Читать книгу Dimensionen schulischer Qualität im Fokus: Was macht "gute Schule" aus? - Группа авторов - Страница 5
Schulbau in Bayern: zur Einbindung raumoffener, „transparenter“ Lösungen in die ‘pädagogische Architektur‘ (hier: die Eingangshalle)
ОглавлениеDr. Markus Würmseher
Der zur ‘pädagogischen Architektur‘ begleitende theoretische Diskurs - zugleich ein immer mehr beachtetes Thema innerhalb des Baus von allgemeinbildenden Schulen – gewinnt in den letzten Jahren immer mehr Bedeutung.1 Die enge Beziehung zwischen der baulichen Gestaltung des Schulgebäudes und der dort reflektierten erzieherischen und didaktischen Konzeptionen bestimmt in der Gegenwart, nach ersten Ansätzen in der Reformpädagogik des frühen 20. Jahrhunderts,2 in immer dichterer Folge die Architektur des Schulbaus. Der folgende Beitrag widmet sich Grundzügen dieses Phänomens in Bayern, wobei nach einer allgemeinen Lageskizze der Fokus auf bisher weniger dargestellte Aspekte von ‘Transparenz‘3 gerichtet wird.
Es ist eine bedeutende Beobachtung, dass sich innerhalb einer erweiterten Aufgabenstellung an die schulische Bildung auch die Anforderungen an die damit verbundenen Räumlichkeiten erweitern und das Schulhaus und die es assistierenden Gebäude und Anlagen (wie etwa Turnhallen, Sport- oder Freianlagen) zunehmend auch als Lebensort definieren. Auch wenn empirische Untersuchungen zu Konditionierungen des Schulbaus in aktuell verwertbarer Form bereits seit den 1990er Jahren vorliegen,4 entwickelte die Schulbauforschung besonders in den Jahren seit der Jahrtausendwende Modelle, die eine zukunftsorientierte Pädagogik und ihr angemessene Lernumgebungen auf der Grundlage eines ‘pädagogischen Konzepts‘5 miteinander verbinden und nun auch für kommende Jahrzehnte verbindlich anwenden. Doch hat man deren Realisierung im Gros des Schulbaus erst noch zu bewältigen: Allein durch die Anforderungen des schulischen Ganztags, im Abbau von Barrieren und in der Umsetzung der Inklusion6 ist vielfach erst noch Grundlegendes zu leisten. Es zählt zu den Verdiensten von Wolfgang Schönig und des von ihm geleiteten Lehrstuhls, die enormen Herausforderungen bei der Gestaltung des inklusiven Schulraums wissenschaftlich zu examinieren7 und damit eine handlungsorientierte Grundlage in den Diskurs einzufügen, an dem neben Pädagogen, Bildungswissenschaftlern und Erziehern auch Architekten und Bauverwalter, in der Vorbereitung eines Schulbauprojekts besonders auch Nutzer sowie Vertreter der Elternschaft und sogar der Einwohner einer betroffenen Kommune8 teilhaben.
Der besondere Einfluss des Schulgebäudes auf die darin stattfindende Unterrichtung, seiner internen Zusammenhänge und der räumliche Bezug zu den umgebenden Frei-, Sport-, Grün- und Gartenflächen auf den Lernprozess sind seit längerem bekannt.9 Der italienische Pädagoge Loris Malaguzzi (1920-1994), der Begründer der Reggio-Pädagogik, prägte das Bonmot des Schulhauses als ‘dritter Pädagoge‘.10 Auch Rückwirkungen zur nächsten, städtebaulichen oder landschaftlichen Umgebung – Landschaft, Dorf und Stadt – sind in ihrem Einfluss längst identifiziert.11 Die ersten Projekte in dieser Entwicklung, die gegenüber traditionellen Entwürfen die Schüler in neuer Art und Weise in den Mittelpunkt stellt und in Europa v. a. in den skandinavischen Ländern innovative Impulse erhielt, wurden in der Bundesrepublik Deutschland vor allem in Nordrhein-Westfalen umgesetzt: Die Geschwister-Scholl-Schule in Leinen (Hans Scharoun, 1962), die Laborschule Bielefeld (Entwurf: Ludwig Leo, 1974) oder die frühe Rezeption der Ideen des Architekten und Vordenkers Peter Hübner (geb. 1939) können als Landmarken dieser Genese bezeichnet werden12 – und auch Wolfgang Schönig durchlief in NRW seine Ausbildung zum gymnasialen Lehramt und seine erste berufliche Tätigkeit.