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Ein betrügerischer Verkauf?

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Im Juli 1790 hatte Bergrat Eversmann dem preußischen Bergamt über den anstehenden Verkauf berichtet.86 Er befürchtete, dass, wenn die Eigentümer der im Aufbau befindlichen Hütte Neu-Essen die St. Antony-Hütte erwerben würden, die Hütte Gute Hoffnung in Sterkrade von allen Holzkohlevorräten abgeschnitten wäre. Da es im Herzogtum Kleve keine ausreichende Menge an Holz gebe, plane Eberhard Pfandhöfer, den Kölner Forst in Erbpacht zu nehmen, um sich ausreichende Vorräte zu sichern. Dann wolle er die St. Antony-Hütte aufkaufen, still legen und durch einen Eisenhammer ersetzen. Zur Finanzierung des Vorhabens benötige Pfandhöfer jedoch eine finanzielle Unterstützung des preußischen Staates. Doch das lehnte das preußische Hüttendepartement in Berlin mit dem Hinweis auf die mangelnde Finanzkraft Pfandhöfers ab. Dennoch versuchte Pfandhöfer, die St. Antony-Hütte zu übernehmen. Im März 1791 begannen Wenges Erben Verkaufsverhandlungen mit Eberhard Pfandhöfer. Dieser hatte gegenüber Eversmann betont, dass der Erwerb von St. Antony für die Hütte Gute Hoffnung lebenswichtig sei. Ein Kauf der Hütte reduziere die Zahl der Konkurrenten und gleichzeitig wäre die Holzkohleversorgung für die Hütte Gute Hoffnung gesichert sowie die Versorgung mit Erzen verbessert. Auch wäre eine Absperrung des Elpenbachs und damit die Unterbrechung der Wasserversorgung durch die St. Antony-Hütte nicht mehr möglich.

Im Lauf des Jahres 1791 trat als weitere Kaufinteressentin die Essener Fürstäbtissin Maria Kunigunde auf den Plan. Sie war im Gegensatz zu Pfandhöfer kapitalkräftig. Ihr Hüttendirektor Gottlob Jacobi führte die Verhandlungen. Für ihn spielte eine Verbreiterung der Erzbasis der in Bau befindlichen Hütte Neu-Essen die wesentliche Rolle. Auch reizte ihn, dass die St. Antony-Hütte oberhalb der Hütte Gute Hoffnung am gleichen Bachlauf lag. Dies versprach Einfluss auf den Betrieb der Konkurrenz. Was er mit der St. Antony-Hütte vorhatte, blieb zunächst unbekannt. Jacobi gab ein Gebot von 4.500 Reichstalern ab.

Die Verkaufsverhandlungen zogen sich in die Länge. Als im Juli 1793 als dritter Interessent ein Kaufmann Theodor Schmölder aus Neuenrade – zu dieser Zeit an der Hütte Gute Hoffnung beteiligt – 5.000 Reichstaler für St. Antony bot, beschleunigten sich die Verhandlungen. Am 18. Juli 1793 wurde ein Verkaufsvertrag mit Jacobi aufgesetzt, gleichzeitig aber die Verhandlungen auch mit Pfandhöfer weiter geführt. Am Ende verkauften Wenges Erben die Hütte an zwei Interessenten – und zwar vollständig und nahezu gleichzeitig.


Abb. 18: Gottlob Julius Jacobi (1770 – 1823), Gemälde eines unbekannten Künstlers


Abb. 19: Erste Seite des Vertrages zwischen den Erben von der Wenges und Gottlob Jacobi vom 28. Juli 1793 über den Kauf der St. Anthony-Hütte

Am 26. Juli 1793 schlossen die Erben einen Kaufvertrag über 6.000 Reichstaler mit Eberhard Pfandhöfer ab. Anwesend waren Peter Friedrich Krupp, Sohn von Helene Amalie Krupp, und Theodor Schmölder; beide waren zu diesem Zeitpunkt an der Hütte Gute Hoffnung beteiligt. Bei Anzahlung des Kaufpreises sollten die Kaufverträge ausgetauscht und damit der Kauf endgültig vollzogen werden. Pfandhöfer wollte am nächsten Tag die ihm von Peter Friedrich Krupp vorgestreckte87 Anzahlung übergeben. Doch erklärte der Beauftragte der Erben von Wenges, die Anzahlung käme zu spät und zusätzlich fehle ihm für den Verkauf die Vollmacht einer der Erben, so dass der Vertrag nicht vollzogen werden könne. Pfandhöfer protestierte, doch wurde ihm der Vertrag nicht ausgehändigt.

Am 27. Juli schloss der Vertreter der Erben von Wenges einen zweiten zunächst mündlichen, am Tag darauf dann schriftlich verfassten Kaufvertrag ab, jetzt mit Gottlob Jacobi zugunsten der Essener Fürstäbtissin.88 Der Kaufpreis betrug ebenfalls 6.000 Reichstaler, 1.000 Taler waren sofort zu entrichten. Im Vertrag wurde erwähnt, dass „die am 26ten dieses mit dem Herrn Gerhard (!) Pfandhöfer gepflogene Verkaufs Unterhandlung wegen Mangel der auf der stelle zu erlegenden Gelder zu keinen Abschluß gebracht werden konnte“. Jacobi sicherte in einer Nebenabrede außerhalb des Vertrages den Erben von Wenges zu, dass die Fürstäbtissin alle aus dem Vertrag mit Pfandhöfer entstehenden Kosten tragen würde.

In der Folge pochten beide Käufer auf Einhaltung der Verträge. Pfandhöfer ließ am 29. Juli Eisenstein anfahren und begann mit mehreren Zimmerleuten, die St. Antony-Hütte instand zu setzen. Noch am selben Tag erschien auch Gottlob Jacobi mit mehreren Leuten und vertrieb unter Einsatz von Schusswaffen Pfandhöfer mit seinen Handwerkern von der Hütte. Jacobis Leute hielten nun die Hütte besetzt, so dass ein erneuter Versuch Pfandhöfers scheiterte, mit der Arbeit auf der Hütte zu beginnen. Zusätzlich sperrte Jacobi im August Pfandhöfer das Wasser für die bachabwärts liegende Hütte Gute Hoffnung. So musste dieser den Hochofen ausblasen, nachdem vergeblich versucht worden war, die Blasebälge durch Arbeiter zu betreiben.89 Am 14. August 1793 erhielt der Kaufvertrag mit der Fürstäbtissin die gerichtliche Bestätigung.

Der Kaufvertrag bestimmte, dass „mit der Arbeit auf der Hütte sobald als möglich angefangen werden“ sollte. Immerhin war angesichts der kriegerischen Zeiten Eisenverhüttung lukrativ und auch für den Staat so wichtig, dass er 1794 die zugewanderten Kohlebrenner unter den Schutz der Bergordnung und damit vom Rekrutendienst frei stellte.90 Als jedoch Jacobi die Produktion auf St. Antony wieder aufnahm, kam es zu erneuten Klagen des Klosters und der Bewohner von Sterkrade.91 Sie beschwerten sich beim preußischen Landgericht in Dinslaken, dass das ansonsten sehr gute Wasser des Elpenbachs durch tägliches Erzwaschen auf der St. Antony-Hütte verdreckt und für Mensch und Vieh ungenießbar sei. Die Mühl- und Fischteiche würden verschlammt, was die Fischzucht unmöglich mache und zum Stillstand der Mühlen führen werde. Bei einem Ortstermin am 3. Dezember 1793 – die neue Äbtissin des Zisterzienserinnenklosters wies dabei auf die Auseinandersetzung der 1750er Jahre hin – fand das Gericht die Beschwerden „vollkommen begründet“ und forderte am 10. Dezember vom kölnischen Hofrat in Bonn schleunigste Abhilfe. Die Hofkammer bat nun die Verwaltung des Fürstbistums Essen um Stellungnahme, schließlich galt die Essener Fürstäbtissin als Eigentümerin der Hütte. In Essen gab man sich erstaunt über die Vorwürfe. Indem sich die Verwaltung eine Stellungnahme von Jacobi zu eigen machte, behauptete man, es sei unbegreiflich,

„wie sich seit zwei Jahren, welche Zeit die Antoni Eisenhütte stillestand, der Geschmack der Einwohner und des Viehs zu sterkrade so sehr verzärtelt haben kann, dass ihnen nun die Bache durch das Waschen der Eisenerde ganz unbrauchbar scheint, im Gegenteil sollte die ganze Gemeinde vom menschen bis zum Vieh längstens ihren Gaumen daran gewöhnt haben, weil seit der Entstehung der Hütte bis auf diese Stunde das Eisenerz immer auf nämliche art gewaschen worden […].“


Abb. 20: „Geometrischer Grundriß der Bockmühle mit allen darin gelegenen Bau, Weide und Eichelnkampe, gemessen 1793 durch G. W. Strack sen.“

Zudem würden sich die ausgewaschenen Bestandteile rasch auf dem Boden des Bachs absetzen, so dass sie gar nicht bis Sterkrade gelangen würden. Dennoch wurde die Verschlammung der Teiche zugegeben, allerdings gegen die Beschäftigung von „40 armen Taglöhnern“ durch die Hütte aufgerechnet. Das Waschen des Erzes sei für eine rationelle Produktion notwendig. Dass die Sterkrader Hütte kein Erz wasche, läge allein daran, dass es ihr bei der Gründung verboten worden wäre. Auch vermutete man hinter der Beschwerde die Konkurrenz der Hütte Gute Hoffnung in Sterkrade. Diese Stellungnahme aus Essen reichte der Bonner Hofkammer, um Anfang 1794 die Beschwerde aus Sterkrade als unbegründet zurückzuweisen.

Der Streit um das Eigentum an der St. Antony-Hütte war aber immer noch nicht entschieden. Pfandhöfer wehrte sich juristisch, was bei den aneinander grenzenden Kleinstaaten mehrere Prozesse in verschiedenen Staaten bedeutete. Auch schaltete er den Freiherrn vom Stein als Vermittler ein und verklagte Jacobi wegen dessen Gewaltanwendung auf der Hütte. Es folgten langjährige Auseinandersetzungen vor verschiedenen Gerichten. Selbst für die Gerichte und die Regierungen scheint der Fall sehr verworren gewesen zu sein. Zwischenzeitlich wurde Jacobi sogar von den preußischen Behörden bei einem Aufenthalt in Duisburg verhaftet und bis Ende 1793 auf der Festung Wesel inhaftiert. Erst Ende 1795 kam es zur endgültigen Klärung der Besitzverhältnisse. Noch am 16. März hatte der Kölner Erzbischof Max Franz den Kaufvertrag mit der Fürstäbtissin anerkannt.92 Im November wurde dann aber letztinstanzlich doch Pfandhöfer das Eigentum an der Hütte zugesprochen, allerdings war er mittlerweile nicht mehr in der Lage, den Kaufpreis zu entrichten. So kam es am 21. Dezember 1795 zu einem Vergleich zwischen der Fürstäbtissin und Pfandhöfer. Das Eigentum an St. Antony ging an die Fürstäbtissin über, aber sie hatte die Hütte bis 1801 für 600 Taler jährlich an Pfandhöfer zu verpachten. 1796 blies Pfandhöfer den Hochofen auf St. Antony für acht Wochen, den Ofen auf der Hütte Gute Hoffnung gar nicht an.93 1797 arbeiteten von Mitte Juli bis Anfang September beide Hütten letztmals unter der Ägide Pfandhöfers.94

Oberhausen: Eine Stadtgeschichte im Ruhrgebiet Bd. 2

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