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3 Der Wurzelraum von Stadtbäumen
ОглавлениеDer Wurzelraum von Stadtbäumen stellt ein Spannungsfeld aus gegensätzlichen Ansprüchen unterschiedlicher Gewerke an den Straßenraum dar. Herausforderungen ergeben sich aber nicht nur aus den Folgen der Konkurrenz zwischen Bäumen und Leitungen um denselben, meist nur begrenzt zur Verfügung stehenden Raum. Massive Beeinträchtigungen ergeben sich hinzukommend auch durch die oft extremen Standortbedingungen in der Stadt (vgl. ROLOFF et al. 2013).
Versiegelte und verdichtete Böden, die mit jenen von Naturstandorten kaum noch etwas gemein haben, bilden dort die Lebensgrundlage von Bäumen. Das ihnen zum Zeitpunkt der Pflanzung mitgegebene Volumen an „Erde“ beträgt häufig nicht mehr als 4 m3 (BENFELD 2007). Die seitens der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e. V. (FLL) empfohlenen 12 m3 an geeignetem und dauerhaft gut durchwurzelbarem Bodenvolumen werden vielerorts noch immer nicht annähernd realisiert (Abbildung 5). Man muss in diesem Zusammenhang betonen, dass ein solcher Raum lediglich ein Mindestmaß für die Anfangsentwicklung in den ersten Standjahren ist (FLL 2010).
Abbildung 5: An einem ausgehebelten Wurzelteller eines bei einem Orkan geworfenen Silber-Ahorns zeichnet sich die Größe der ihm ursprünglich zugestandenen Pflanzgrube ab.
Wenn der Baum angewachsen ist, wurzelt er innerhalb weniger Jahre aus der Pflanzgrube in den benachbarten anstehenden Boden – wenn die Möglichkeit dazu besteht. Für die weitere Entwicklung des Baumes ist der Zustand dieser Areale daher von herausragender Bedeutung. In den an die Pflanzgrube angrenzenden Bereichen sind die Böden jedoch meist zusammengetragen und stellen Konglomerate mit zum Teil höchst unterschiedlichen Eigenschaften dar (vgl. STRECKENBACH 2012, s. S. 112). Sie sind ihrer Struktur nach oft feinkörnig und deswegen anfällig für Verdichtungen. Zugleich müssen sie hohen Druckbelastungen standhalten, wie sie beispielsweise der Straßenbau fordert.
Es ergibt sich bereits aus einfachen physikalischen, geologischen und biologischen Überlegungen heraus, dass sich dies auf das Wachstum von Bäumen negativ auswirken kann. Generell entwickeln sich Wurzeln in frischen, locker gelagerten und damit ausreichend gut durchlüfteten Böden (aktive Bodenfauna!) besonders gut. Stadtböden können solche Eigenschaften und Strukturen zwar grundsätzlich aufweisen. Sie verlieren diese in aller Regel jedoch, sobald sie maschinell bearbeitet und anschließend versiegelt werden.
In der Praxis der Baumansprache findet der Wurzelraum bisher kaum die notwendige Beachtung und eine systematische Auseinandersetzung mit dem Thema Boden findet größtenteils noch immer vor allem unter Bodenfachleuten statt. Entsprechend ist mehr als ausreichend Literatur zu Böden, deren Eigenschaften und Bewertung vorhanden (z. B. Ad-hoc-AG Boden 2005; BLUME et al. 2011; HEMKER & KUTZA 2020). Erkenntnisse sind somit grundsätzlich für jedermann zugänglich, dennoch mangelt es weiterhin an der Einbeziehung des Themas in die baumfachliche Praxis.
Einen auch für bodenkundliche Laien zugänglichen Ansatz bieten BENK et al. (2020), in dem sie die Ansprache des Wurzelraumes anhand von zumeist bereits visuell erfassbaren Merkmalen der Oberfläche darstellen (Abbildung 6). Auf diese Weise lassen sich beispielsweise schon im Rahmen der Kontrolle von Bäumen zur Verkehrssicherheit Hinweise auf womöglich vorhandene Bodendefizite erkennen, denen anschließend im Zuge der Behebung von Vitalitätseinbußen gezielt nachgegangen werden kann (vgl. WELTECKE et al. 2018, s. S. 282).