Читать книгу Dimensionen schulischer Qualität im Fokus: Was macht "gute Schule" aus? - Группа авторов - Страница 18
Offene Lernumgebungen bleiben auch zukünftig eine Herausforderung
ОглавлениеDie Ausweitung offener Unterrichtsformen, eine Öffnung der Klassenzimmer, die Schaffung offener Lernumgebungen verändern eine Schule insgesamt. Sie verändern das Gebäude und die in ihm arbeitenden Menschen. Eine solche veränderte Schule bildet Schülerinnen und Schüler aus, die eigenverantwortlich(er) entscheiden, die eigenaktiv(er) lernen, für die das Neben- und Miteinander von Jüngeren und Älteren, von welchen mit und ohne Handicap selbstverständlich ist. Sie übernehmen Verantwortung für das eigene Lernen und das der anderen.
Die Mutter eines Schülers unserer Schule sagte einmal: „Ihr seid eine Schule der offenen Türen und der offenen Herzen.“ Mit Gedanken zur Corona-Pandemie begann dieser Artikel. Mit einer Befürchtung soll er enden. Die Kultusministerien sprechen vom Regelbetrieb an Schulen, der trotz Corona gut funktioniere. Amtlich verordnet sieht es in den Klassenzimmern derzeit so aus: Abstand im Unterricht, keine Mischung von Schülergruppen, frontale Sitzordnung, kein Austausch von Unterrichts- bzw. Arbeitsmaterialien der Schülerinnen und Schüler untereinander, keine Gruppenarbeiten. Regelbetrieb? Was sagt diese Wortwahl über das Bild von Schule in den Kultusministerien? Ich fürchte, dass durch so eine Wortwahl all die Kräfte wieder Aufwind bekommen, die schon immer dem lehrerzentrierten Frontalunterricht das Wort geredet haben.
Nach Corona ist zu befürchten, dass die offenen Unterrichts- und Raumkonzepte, ihre Berechtigung und Notwendigkeit an vielen Schulen, in vielen Kollegien wieder neu begründet, erkämpft und zurückerobert werden müssen. Dann erhalten die anfangs schon zitierten Veröffentlichungen von Prof. Dr. Schönig zur Gestaltung und Nutzung von Schulräumen nochmals eine wichtige Bedeutung. Schul- und Unterrichtsentwicklung ist ein mühsamer Prozess, der allzu oft der Echternacher Springprozession ähnlich ist. Für unsere Industriegesellschaft ist es existentiell notwendig und unsere Schülerinnen und Schüler haben es verdient, dass es weiterhin Menschen gibt, die hartnäckig für die Veränderung von Schule kämpfen, trotz all der Enttäuschungen und Niederlagen. Aber wahrscheinlich muss man sich, um es mit Albert Camus zu sagen, Sisyphus als glücklichen Menschen vorstellen.