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4.2 Definitionen
ОглавлениеIn der Gesundheitsversorgung und Forschung gibt es eine Vielzahl von Definitionen die Patientenzentrierung beschreiben. Sie stimmen vor allem darin überein, dass es sich um die Veränderung von einem traditionellen, paternalistischen und krankheitsorientierten Versorgungsansatz hin zu einem Ansatz in welchem die individuellen Präferenzen, Bedürfnissen und Werten des einzelnen Patienten jede Phase der medizinischen Konsultation, Behandlung und Nachsorge lenken (Committee on Quality of Health Care in America – Institute of Medicine 2001). Eine etwas umfassendere Definitionen liefern zum Beispiel Gerteis et al. (1993), oder Mead und Bower (2000).
Bei genauerer Betrachtung zeigt eine fehlende Übereinstimmung in den Definitionen von Patientenzentrierung, was die Vergleichbarkeit und Übertragbarkeit der Ergebnisse von wissenschaftlichen Untersuchungen zu diesem Konstrukt erschweren.
Die semantische Komplexität erhöht sich durch die parallele Nutzung Begriffs der „Personenzentrierung“, beispielsweise von der Weltgesundheitsorganisation.
Die beschriebene Komplexität des Begriffs wurde Rahmen einer systematischen Übersichtarbeit von Scholl et al. (2014) adressiert. Es wurden die in der wissenschaftlichen Literatur beschriebenen Konstrukte und Definitionen der Patientenzentrierung identifiziert und in dem Integrativen Modell der Patientenzentrierung zusammengefasst (Scholl et al. 2014). Das Modell umfasst drei Bereiche mit jeweils mehreren Dimensionen: 1) Grundprinzipien (grundlegende Eigenschaften der Behandelnden, Behandler/in-Patient/in-Beziehung, Patient/in als Individuum, biopsychosoziale Perspektive), 2) Handlungen und Maßnahmen (Patienteninformation, Patientenbeteiligung an Versorgungsprozessen, Beteiligung von Familienangehörigen und Freunden, Empowerment von Patientinnen und Patienten, physische Unterstützung, psychische Unterstützung) und 3) förderliche Faktoren (Integration medizinischer und nicht-medizinischer Versorgung, Zusammenarbeit und Teamentwicklung, Zugang zur Versorgung, Koordination und Kontinuität der Versorgung, Behandler/in-Patient/in-Kommunikation). In einer weiteren Studie wurde das Modell um den Aspekt der Patientensicherheit erweitert (Zeh et al. 2019).
Abb. 1 Integratives Modell der Patientenzentrierung mit 16 Dimensionen (Scholl et al. 2014; Zeh et al. 2019)
In einer Validierungsstudie beurteilten unterschiedliche Experten und Expertinnen aus dem Gesundheitswesen sowie Patientenvertreter und -vertreterinnen alle Dimensionen als sehr relevant für die Versorgung. Dabei wurden die Dimensionen Patienteninformation, Patient als Individuum, Patientenbeteiligung an Versorgungsprozessen, Behandler-Patient-Kommunikation, sowie Empowerment des Patienten unter fünf wichtigsten Bereiche der Patientenzentrierung gewählt (Zill et al. 2015). Das Modell erfüllt somit auf theoretischer Ebene den Anspruch, vorherige Definitionen und Konstrukte der Patientenzentrierung zusammenzufassen und zu integrieren.