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2 Einschleppung von Schadorganismen mit dem internationalen Handel
ОглавлениеDurch Kontrollen und phytosanitäre Anforderungen an Warenarten bei der Einfuhr soll das Risiko einer Einschleppung von Schadorganismen weitestgehend vermieden werden. Einfuhrvorschriften machen phytosanitäre Kontrollen im Exportland und beim Eintritt in die EU bei vielen Pflanzen und Pflanzenprodukten ebenso zur Pflicht wie die Behandlung von bestimmten Warenarten oder andere spezielle Maßnahmen vor dem Export im Drittland. Bei den Einfuhrkontrollen werden jedoch trotz der Einfuhranforderungen und in den Drittländern durchgeführter Behandlungen regelmäßig Schadorganismen gefunden (EU 2018). Die Ware bzw. das befallene Verpackungsholz werden dann in der Regel vernichtet oder zurückgewiesen, gelegentlich auch phytosanitär behandelt. Trotz der Einfuhrvorschriften und durchgeführter Kontrollen bei der Einfuhr kann kein 100%iger Schutz vor der Einschleppung von Schadorganismen geschaffen werden, denn die Waren können immer nur stichprobenartig kontrolliert werden.
Das beanstandete Verpackungsholz ist in vielen Fällen nicht korrekt nach dem internationalen Standard ISPM 15 behandelt worden, was durch eine fehlende Markierung zu erkennen ist. Auch wenn hier nicht immer Schadorganismen gefunden werden, zeigt die hohe Anzahl von EU-weit rund 2.000–3.000 beanstandeten Sendungen pro Jahr (Abbildung 1), dass das Risiko von Einschleppungen holzbürtiger Schadorganismen weiterhin gegeben ist (EU 2018).
Wenn eingeschleppte Schadorganismen auf geeignete Lebensbedingungen treffen, also Wirtspflanzen vorhanden sind und die klimatischen Erfordernisse erfüllt werden, können sie sich im neuen Gebiet etablieren und weiter ausbreiten. Ob ein Schadorganismus auf geeignete Wirtspflanzen und Bedingungen trifft, hängt auch von der Verwendung der Warenart ab, mit der er eingeschleppt wird, und von weiteren Bedingungen wie der Mobilität des Organismus und der Jahreszeit der Einschleppung. Beispielsweise ist die Möglichkeit der Ansiedlung von Schadorganismen bei Pflanzen, die im Freiland angepflanzt werden, höher zu bewerten als bei Früchten oder Gemüse.
Wenn die Etablierung eines Schadorganismus erfolgt und zudem noch ein hohes Schadpotenzial vorhanden ist, können die Auswirkungen von neuen Schadorganismen beträchtlich sein, da in der Regel zunächst geeignete Gegenspieler und Konkurrenten fehlen. Es ist auch möglich, dass zuvor unbekannte Wirtsarten befallen werden.
Ein aktuelles Beispiel für den Befall neuer Wirtspflanzen stellt das Citrus bark cracking viroid (CBCVd) dar. CBCVd ist seit vielen Jahren als weitestgehend harmloses Viroid mit milden Symptomen an Zitruspflanzen bekannt und in einigen südlichen Ländern der EU wie Zypern, Griechenland und Italien etabliert (EPPO 2019). 2015 wurde das Viroid in Slowenien an Hopfen festgestellt, nachdem bereits seit 2007 Symptome aufgetreten waren, die zunächst einem Befall mit dem Hop stunt viroid glichen. In dieser neuen Wirtspflanze zeigt sich das Viroid CBCVd extrem aggressiv und führt innerhalb von drei bis fünf Jahren zum Absterben der Pflanzen (EPPO 2015). 2019 wurde CBCVd erstmalig auch an Hopfen in Deutschland festgestellt. Ob es Regelungen auf EU-Ebene für CBCVd geben soll, wird zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Beitrages diskutiert.
Seit 2013 ist in Italien das Auftreten des sogenannten Feuerbakteriums Xylella fastidiosa bekannt (EPPO 2013). Aufgrund von aktuellen Studien wird vermutet, dass X. fastidiosa aus Zentralamerika nach Italien eingeschleppt wurde (EPPO 2017). Große Schäden hat dieses Bakterium zunächst an Olivenbäumen (Olea europaea) im Süden Italiens hervorgerufen. Befallene Bäume zeigen Blattflecken und ein Absterben erst von einzelnen Ästen und schließlich der gesamten Pflanze. Das Bakterium breitet sich mithilfe von Vektoren (Zikaden: Cicadellidae und Cercopidae) sehr schnell aus, es sind inzwischen weite Flächen betroffen. Die Situation ist nicht einfach in den Griff zu bekommen, da X. fastidiosa zahlreiche unterschiedliche Pflanzenarten befallen kann und dort auch vorhanden sein kann, ohne dass sich Symptome zeigen. Zu weiteren Wirtspflanzen zählen Gehölze sowie einige kleinere Sträucher und auch krautige Pflanzen wie beispielsweise PrunusArten, Quercus-Arten, Platanus occidentalis, Rosa-Arten, Citrus sinensis, Coffea, Polygala myrtifolia, Vaccinium corymbosum und Vitis vinifera. Zudem sind in der EU verschiedene Unterarten von X. fastidiosa aufgetreten (siehe auch HOPPE et al. in diesem Jahrbuch, S. 32). In Deutschland wurde das Bakterium 2016 in Sachsen an Oleander (Nerium oleander) sowie an Rosmarinus officinalis und an Streptocarpus gefunden, konnte jedoch durch konsequente Maßnahmen erfolgreich ausgerottet werden, sodass Deutschland seit 2018 wieder als befallsfrei gilt. Neben den italienischen Befallsgebieten in Europa gibt es weitere Auftreten in Frankreich (seit 2015), Spanien (wahrscheinlich seit 2012) und Portugal (seit 2018). Auf Korsika und auf den Balearen kommt das Bakterium ebenso vor wie in Gebieten auf dem spanischen und französischen Festland (EPPO 2019). Die EU hat bereits 2015 Notmaßnahmen gegen Xylella fastidiosa erlassen, die detailliert regeln, welche Maßnahmen die Mitgliedstaaten durchführen müssen (EU 2015).
Abbildung 1: Beanstandungen von Verpackungsholz aus Nicht-EU-Ländern in den Jahren 2014–2018 (EU 2018)