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2.2 Die Aufgabenteilung innerhalb eines Wurzelsystems
ОглавлениеDie Wurzelspitze/Wurzelhaube(Kalyptra)
Jede Wurzel besitzt an ihrer Spitze ein teilungsaktives Zentrum. Die hier ständig neu gebildeten Zellen bilden in Richtung des Wurzelursprungs den eigentlichen Wurzelkörper und in Richtung der Wurzelspitze eine Haube. Nur im Bereich der Spitze entscheidet sich, welche Richtung eine Wurzel einschlägt, wobei der Wurzelhaube eine besondere Bedeutung zukommt (IIJIMA et al. 2008). Die neu gebildeten Zellen strecken sich ebenfalls nur in der Nähe der Spitze, und nur hier wächst eine Wurzel dadurch in die Länge. Das Abtrennen einer Wurzelspitze wird zumeist innerhalb kurzer Zeit durch die Ausbildung von Seitenwurzeln hinter der Schnittstelle kompensiert (STRECKENBACH & SCHRÖDER 2012).
Die Wurzelhaare/Mykorrhizen
Hinter der Streckungszone stülpen sich einige der äußersten Zellen der jungen Abschlussgewebe schlauchartig aus und bilden hierdurch die sogenannten Wurzelhaare. Ihre Zellwände sind durchlässig für Wasser und die darin gelösten Nährstoffe. Wurzelhaare stehen in sehr engem Kontakt zu den feinsten Bodenteilchen, was zur Verankerung der Pflanze und zur Aufnahme von Nährstoffen an der Oberfläche der Bodenpartikel beiträgt. Zur Entwicklung von Wurzelhaaren bedarf es einer hohen Feuchtigkeit der Bodenluft, weswegen sie bei Wurzeln von Bäumen im Straßenraum nur selten in Erscheinung treten (BIBIKOVA & GILROY 2002). An mykorrhizierten Wurzelspitzen werden die Wurzelhaare funktionell durch die Hyphen der hilfreichen Pilze ersetzt und sind daher entbehrlich.
Feinst- und Feinwurzeln
Hinter der Spitze wachsen Wurzeln allmählich in die Dicke, und die für den Wassertransport genutzten Gewebe im Inneren verholzen zunehmend. Die Abschlussgewebe verkorken durch Einlagerungen, so dass sich eine erste feine Borke bildet. Sie bietet mechanischen Schutz, dient jedoch vor allem der Eindämmung von Wasserverlusten. Hiermit einhergehend verringert sich auch die Flexibilität der jungen Wurzeln. Sie werden zunehmend starr und übernehmen damit in immer größerem Maße statische Funktionen (PUHE 2003). Wenngleich jede Baumwurzel die bisher aufgezeigten Stadien durchläuft, so erstarken nicht alle jemals gebildeten Wurzeln, und nur vergleichsweise wenige erreichen auch stärkere Durchmesser.
Schwachwurzeln
Die Verankerung eines Baumes mit jungen Wurzeln wird im Laufe der Zeit durch die Entwicklung von stärkeren Wurzeln gefestigt. Über sie werden vorrangig die auf den Baum wirkenden (Wind-)Lasten in den Boden abgetragen. Dabei arbeiten diese im Verbund mit den jüngsten Verästelungen an den Enden der Wurzelstränge. Bei einem Windstoß geht durch die auf Zugbelastungen optimierten Wurzeln ein Ruck, der dazu führt, dass die feinsten Verästelungen „zuschnappen“ und den zwischen den Wurzeln liegenden Boden ruckartig umschließen (MATTHECK et al. 2014). Der Verlust einer Schwachwurzel muss daher stets im Kontext mit dem damit einhergehenden Verlust des anhängigen Wurzelstranges betrachtet werden.
Grob- und Starkwurzeln
Viele Schwachwurzeln werden in ihrer weiteren Entwicklung zu Grob- und Starkwurzeln. Neben dem Lastabtrag und der statischen Funktion, d. h. der Verankerung im Boden, dienen sie insbesondere der Speicherung von Reservestoffen, vorrangig von Stärke. Dabei handelt es sich um die Einlagerungsform der photosynthetisch gebildeten Kohlenhydrate; sie stellen die Treibstoffvorräte eines Baumes dar (RAMIREZ et al. 2018). Sämtliche Wachstumsvorgänge, die mit Ausnahme der Winterruhe fortlaufend stattfinden, verbrauchen Energie (Kohlenhydrate) und zehren daher von den Vorräten. Übersteigt die Nachfrage das vorhandene Angebot längerfristig, führt dies unweigerlich zum Niedergang eines Baumes.