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Maschinen nach Dinnendahls Vorbild als Zukunftsmarkt
ОглавлениеNeben der Gesamtleitung der JHH übernahm Gottlob Jacobi auch die technische Betriebsführung der Hütte Gute Hoffnung in Sterkrade. Auf der St. Antony-Hütte und der Hütte Neu-Essen wurden Hütten- bzw. Platzmeister eingestellt.157 1810 standen jeweils ein Hochofen auf St. Antony und auf Gute Hoffnung unter Feuer. Beginn und Ende der Hüttenkampagnen, aber auch Neu- und Umbauten boten den Arbeitern Anlass, mit größeren Mengen Bier und Branntwein zu feiern.158 Verhüttet wurden weiterhin örtliche Erze. In einem Schreiben von 1816 werden sie von der JHH näher beschrieben: Es handele sich um Rasen- oder Heideeisenstein, der drei bis zwölf Zoll unter trockener Heide liege, aber nur drei bis sieben Zoll mächtig sei. Er wäre vor allem an den Stellen zu finden, wo im Winter Wasser stehe. Weiter nutze man Mooreisenstein aus sommertrockenen Mooren, das sechs bis zwölf Zoll mächtig in sechs bis fünfzehn Zoll Tiefe liege, sowie Sumpfeisenstein, das in einer Mächtigkeit von sechs bis zwölf Zoll in zwölf bis vierundzwanzig Zoll Tiefe unter Strauch- und Erlenholz lagere.159
Die modernere der Hüttenanlagen war zu diesem Zeitpunkt noch die St. Antony-Hütte. Gottlob Jacobi skizzierte den dortigen Hochofen von 1812/14 in einem Notizbuch. Der Ofen hatte eine Gestellhöhe von 8,70 Meter, die ▶ Gichtöffnung war etwa 80 Zentimeter groß. Er war rund gebaut und besaß zwei gegenüberliegende ▶ Blasformen.160 Die St. Antony-Hütte wurde um einen Koksmeiler zur Herstellung von Koks aus Steinkohle für den Einsatz in den ▶ Kupolöfen ergänzt. Auch kam hier die erste von der JHH 1813/14 in Sterkrade gemeinsam mit Franz Dinnendahl gebaute Dampfmaschine zum Einsatz. Sie pumpte das Aufschlagwasser des Wasserrades zur nochmaligen Verwendung zurück und begegnete so dem Wassermangel.161
Auf der Hütte Neu-Essen lag der Hochofen seit einigen Jahren still und ging auch nicht wieder in Betrieb. Hier arbeitete zunächst eine kleine Gießerei, die mit einem ▶ Kupolofen Potteriewaren und Munition herstellte, aber bereits 1821 wieder schloss.162 In der Zwischenzeit baute das Unternehmen die Anlage an der Emscher zu einem Frischfeuer mit Schmiede- und Reckhammer um. Das Frischen war ein Prozess, in dem Roheisen zu Stahl umgearbeitet wurde. Dieser war dann in einer Schmiede oder in einem Walzwerk formbar. Am 15. Juni 1812 ging der Hammer in Betrieb, konnte aber nur mit zugekauftem Roheisen vom Mittelrhein und der Lahn betrieben werden, da das Eisen der eigenen Hochöfen nicht zum Frischen geeignet war. Neu-Essen produzierte nun Stabeisen und ab 1816 Brammen, die bei der Produktion von Maschinen und ab 1828 im Walzwerk benötigt wurden. Ab 1835 stellte man hier auch feuerfeste Steine her.163 Gegen den Betrieb des Eisenhammers wendete der Duisburger Landrat 1825 ein, dass er durch die Stilllegung der dortigen Mahlmühle zu Korn- und Brotmangel geführt habe. Konsequenzen hatte dies für den Industriebetrieb aber nicht.164
Abb. 28: Hochofenskizze aus dem Notizbuch Jacobis von 1812
Abb. 29: Ansicht der Hütte Neu-Essen um 1835, Zeichnung von Jacob Weeser-Krell aus dem Jahr 1902
Abb. 30: Hochofen der Gutehoffnungshütte, nach 1832 entstandene Zeichnung
Den größten Umbau erlebte die Hütte Gute Hoffnung in Sterkrade. 1810 begannen hier Modernisierung und Ausbau der Anlagen. 1816 ersetzte ein 36 Fuß (= 11,30 Meter) hoher achteckiger den alten 20 Fuß (= 6,30 Meter) hohen rechteckigen Hochofen.165 Die Roheisenherstellung verlagerte sich nun immer stärker nach Sterkrade, das sich zum neuen Zentrum des Unternehmens entwickelte. Auch verarbeitende Betriebe nahmen hier ihre Tätigkeit auf. Damit verbunden war eine Ausweitung des Produktionsprogramms. Zwar blieben weiterhin auch Potteriewaren ein wichtiges Produkt der JHH, aber die Herstellung von Maschinen und Maschinenteilen wurde immer umfangreicher. So lieferte das Unternehmen weiter Zylinder, Kolben, Röhren, Maschinenräder, Rohrpumpen, Luftpumpen oder Deckel aus Eisen an Franz Dinnendahl. Der Anteil der Maschinenteile an der Gesamtfertigung stieg stetig an. Zwischen Juli und Dezember 1809 waren auf der St. Antony-Hütte von einer Gesamtproduktion von 393.500 Pfund Gusswaren bereits 43.000 Pfund Dampfmaschinenteile.166 Auf der Hütte Gute Hoffnung dürfte der Anteil noch wesentlich größer gewesen sein. Finanziert wurden die Investitionen weitgehend aus den Gewinnen des Unternehmens.167 Ab 1820 war die Ertragslage dann so gut, dass hohe Dividenden an die Anteilseigner ausgeschüttet werden konnten.168 Für den Verkehr zwischen den verschiedenen Werken in Osterfeld, Sterkrade und Oberhausen unterhielt die JHH seit dem Beginn der 1820er Jahre erstmals auch eigene Fuhrwerke.169
Zusammen mit Franz Dinnendahl baute die JHH eine Dampfmaschine, die ab 1813 auf der St. Antony-Hütte eingesetzt wurde. Doch verschlechterten sich in den folgenden Jahren die Geschäftsbeziehungen zu Franz Dinnendahl, was wohl in der schlechten Zahlungsmoral des Kunden begründet war. So schrieb Gottlob Jacobi am 15. Mai 1819 an Johann Dinnendahl, dass er die Geschäftsbeziehungen zu dessen Bruder Franz abbrechen werde, da er „nichts als Chikanen gegen uns spielte“ und Rechnungen unbezahlt lasse.170 Die Fähigkeiten, die man sich bei der Zusammenarbeit mit Dinnendahl angeeignet hatte, nutzte man, um in Sterkrade im Frühjahr 1820 eine weitere Dampfmaschine für das Hochofengebläse der Hütte in Eigenkonstruktion zu bauen. Jetzt war man so weit, dass das Unternehmen am 22. Juli desselben Jahres in mehreren Zeitungen die Einrichtung einer eigenen Maschinenwerkstatt anzeigen konnte.171 Die JHH bot „Dampf- und Gebläsemaschinen jeder Dimension, nicht allein für Berg, Hütten- und Hammerwerke, sondern auch für Spinnerein, Woll, Öl- und Mahlmühlen, sowie für andere Gewerke“ an. In Sterkrade entstand dann 1824 auch die erste Dampffördermaschine der JHH für den Bergbau, ein Produkt, das für das Unternehmen bis nach dem Zweiten Weltkrieg wichtig bleiben sollte.172
Abb. 31: Dampfmaschine Nr. 43 von Jacobi, Haniel & Huyssen aus dem Jahr 1835. Sie war die erste Dampfmaschine der Gussstahlfabrik Fried. Krupp in Essen und steht heute im Deutschen Museum in München.
Die Leistungen des Unternehmens wurden schnell bekannt, so dass ab 1813 eine Zeit guter Geschäftslage folgte.173 Die JHH wurde zu einem der wichtigsten Dampfmaschinenproduzenten Deutschlands.174 Zur Bekanntheit des Unternehmens trug nicht zuletzt ein Ereignis des Jahres 1817 bei: Als James Watt jr. mit seinem Dampfschiff „Caledonia“ den Rhein hinauffuhr und auf der Höhe von Wesel einen Maschinenschaden erlitt, wurde er zur Reparatur an die JHH verwiesen. Gottlob Jacobi goss auf seinen Hütten für Watt einen neuen Balancier für die Dampfmaschine des Schiffes und konnte damit die Weiterfahrt der „Caledonia“ sicher stellen. Watt hielt Jacobi für „very obliging & intelligent“.175 Die Geschäftsbücher zeigen, dass dennoch der größte Teil des Absatzes in der unmittelbaren Nähe zwischen Duisburg und Dortmund und vom Niederrhein bis ins Bergische bzw. bis Köln erfolgte. In einigen Fällen gingen die Geschäftsbeziehungen aber auch darüber hinaus ins Rheinland, nach Bremen oder in andere Regionen.176