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Scientology – Entstehung und Glaubensinhalte

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Die Entstehung und das Wesen Scientologys ist untrennbar mit der Person L. Ron Hubbards verbunden, der nicht nur ihr Gründer ist, sondern bis heute auch als geistiger „Übervater“ der Scientologen gesehen werden kann. Er wurde am 13. März 1911 in Nebraska geboren und begann im Jahr 1930 mit einem Studium des Ingenieurwesens in Washington, D. C. Ob er dieses jemals erfolgreich zu Ende gebracht hat, ist ungewiss und die Quellen gehen hier auseinander. Während Scientology selbst von einem erfolgreichen Abschluss spricht,7 schreiben andere Autoren, Hubbard hätte die Universität ohne einen solchen verlassen.8 Diese Anekdote soll zeigen, dass die wissenschaftliche Annäherung an Hubbard und Scientology aufgrund divergierender Quellen teilweise ein schwieriges Unterfangen darstellt.

Unumstritten ist, dass sich Hubbard zwischen 1933 und 1950 mit durchaus großem Erfolg als Schriftsteller betätigte und Erzählungen, Drehbücher und Science-Fiction-Romane schrieb. Darunter war das 1950 erstmals erschienene Werk Dianetics – The Modern Science of Mental Health, das Erkenntnisse und Methoden beinhaltet, auf die Scientology unter anderem gründet, und bis heute einen elementaren Bestandteil der Basisliteratur eines jeden Scientologen darstellt. Wie der Buchtitel verrät, handelt es sich dabei um einen Ratgeber, der psychologische Hilfe anbietet. Der Begriff der „Dianetik“ ist einer von vielen von Hubbard geschaffener Kunstbegriffen. Er setzt sich zusammen aus den griechischen Wörtern „dia“, was „durch“ bedeutet, und „nous“, was mit „Seele“ übersetzt werden kann, und wird von Scientology selbst mit dem Satz beschrieben: „Was die Seele dem Körper via den Verstand antut.“9 Allerdings stieß die Dianetik auf Widerstand unter Medizinern und wurde von der amerikanischen Ärztevereinigung American Medical Association als nicht wissenschaftlich fundierte Methode kritisiert, deren Psychiatriemethoden zu schweren Schäden führen könnten.10

Aufgrund dieser Schwierigkeiten entschied sich Hubbard, die Dianetik religiös auszurichten, und gründete im Jahr 1952 einen Scientologen-Verband (Hubbard Association of Scientologists) und ein Jahr später die Church of Scientology.11 Der Kunstbegriff „Scientology“ setzt sich zusammen aus dem lateinischen Wort „scire“ (wissen) und dem griechischen „logos“ (u. a. Wort, Rede) und wird von Scientology selbst verstanden als „Wissen über das Wissen.“12 Im Jahr 1954 etablierten Anhänger Hubbards die erste lokale Scientology-Kirche, Church of Scientology of Los Angeles, ehe er selbst im Jahr 1955 die offizielle Gründungskirche der Scientologen (Founding Church of Scientology) in Washington, D. C. ins Leben rief.13

Von diesem Zeitpunkt an betrieb Hubbard auch die internationale Expansion Scientologys, die zunächst in den angelsächsischen Ländern, später aber weltweit erfolgte. Sie war begleitet von zahlreichen rechtlichen Auseinandersetzungen und Verbotsverfahren, kann aber insgesamt – auch über Hubbards Tod im Jahr 1986 hinaus – als erfolgreich beurteilt werden. Scientology selbst gibt an, heute über etwa 3000 Einrichtungen in ca. 120 Ländern zu verfügen.14 Die erwähnten juristischen Konflikte drehten sich zumeist um die rechtliche Einstufung Scientologys und die Frage nach dem religiösen und gemeinnützigen Charakter der Organisation. Äußerst uneinheitlich sind dabei die jeweiligen nationalen Positionen. Während z. B. in Deutschland, Belgien, Frankreich, Irland, Israel, Luxemburg und Mexiko die Anerkennung als Religionsgemeinschaft zumeist verweigert wird, hat Scientology in Österreich, Schweden, Kroatien, Ungarn, Slowenien und den USA, aber auch in traditionell streng katholischen Ländern wie Spanien, Portugal und Italien den Status einer Religionsgemeinschaft zugesprochen bekommen.


(Bildnachweis: Matthias Fifka)

Die vor allem in Deutschland anzutreffende Klassifizierung von Scientology als Sekte ist unter religionswissenschaftlichen Maßstäben nicht gerechtfertigt, denn der Begriff „Sekte“ wird aus dem Lateinischen abgeleitet und bedeutet „Richtung“. Bei Sekten handelt es sich also im eigentlichen Sinne des Wortes um Weiterentwicklungen oder Abspaltungen von bereits bestehenden Religionen, was auf Scientology nicht zutrifft. Vielmehr handelt es sich bei der von Hubbard entwickelten „Glaubenslehre“ um eine eklektische Neukreation, in die vielerlei unterschiedliche Ideen eingeflossen sind, u. a. Elemente der Freudschen Psychoanalyse, der Jungschen Archetypus-Theorie, der Semantik des Sprachphilosophen Alfred Habdank Korzybski, Riten satanischer Magie, der Science-Fiction-Literatur und östlicher Religionen.15 Vereinfachend kann gesagt werden, dass der scientologische Glaube auf einer theoretischen und einer praktischen Basis beruht. Erstere besteht aus der von Hubbard entworfenen Heilslehre, während die Dianetik als praktische Heilstechnik dazu dient, der Heilslehre zu folgen und sie umzusetzen.16

Nach scientologischer Lehre setzt sich der Mensch aus drei Teilen zusammen: dem Thetan, dem Verstand und dem Körper, der rein physische Aufgaben übernimmt. Der in Anlehnung an den griechischen Buchstaben Theta benannte Thetan ist die wahre Identität einer Person und von intrinsisch guter, überaus kreativer, unsterblicher und allwissender Natur. Ein höheres göttliches Wesen gibt es von daher in der scientologischen Lehre nicht, denn eine vergleichbare Position wird von den Thetanen selbst eingenommen. Der Verstand wiederum – und hier werden Parallelen zur Lehre Freuds deutlich – ist gespalten in einen analytischen bzw. bewussten und einen reaktiven bzw. unbewussten Verstand. Während der analytische Verstand der zielführenden, rationalen Problemlösung dient, speichert der unbewusste Verstand negative Erfahrungen und traumatische Erlebnisse. Diese Engramme sind schmerzhaft und führen zu menschlichen Fehlhandlungen. Sie werden als der Ursprung allen Übels angesehen und sind sowohl für geistige Krankheiten als auch für körperliche Beschwerden verantwortlich. Da die Engramme den Thetan und den analytischen Verstand stören und bei der perfekten Lösung eines Problems hindern, müssen sie beseitigt werden. Dies geschieht in erster Linie mit Hilfe der Dianetik.

Das individuelle Ziel liegt nun darin, clear zu werden, d. h. sich von den Engrammen zu befreien und sich schließlich der eigenen Realität als Thetan bewusst zu werden. Das übergeordnete gesellschaftliche Ziel wiederum, das Scientology explizit ausgibt, besteht in der Erschaffung einer Welt von clears, in der keine Kriege, Krankheiten oder sozialen Missstände existieren. Nicht-Scientologen stellen in dieser Welt unerwünschte Erscheinungen dar.

Der Fortschrittsprozess hin zum Thetan wird als „Brücke der totalen Freiheit“ bezeichnet, die nur durch das erfolgreiche Absolvieren verschiedener Kurse beschritten werden kann. Diese sind mit hohen Kosten verbunden, welche sich in ihrer Gesamtheit – je nach Angabe – auf € 250 000 bis € 350 000 belaufen.17 Aufgrund dieser offensichtlich kommerziellen Orientierung wird eine Anerkennung als gemeinnützige oder religiöse Vereinigung häufig abgelehnt, wobei es hier zu unterschiedlichen Einschätzungen, vor allem im internationalen Vergleich, gekommen ist.

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