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HUNDERTFÜNFZIG JAHRE EINWÄNDE
ОглавлениеSchon bald nach dem Erscheinen seines Buches 1859 wurden leidenschaftliche Einwände gegen Darwins Lehre vorgetragen. Der erste wurde von Louis Agassiz erhoben, der als einer der großen Wissenschaftler des 19. Jahrhunderts gilt. Seine Pionierleistungen in der Naturgeschichte, besonders seine Arbeiten auf den Gebieten der Geologie, Biologie, Paläontologie und Glaziologie werden als wissenschaftliches Erbe hochgeschätzt. Seine unermüdliche Hingabe an sein Schaffen nahm in seinem Leben eine solche Priorität ein, dass er einem Kollegen einmal erklärte: »Ich kann mir nicht erlauben, meine Zeit mit Geldverdienen zu verschwenden.«25 Anders gesagt, er war mit seinen Forschungen und Entdeckungen in der Welt der Natur so ausgelastet, dass es für ihn zweitrangig war, seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Obwohl Darwin und er sich derselben Methoden bedienten und dieselben Informationen heranzogen, könnten ihre Deutungen derselben kaum unterschiedlicher sein.
In einer Veröffentlichung von 1874 schrieb Agassiz in einem Kommentar zu Darwins Lehre, dass »die Welt auf die eine oder andere Weise entstanden ist. Worin sie ihren Ursprung hat, ist die große Frage, und Darwins Theorie ist daher, wie alle anderen Versuche, den Ursprung des Lebens zu erklären, nur eine Mutmaßung. Ich glaube, er hat noch nicht einmal die auf dem gegenwärtigen Stand des Wissens bestmögliche Vermutung angestellt«.26
Agassiz stand mit seinen Einwänden nicht allein. Eine Gemeinschaft hochgeschätzter Wissenschaftler hat Darwins Werk seit seinem ersten Erscheinen zurückgewiesen. Diese Gemeinschaft wächst weiterhin. Ihre Namensliste klingt heute wie ein Who Is Who der führenden Köpfe der zeitgenössischen Wissenschaft. Es folgt eine Zusammenstellung der Art von Einwänden, die seit 1859, als Darwin seine Theorie erstmals vorstellte, bis heute erhoben wurden.
»Darwins Lehre verfährt nicht induktiv – sie beruht nicht auf einer Reihe anerkannter Fakten, aus denen eine allgemeine Schlussfolgerung gezogen wird.«27
~ Adam Sedgwick (1785-1873) ~
Cambridge University, britischer Geologe und einer der Begründer der modernen Geologie
»Es gibt … überhaupt keine Belege, weder in den Befunden der Geologie noch in der Geschichte der Vergangenheit oder in den Erfahrungen der Gegenwart, die als Nachweise der Evolution oder der Entwicklung einer Art aus einer anderen durch Auslese von was auch immer angesehen werden können.«28
~ Louis Agassiz (1807-1873) ~
Harvard University, amerikanischer Geologe
»Die Theorie leidet an schweren Mängeln, die mit der Zeit immer deutlicher hervortreten. Sie stimmt nicht länger mit den praktischen wissenschaftlichen Erkenntnissen überein, noch genügt sie unserem theoretischen Verständnis der Fakten. … Niemand kann beweisen, dass die Grenzen einer Art jemals überschritten worden sind. Dies sind die Rubikons, die Evolutionisten nicht überqueren können. … Darwin plünderte die Ideen aus anderen Bereichen praktischer Forschungsarbeit. … Aber sein ganzes daraus folgendes Grundgerüst bleibt der wissenschaftlich etablierten Zoologie bis zum heutigen Tage fremd, da tatsächliche Veränderungen von Arten auf solche Weise noch immer unbekannt sind.«29
~ Albert Fleischmann (1862-1942) ~
Universität Erlangen, deutscher Zoologe
»Die Evolution wurde in einem gewissen Sinne zu einer wissenschaftlichen Religion; fast alle Wissenschaftler haben sie akzeptiert, und viele sind darauf eingestellt, ihre Beobachtungen so zu ›verbiegen‹, dass sie mir ihr übereinstimmen.«30
~ H. S. Lipson (1910-1991) ~
University of Manchester, Institute of Science and Technology, britischer Physiker
»Die Evolution ist das Rückgrat der Biologie, und die Biologie ist daher in der eigentümlichen Position, eine Wissenschaft zu sein, die auf einer unbewiesenen Theorie beruht. Ist sie denn überhaupt eine Wissenschaft oder ein Glaube? Der Glaube an die Evolutionslehre entspricht daher exakt dem Glauben an eine bestimmte Schöpfung. Beides sind Konzepte, von denen die Gläubigen wissen, dass sie wahr sind, aber keines von beiden konnte bis heute bewiesen werden.«31
~ Leonard Harrison Matthews (1901-1986) ~
Cambridge University, britischer Zoologe
»Die Chance, dass höhere Lebensformen auf diese Weise entstanden sind, ist mit der Wahrscheinlichkeit vergleichbar, dass ein Tornado, der über einen Schrottplatz fegt, aus dem Material, das dort herumliegt, eine Boeing 747 zusammensetzt. Mir fehlt jegliches Verständnis für den weitverbreiteten Drang der Biologen, etwas zu bestreiten, was mir offensichtlich erscheint.«32
~ Sir Fred Hoyle (1915-2001) ~
Cambridge University, britischer Astronom, Begründer der Theorie der stellaren Nukleosynthese
»Letztlich ist die Darwinsche Evolutionslehre nicht mehr und nicht weniger als der große kosmogenische Mythos des 20. Jahrhunderts. Die Wahrheit ist, dass die Natur es ablehnt, eingesperrt zu werden, trotz der gewaltigen intellektuellen Bemühungen, die darauf gerichtet sind, lebende Systeme auf die Grenzen des Darwinschen Denkens zu reduzieren. Schlussendlich wissen wir noch immer sehr wenig darüber, wie neue Lebensformen entstehen. Das ›Geheimnis aller Geheimnisse‹ – der Ursprung neuer Wesen auf der Erde – ist immer noch so außerordentlich rätselhaft wie damals, als Darwin mit der Beagle in See stach.«33
~ Michael Denton (geb. 1943) ~
britischer Biochemiker, Senior Fellow, Center for Science and Culture
»Aber wie kommt man von nichts zu einem derart komplexen Etwas, wenn die Evolution eine lange Reihe von Zwischenzuständen durchlaufen muss, die allesamt durch natürliche Selektion ausgewählt worden sind? Man kann nicht mit zwei Prozent eines Flügels fliegen oder viel Schutz durch minimale Ähnlichkeit mit einem potenziell tarnenden Pflanzenteil erhalten. Wie kann, mit anderen Worten, eine natürliche Selektion die anfänglichen Stadien von Strukturen erklären, die lediglich in weitaus höher entwickelten Formen [wie wir sie heute beobachten] verwendbar sind?«34
~ Stephen Jay Gould (1941-2002) ~
Harvard University, amerikanischer Paläontologe und Evolutionsbiologe
»Der Punkt ist freilich, dass die Doktrin der Evolution die Welt nicht wegen der Stärke ihrer wissenschaftlichen Vorzüge, sondern genau aufgrund ihrer Eignung als gnostischer Mythos mitgerissen hat. Sie besagt eigentlich, dass lebende Wesen sich selbst erschaffen, was im Grunde eine metaphysische Behauptung ist. … Letztlich ist der Evolutionismus also in Wahrheit eine metaphysische Lehre, die sich in ein wissenschaftliches Gewand gehüllt hat.«35
~ Wolfgang Smith (geb. 1930) ~
amerikanischer Mathematiker und Physiker
Die vorangegangenen Äußerungen bieten Einsichten, die in der Öffentlichkeit selten wahrgenommen und ganz sicher nicht in typischen schulischen Klassenräumen mitgeteilt werden, wenn es darum geht, Darwins Lehre anzuerkennen. Im Jahr 2001 – zur selben Zeit, als der PBS die Evolution-Miniserie ausstrahlte – unterzeichnete eine sehr vielfältige Gruppe internationaler Wissenschaftler eine Deklaration, die sie online stellte, um die Welt wissen zu lassen, dass das Rätsel unseres Ursprungs in ihren Augen noch nicht gelöst ist.
Mit Stand vom Juli 2015 haben 1371 hoch angesehene Wissenschaftlern aus allen Teilen der Welt diese Erklärung unterschrieben, und die Liste der Unterschriften wächst weiter.
Die Petition ist kurz und lautet ganz einfach folgendermaßen:
»Wir sind skeptisch hinsichtlich der Behauptungen, dass zufällige Mutation und natürliche Selektion für die Komplexität des Lebens verantwortlich sind. Eine sorgfältige Überprüfung der Beweise für die Darwinsche Lehre ist daher anzuregen.«36
Natürlich ist das letzte Wort über den Fortbestand von Darwins Evolutionstheorie noch nicht gesprochen, wenn es darum geht, das Rätsel der Anfänge des Menschen zu lösen. Aus den von mir angeführten – und anderen – Einwänden geht offenkundig hervor, dass die kritische Debatte über die Evolution weiterhin mit Leidenschaft und Eifer geführt wird. Und obwohl Darwins Ideen anderthalb Jahrhunderte alt sind, gehören sie immer noch zu den am stärksten emotional behafteten Themen unserer Zeit. Meines Erachtens gibt es zwei Gründe für die Kontroverse: Erstens hat die Theorie weitreichende moralische, gesellschaftliche und religiöse Implikationen; und zweitens wird Evolution gewöhnlich als wissenschaftliche Gegebenheit dargestellt, obwohl umstrittene Punkte immer noch der Klärung bedürfen.