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Holocaust-Leugnung

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In Deutschland wird bestraft, wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung (der in § 6 Abs. 1 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art und Weise) öffentlich oder in einer Versammlung billigt, leugnet oder verharmlost. Diese Handlung muss als eine Störung des öffentlichen Friedens gewertet werden können (§ 130 Abs. 3 StGB). Den Tatbestand einer Volksverhetzung definiert § 130 Absatz 1 des Strafgesetzbuchs: „Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, 1. zum Hass gegen Teile der Bevölkerung aufstachelt oder zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen sie auffordert oder 2. die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er Teile der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.“ In Österreich ist Holocaustleugnung seit 1945 strafbar, inzwischen haben rund 20 Länder einen vergleichbaren Straftatbestand (Israel und die meisten vom nationalsozialistischen Deutschland besetzten Staaten Europas).

Im Jahr 2003 betonte der Europäische Menschenrechtsgerichtshof in seinem Urteil über die Beschwerde des französischen Philosophen Roger Garaudy, der in Frankreich wegen Leugnung des Holocaust verurteilt worden war, dass die Rechtfertigung einer pro-nationalsozialistischen Politik nicht den Schutz der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) genießt: „Es gibt eine Kategorie von historischen Tatsachen, darunter den Holocaust, deren Leugnung oder Infragestellung nach Art. 17 EMRK nicht unter den Schutz von Art. 10 EMRK fällt“ (NJW 2004/51, S. 3691). Es ist daran zu erinnern: „Die Leugnung des Holocaust war von Anfang an ein internationales Phänomen“ (Zarusky 2001, S. 65). Beginnend mit Paul Rassinier, dem pazifistisch-kommunistischen Häftling in Buchenwald, über den – von namhaften Liberalen verteidigten – Robert Faurisson bis hin zum Philosophen Roger Garaudy gibt es zum Beispiel eine starke französische „Tradition“, der der Publizist Lothar Baier auf der Spur geblieben ist und über die er in Deutschland immer kritisch berichtet hat (Baier 1985).

Das internationale Netz der „Negationisten“ ist gerade im Internet inzwischen kaum noch zu überblicken. Die unterschiedliche juristische Entwicklung der Verfolgung der „Auschwitzlüge“ zeigt wiederum die Spannung zwischen dem Verständnis von Meinungsfreiheit in angelsächsischen Ländern und der Bereitschaft zu ihrer Einschränkung in Zusammenhang mit NS-Propaganda auf dem europäischen Festland. So wurde der britische Holocaust-Leugner David Irving 2006 in Wien zu drei Jahren Freiheitsentzug verurteilt. Die Befürworter der Strafverfolgung stellen die Wirkung bestimmter Aussagen auf die Opfer, also deren Persönlichkeitsrecht und Achtungsanspruch, in den Mittelpunkt: „Bei der justiziellen Ahndung der Holocaust-Leugnung geht es … um die Verhinderung von Hass und nicht um den Schutz eines verbindlichen Geschichtsbildes“ (Zarusky 2001, S. 81). Dennoch: Der Holocaust ist zuerst eine historische Tatsache, seine Leugnung ist eine Behauptung, die nicht den Schutz der Meinungsfreiheit genießt (Urteil des BVerfG vom 13.4.1994, Az. 1 BvR 23/94). Zu dieser Tatsache gehören die Existenz eines Plans zur Ermordung der Juden durch die NS-Institutionen in ihrem Machtbereich und der Einsatz von Gaskammern zu diesem Zweck (Neander 2006, S. 277).

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