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Pfandhöfer geht pleite

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Noch in den 1780er Jahren hatte sich Pfandhöfer an verschiedenen Hüttenprojekten sowie an einer holländischen Glashütte beteiligt.95 Mit Beginn der 1790er Jahre verschärften sich allerdings seine Finanzprobleme wieder. Gegenüber verschiedenen Gläubigern häufte er erhebliche Schulden an.96 Hauptgläubiger blieb die Familie Krupp aus Essen. Hier machte man sich schon 1793 keine Illusionen mehr über die Solvenz ihres Schuldners. Außerdem sahen sie Anzeichen, dass Pfandhöfer „dem Tranke so sehr ergeben ist.“97 Pfandhöfer geriet in eine aussichtslose Lage. Am 5. August 1796 beantragten Doeinck und Co., seine ehemaligen Kompagnons von der St. Antony-Hütte, mit denen er immer wieder Geschäfte gemacht hatte, eine Pfändung wegen einer ausstehenden Forderung von 1.000 Reichstalern.98 Noch im gleichen Monat ließ auch die preußische königliche Forstkasse Mobiliar und Vieh von Pfandhöfer wegen Zahlungsrückständen pfänden. Nochmals zahlte Amalie Krupp die Schulden, wahrscheinlich um ihre eigenen Forderungen zu retten.

Am 17. September 1797 zog der überschuldete Pfandhöfer seine Konsequenzen. Er verließ Sterkrade und Osterfeld. Sein neuer Aufenthaltsort war zunächst unbekannt.99 Tatsächlich hatte er sich nach Holland abgesetzt, wo er später wieder im Eisenhüttenwesen tätig war.100 Am 11. Januar 1798 wurde der Konkurs über das im Herzogtum Kleve befindliche Vermögen Pfandhöfers eröffnet. Bis zum 26. April waren alle Forderungen bei Gericht zu melden.101 Sie summierten sich auf fast 30.000 Taler, von denen allein der Familie Krupp über 24.000 Taler geschuldet waren. Am 29. August wurde die Versteigerung des Pfandhöferschen Vermögens erstmals angekündigt. Helene Amalie Krupp ersteigerte am 29. März 1799 die Hütte Gute Hoffnung für 12.000 Reichstaler. Den endgültigen Zuschlag erhielt sie jedoch erst am 12. April 1800.102 So sicherte sie sich zumindest einen gewissen Gegenwert für ihre hohen Forderungen.

Auf der St. Antony-Hütte übernahm nach Pfandhöfers Flucht wieder Gottlob Jacobi die Leitung und vereinigte sie mit der Hütte Neu-Essen. Er selbst zog mit seiner Familie in die Direktorenwohnung nach Osterfeld. Dort modernisierte er die Hütte grundlegend, was sie zur vorbildlichen Anlage machte. Am Hochofen installierte er ein Kastengebläse und ließ den ersten ▶ Kupolofen in Deutschland außerhalb Oberschlesiens errichten. 1799 ging St. Antony wieder in Betrieb und Jacobi konzentrierte die Produktion von Roheisen auf dem Werk am Elpenbach. Die Kampagnen dauerten etwa dreißig Wochen. Der preußische Fabrikencommissarius Eversmann nannte Jacobi in seiner 1804 erschienen „Übersicht der Eisen- und Stahlerzeugung auf Wasserwerken in den Ländern zwischen Lahn und Lippe“ einen experimentierfreudigen Hüttenfaktor und „Mann von einer vollkommenen hüttenmännischen Kenntnis“.103 Auch lobte er den technischen Stand der St. Antony-Hütte und beschrieb sie ausführlich: Der Hochofen war 22 Fuß (= 6,90 Meter) hoch. Ein 16 Fuß (= 5,00 Meter) hohes Wasserrad trieb das Kastengebläse an. Für die Hütte arbeiteten 80 Personen, davon am Hochofen der Hüttenmeister, der Unterschmelzer und zwei Aufgeber in achtstündigen Schichten. Weiter beschäftigte die Hütte in der Sandformerei zwei Meister, sechs Knechte, vier Putzjungen und einen „Platenformer“, in der Lehmformerei zwei Meister und sieben Knechte. Zwei Putzknechte und vier Tagelöhner besorgten die Möllerung, also die Befüllung des Hochofens. Außerdem arbeiteten für die Hütte 16 Erzgräber sowie 32 Kohlenbrenner und Holzraider. 1802 stellten die Arbeiter 602.593 Pfund Gusswaren her. Auf der Hütte Neu-Essen sah Eversmann als Bemerkenswertes allein die Einrichtung eines Polierhammers und das Kastengebläse, stellte ansonsten nur fest, dass die Hütte still lag.104

Offensichtlich war auch die Fürstäbtissin mit Jacobis Arbeit zufrieden. Durch einen Vertrag vom 16. November 1799 ermöglichte sie ihm, für 5.000 Reichstaler an beiden Hütten ein Viertel der Anteile zu erwerben.105 Gleichzeitig gründeten beide eine gemeinsame Gesellschaft zum Betrieb der Hütten. Jacobi hatte seine Schulden aus den Erträgen der Hütten zu zahlen. Die Fürstäbtissin und Jacobi räumten sich gegenseitig ein Vorkaufsrecht für den Verkauf von Anteilen ein. Der Vertrag sicherte Jacobi ein Gehalt für die Hüttenleitung von 600 Reichstalern jährlich zu. Zusätzlich erhielt er freien Brand und Licht, die Genehmigung zur freien Nutzung der Ländereien der Hütten sowie die Fourage, also das Futter, für ein Pferd. Auf diese Weise gelang es Maria Kunigunde, Jacobi dauerhaft an die Hütten zu binden.


Abb. 21: Skizze des Hochofens der St. Antony-Hütte, 1797

Oberhausen: Eine Stadtgeschichte im Ruhrgebiet Bd. 2

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