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Der Zusammenhang beweist, daß das Trauern im Hinblick auf die Tröstung seliggepriesen wird; denn es heißt: „Selig sind die Trauernden; denn sie werden getröstet werden.“ Dieses Verständnis besaß bereits, wie es scheint, im voraus der große Moses ― oder vielmehr das Wort, das durch ihn die geheimnisvollen Anordnungen für die Paschafeier traf. Er schrieb nämlich ungesäuertes Brot für die Festtage vor und als Zukost bitteren Lattich; aus solchen Andeutungen sollen wir lernen, daß wir an dem Paschafest nur dann Anteil haben, wenn wir die Bitterkeiten des Lebens mit einem lauteren, sozusagen ungesäuerten Wandel verbinden. Aus dem nämlichen Grund mischt auch der große David, obgleich er mit dem höchsten Maße irdischen Glückes, d. i. mit der Königswürde, ausgestattet war, reichlich Bitterkeiten in sein Leben, indem er seufzend, wehklagend und weinend über die Verlängerung seines Aufenthaltes im Fleische und erfüllt von heißer Sehnsucht nach dem Lande da droben ausruft: „Wehe mir, daß mein Aufenthalt verlängert wird“ (Ps. 120, 5 [= hebr.] [Septuag. u. Vulgata = Ps. 119, 5]). Und unverwandten Auges auf die Schönheit der himmlischen Hütten blickend, sagt er anderswo, er vergehe vor Sehnsucht, weil er es für vorzüglicher halte, dort unter die Letzten zu gehören, als in dieser Welt der Erste zu sein (Ps. 83, 11 [= Septuag. u. Vulgata] [hebr.= Ps. 84, 11]).

Wenn aber jemand den wahren Begriff der seliggepriesenen Traurigkeit finden will, so betrachte er sie in der Erzählung von Lazarus und dem Reichen; in derselben wird uns die vorgetragene Auffassung noch klarer verkündet. Abraham sagt nämlich zum Reichen: „Erinnere dich, daß du viel Gutes in deinem Leben empfangen hast, ebenso wie Lazarus viel Schlimmes; darum wird dieser getröstet, du aber gepeinigt.“ (Luk. 16, 25). Das ist billig, nachdem ein unberatener oder richtiger ein übelberatener Sinn uns von dem Plane, den Gottes Güte mit uns vorhatte, weit entfernt hat. Nach Gottes Willen sollten wir nämlich nur das Gute ohne jegliches Schlimme genießen, das Schlimme aber nicht zugleich mit dem Guten verkosten; da wir jedoch mit freiem Entschluß, verleitet von unserer Gier, vom Gegenteil, d. h. vom Ungehorsam gegen das göttliche Gebot, kosteten, so muß der Mensch in beide Zustände geraten und sowohl an Leid als auch an Freud seinen Anteil bekommen. Da es nun zwei Welten gibt und ein zweifaches Leben in jeder dieser Welten und demgemäß auch eine doppelte Freude, die eine in dieser Welt, die andere in jener, die uns nach unserer Hoffnung in Aussicht steht, so ist es wohl als Seligkeit zu betrachten, wenn man seinen Anteil an der Freude sich in den wahren Gütern der Ewigkeit sichern will, seine Schuldigkeit aber im Ertragen von Leid in diesem kurzen, vergänglichen Leben auf sich nimmt. Dementsprechend wird man es für einen Verlust ansehen, in diesem Leben nicht manche Freuden zu entbehren, sondern gerade durch deren Vollgenuß einstens der höheren Güter verlustig zu gehen. Wenn es also seligzupreisen ist, in unendlichen Ewigkeiten eine unbegrenzte und immerdar dauernde Freude zu genießen, die Menschen aber auch das Gegenteil kosten müssen, so ist der Sinn des Ausspruches wohl klar und leicht einzusehen, warum jene selig sind, welche jetzt trauern; denn sie werden für ewige Zeit getröstet werden.

Der Trost aber entspringt aus der Gemeinschaft mit dem Tröster; denn die Gabe des Trostes ist eine besondere Wirkung des Heiligen Geistes. Mögen auch wir derselben gewürdigt werden durch die Gnade unseres Herrn Jesu Christi, welchem Ruhm sei von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.Vierte Rede: „Selig sind, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit; denn sie werden gesättigt werden.“

Essentielle Schriften, Band 2

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