drohungen, Hoffnungen und Erwartungen beeinflussen die wirtschaftlichen Einschätzungen und Aktivitäten der Menschen. Diese Stimmungen werden von den Medien verstärkt, teilweise sogar geprägt. Wie die Psychologie im Einzelnen und im System der Wirtschaft relevant ist, wird im Buch betrachtet. Daraus werden zu wichtigen Fragen alternative Perspektiven entwickelt.

Systemische Zusammenhänge bestimmen das Funktionieren von Staat und Wirtschaft als Ganzes, aber auch die Erfolgsbedingungen des Einzelnen. Es ist eben nicht mehr egal, ob in China der viel beschworene Sack Reis umfällt oder nicht. Zudem haben sich seit 1990, dem Auftreten des Internet und der Auflösung des Ostblocks, die Informationen für nahezu alle Menschen auf der Welt vervielfacht. Das tägliche Erleben emotional belastender Nachrichten von rund um den Globus lässt die Welt kleiner, zuweilen chaotischer erscheinen. Aber auch die Kontrolle der Menschen und die Transparenz ihrer Aktivitäten in Arbeit und Konsum werden in einem Ausmaß möglich wie nie zuvor. Es existieren in der Welt kaum noch Nischen für den Einzelnen. Gerade Menschen in den reichen westlichen Ländern reagieren immer häufiger mit psychischen Mustern wie Burn-out auf die Situation. In der Krise von Finanzindustrie und Staatsfinanzen sind psychologische Verknüpfungen so bestimmend wie tatsächliche faktische Zusammenhänge. Sie resultieren aus vorhandenen oder ausgeblendeten Informationen, aus dem Erleben von Ereignissen und aus dem sich daraus bildenden Vertrauen.

In dieser Situation braucht es Perspektiven auf das Wirtschaftsgeschehen, die über das Bisherige hinausgehen. Die systemische Sichtweise ist eine solche Überblicksperspektive für die Wirtschaft. Ich lege deshalb in diesem Buch das systemische Rahmenmodell zugrunde, das ich für Organisationen entwickelt habe und in dem Buch «Systemische Organisationsanalyse« beschrieben habe (Mohr 2006). In vielen Diskussionen stellte sich heraus, dass es auch für die Betrachtung der Wirtschaft als Ganzes und die Offenlegung der hier wirksamen psychologischen Aspekte tauglich ist. In dem Buch wird die systemische Perspektive anhand von zehn dynamischen Mustern zur Wirtschaftsanalyse genutzt. Vielleicht gibt es einige Anregungen, die Wirtschaft als Systemwelt ein Stück besser zu begreifen und entsprechend zu handeln.

Systemische Wirtschaftsanalyse

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